{Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie, N.F. 111: 500-509}
B
ekanntlich ist sowohl die Muskel
kraft
als die Muskel
masse
beim Menschen an den Extremitäten der rechten Seite größer
als an denen der linken, in welcher letztern Hinsicht die sorgfältigen Wägungen
von Ed. Weber
1)
verglichen zu werden verdienen. Eine vorschnelle
Verallgemeinerung könnte darauf leicht den Schluß gründen, daß
die rechte Seite des Körpers überhaupt vor der linken bevorzugt sey:
aber dieser Schluß bestätigt sich nicht, wenn man untersucht, ob auch
bei den doppelseitigen Sinnesorganen die linke Seite einen Vortheil vor der
rechten in Betreff der Feinheit der Empfindung voraus habe. So ist nach E. H.
Weber's Beobachtungen
3)
die Empfindlichkeit sowohl für Wärmeunterschiede als
für Druck durch Gewichte im allgemeinen auf der linken Hand größer
als auf der rechten; und hiezu füge ich die bemerkenswerthe Thatsache, daß
auch der Schall bei der weit größern Mehrzahl der Individuen
deutlicher mit dem linken als rechten Ohre vernommen wird.
Ich selbst hatte früher immer mein Gehör für ganz
normal gehalten und nie daran gedacht, daß ich auf beiden Ohren ungleich hören
könne, bis mir die in meiner Abhandlung über das binoculare Sehen
mitgetheilten Versuche mit Stimmgabeln und Uhren vor beiden Ohren den Verdacht
erweckten, es möge der Fall seyn; ein Verdacht, der sich dann durch
besonders darauf gerichtete Versuche bestätigte; auch war ich anfangs sehr
verwundert, als ich Versuche mit andern Personen anstellte, welche eben so
1) Berichte d. K. Sächs. Gesellsch. d. Wiss. 1849 S. 79.
2)
Programm. collect. p.
84. 92. 119.
{500/501}
wenig etwas von einer Ungleichheit ihrer Gehörfähigkeit
auf beiden Seiten wußten, bei der Mehrzahl derselben ein entsprechendes
Resultat wiederzufinden. Mit Stimmgabeln zwar läßt sich nicht leicht
ein genau vergleichender Versuch vor beiden Ohren anstellen, da man nicht leicht
sich der gleichen Stärke des Tons in verschiedenen Versuchen versichern
kann, eine Uhr aber gab mir deutlich einen lautern Schlag, wenn ich sie
unmittelbar vor das linke als rechte Ohr hielt, und zu gleichem Resultate führte
folgende Prüfung, die ich dann im Allgemeinen auch bei andern Personen
angewandt habe.
Zu anderweiten Zwecken habe ich mir ein Schallpendel verfertigen
lassen, das ist ein Pendel, welches beim Herabschwingen durch Anschlag gegen
eine verticale feststehende Schieferplatte einen Schall erzeugt, der immer von
gleicher Stärke ist, wenn das Pendel aus gleicher Höhe herabfällt.
Die Elevation des Pendels wird durch eine Kreiseintheilung, längs deren
sich der obere Theil der Pendelstange bewegt, gemessen, und durch einen an der
Theilung verstellbaren Laufer, welcher zugleich als Zeiger dient, begränzt,
indem das Pendel jedesmal so weit gehoben wird, bis es an diesen Laufer trifft.
Ist erzeuge nun tactmäßig mit diesem Instrumente
einen Schall immer von derselben Stärke, und lasse die zu prüfende
Person in demselben Tacte abwechselnd das eine und andere Ohr verschließen,
wo sich dann bei verschieden gut hörenden Ohren bald ein Urtheil bildet, ob
der Schall deutlicher gehört werde, wenn das rechte Ohr offen und das linke
verschlossen ist, oder umgekehrt. Den Verschluß lasse ich so vornehmen, daß
der Zeigefinger auf den vordern Ohrknorpel gelegt, und dieser mit Kraft in den
Gehörgang hineingedrückt wird. Sollte man bezweifeln, daß dieser
Verschluß auf beiden Ohren immer ganz gleichmäßig erfolgen könne
(ungeachtet nichts der Gleichförmigkeit im Wege zu stehen scheint), so ist
zu berücksichtigen, daß das Urtheil immer erst nach mehrfachen
Wiederholungen des abwechselnden Verschlusses beider Ohren gefällt wird,
{501/502}und daß bei der großen Zahl der geprüften Individuen
(103) etwaige Ungenauigkeiten im Einzelnen den Ausfall des Gesammtresultats
nicht wesentlich alteriren können. Dieses erscheint vielmehr gesichert,
wenn nicht etwa dem Verfahren ein constanter Fehler anhängt, den anzunehmen
ich jedoch bei sorgfältigster Erwägung keinen Grund finde. Damit nicht
etwa die Stellung des Instrumentes einen solchen begründe, wurde es stets
in solcher Entfernung von dem Geprüften und so symmetrischer Lage zu
demselben angebracht, oder die Stellung bei gleichzeitiger Prüfung Mehrerer
so gewechselt, daß eine gleiche Betheiligung beider Ohren durch den Schall
stattfinden mußte. Meist habe ich auch sowohl stärkeren als schwächeren
Schall bei denselben Individuen angewandt.
Unstreitig lassen sich noch feinere Methoden finden, die Schärfe
des Gehörs beider Ohren vergleichsweise zu prüfen, die aber dann
nothwendig viel umständlicher seyn müssen, und nur insofern nothwendig
seyn würden, als es sich um ein
Maaß
der ungleichen Deutlichkeit des Hörens mit beiden Ohren
handelte. Hier galt es aber nur, die
allgemeine Thatsache
und deren
Richtung
zu constatiren, wozu sich das vorige Verfahren sowohl durch
seine Einfachheit als dadurch empfiehlt, daß es gestattet, Unterschiede
zwischen beiden Ohren leicht an einer größern Anzahl Individuen auf
einmal zu constatiren, mithin eine Statistik in großen Zahlen zu gewinnen,
worauf es hier hauptsächlich ankommen mußte, und was mit umständlicheren
Verfahrungsweisen nicht möglich gewesen wäre. Vielleicht zwar würde
ein Apparat, der ein
continuirliches
gleichförmiges Geräusch erzeugt, zur Prüfung
noch vorzuziehen seyn, indeß hat der obige jedenfalls seinen Zweck
vollkommen erfüllt.
Natürlich wurde es bei allen folgenden Prüfungen zur
Regel gemacht, die Richtung des zu erwartenden Resultates nicht voraus zu sagen
oder errathen zu lassen; auch hat die Mehrzahl der Personen, welche geprüft
worden sind, den zuvor bei Andern erhaltenen Erfolg nicht gekannt, so {502/503}
daß die Einbildungskraft das Resultat nicht alterirt haben kann.
Eine Anzahl Personen sind einzeln und ganz unabhängig von
einander, wie sich die Gelegenheit darbot, geprüft worden, außerdem
einige Versammlungen von Personen auf einmal. Alle Personen waren erwachsen, von
etwa 17 bis zwischen 60 und 70 Jahren. Folgendes sind die erhaltenen Resultate.
Eine gelegentliche Einzelprüfung betraf 28 mir bekannte
Personen; von diesen hörten, mich selbst eingeschlossen, 18 (13 männl.,
5 weibl.) besser l. als r., 10 (6 männl., 4 weibl.) gleich gut auf beiden
Ohren oder so, daß der Unterschied zweifelhaft war, keine besser r. als l.
Von den 18 besser l. als r. Hörenden erklärte jedoch 1, den Schall
nicht sowohl stärker, als nur heller l. zu vernehmen.
In einer Abendgesellschaft hörten (unter Ausschluß
schon vorher geprüfter Personen) von 8 Personen 4 ( 1 männl. 3 weibl.)
besser l. als r., 2 (1 männl., 1 weibl.) gleich gut r. und l., 2 (männl.)
besser r. als l. Unter den 4, welche besser l. als r. hörten, erklärte
wiederum 1 (weibl.) den Schall l. bloß für
klarer
oder
heller,
nicht für stärker als r.
Ich veranlaßte die Zuhörer eines Collegiums von mir,
10 an der Zahl, die noch gar nichts von dem Gegenstande wußten, sich zu
den Versuchen einzufinden. Sie stellten sich einer nach dem andern ein, und
wurden auch unabhängig von einander geprüft, so daß nicht einmal
das Urtheil des einen bestimmend auf das der andern einwirken konnte. Ich
erstaunte über die Einstimmigkeit des Resultats. 9 unter den 10 hörten
besser l. als r., 1 gleich gut l. als r., keiner besser r. als l.
Hr. Musikdirector Dr. Langer gab mir Gelegenheit, Versuche in
einer Versammlung der Mitglieder des unter seiner Direction stehenden, aus
Studenten gebildeten, Pauliner Sängervereins in Leipzig anzustellen. Von
den 48 Anwesenden, die zum Theil schon Kenntniß von den früheren
Erfolgen haben konnten, hörten 26 besser l. als r., 12 gleich gut l. und
r., 10 besser r. als l. Da jedoch {503/504} einer von den 26 besser links Hörenden
schon früher geprüft war, ist statt 26 bei der Addition nur 25 in
Rechnung zu bringen.
Endlich gab mir Prof. Ruete Gelegenheit, Versuche mit einer
Abtheilung der Studirenden, welche an den klinischen Uebungen unter seiner
Direction Theil nehmen anzustellen. Unter den 10 Individuen, deren keins schon
früher geprüft war, hörten 7 den Schall stärker l. als r., 2
bloß klarer, heller aber nicht stärker l. als r., bloß 1 gleich
gut l. und r.
Alles zusammengezählt also hörten unter 103 Personen
61 den Schall stärker,. 4 bloß klarer, aber nicht stärker, also
65 doch im Ganzen besser l. als r., 26 gleich gut l. und r., oder so, daß
der Unterschied zweifelhaft blieb, 12 besser r. als l.
1)
.
Auffallend ist das verschiedene Verhältniß, was sich
in den einzelnen Fractionen der Versuche mit verschiedenen Personen fand, was
beweist, daß man auf geringen Zahlen nicht fußen kann. Ueberall aber
war das Uebergewicht der l. besser als r. Hörenden entschieden.
Zwei, l. besser als r. hörende, Personen der oben angeführten
Gesellschaft (Prof. E. H. Weber und eine musikalisch gebildete junge Dame)
versicherten zugleich, daß ihnen der Schall auf dem einen Ohre eine größere
Höhe
zu haben schiene, als auf dem andern, die eine Person (Weber)
auf dem rechten, die andere auf dem linken Ohre, obwohl der zur Prüfung
angewandte Schall überhaupt für Andere keine eigentliche Tonhöhe
hatte. Auch
1) Bei dem Vortrage über diesen Gegenstand am 1. Juli
wurden auch die anwesenden, meist früher noch nicht geprüften,
Mitglieder der Societät der Probe unterworfen. Mit wenig Ausnahmen hörten
alle übrigen besser l. als r.; ohne daß die meisten diese
Ungleichheit vorher gekannt hatten. Insbesondere war Prof. Drobisch sehr überrascht,
den Schall entschieden stärker auf dem linken Ohre zu vernehmen, da seine
Sehkraft auf dem linken Auge gelähmt ist, da er einen fast habituellen
Rheumatismus auf der linken Kopfseite und eine Art Zwitschern im linken Ohre
hat, so daß er früher diese Seite des Kopfes immer überhaupt für
die schwächere hielt.
{504/505}
sonst erhielt ich einigemal die Angabe, daß der Ton auf
einem Ohre höher als auf dem andern erscheine: wenn ich aber näher
zufragte, fand sich, daß nur ein
hellerer, klarerer
Schall damit gemeint war (der manchmal mit größerer
Stärke verbunden war, anderemale nicht damit verbunden schien), nicht aber
ein Schall von wirklich größerer Tonhöhe. Jene zwei Personen
aber erklärten auf mein Befragen ausdrücklich, nicht bloß eine
größere Helligkeit, sondern größere Höhe auf einem
Ohre zu vernehmen.
Von den vorigen Prüfungen sind solche Personen
ausgeschlossen worden, welche entweder notorisch schwerhörig auf beiden
Ohren, oder merklich taub auf einem Ohre waren; um so viel möglich nur Fälle
in Betracht zu nehmen, welche noch in die Breite der Gesundheit fallen.
Inzwischen habe ich jene Fälle nicht beiseite gelassen, wo ich solcher
habhaft werden konnte, sondern nur besonders notirt; und hienach scheint
pathologische Schwerhörigkeit eher auf dem linken Ohre häufiger als
auf dem rechten vorzukommen; denn von 10 Fällen, die mir aus jenen
Kategorien theils persönlich, theils durch Berichte von Andern bekannt
sind, hören, nach eigener Prüfung oder nach Erkundigung, 7 besser
rechts als links, nur 2 besser l. als r., 1 gleich schlecht auf beiden Ohren.
Hierüber aber wird Aerzten, die sich specieller mit Ohrenkrankheiten beschäftigen,
natürlich eine vollständigere und entscheidendere Statistik zu Gebote
stehen, da aus so wenigen Fällen nichts Anderes zu schließen, als daß
das in Normalgränzen stattfindende Uebergewicht von l. über r. in
pathologischen nicht mehr besteht.
Uebrigens kann das von mir erhaltene Resultat an Personen, deren
Gehör noch in der Breite der Gesundheit fällt, praktisch insofern
einiges Interesse haben, als eine mäßige Ungleichheit des Hörvermö-{505/506}gens
beider Ohren Ohrenärzten hienach noch keinen Anlaß geben kann, etwas
Pathologisches darin zu sehen.
Man fragt sich natürlich, worin der Grund des eigenthümlichen
Uebergewichts des durchschnittlichen Hörvermögens von l. über r.
beruht. Wenn Wärmeunterschiede l. deutlicher als r. gespürt werden,
kann dieß nicht unwahrscheinlich darauf geschoben werden, daß die
Haut der rechten Hand wegen häufigeren Gebrauches unstreitig etwas dicker,
als die der linken ist. Wenn Druck stärker l. als r. gespürt wird, so
reicht diese Erklärung nicht mehr aus, indem eine größere oder
geringere Dicke der Oberhaut die Perception des Drucks nicht wesentlich abändert,
und der Unterschied zu Gunsten von l. bei Weber's Versuchen sich nicht bloß
auf der Hand, sondern auch der Fußsohle und dem Schulterblatte zeigte.
»Itaque,
sagt Weber,
quia alia explicatione caremus, vero simile est,
diversitatem illam in nervorum sentientium structura positam esse. Quemadmodum
enim musculi dextri lateris musculis sinistri crassiores adeoque robustiores
sunt, ita nervos sensorios sinistri lateris nervos dextri lateris sensibilitate
superare non repugnat.«
Man wird nun auch beim Gehör zu fragen haben: hängt
der Unterschied zwischen l. und r. von einem in dem äußern
Aufnahmeorganen des Schalles oder einem in der Structur und Empfindlichkeit der
Nerven begründeten Unterschiede ab, und ferner, ist er ein angeborener oder
erworbener.
Diese Fragen weiß ich bis jetzt nicht sicher zu
entscheiden. Es ist die Vermuthung gegen mich geäußert worden, das
wohl das, im Ganzen häufigere, Schlafen des Menschen auf der rechten Seite
eine Verschiedenheit in den Druck- oder Wärmeverhältnissen der Ohren
mitführen könne, welche jene Verschiedenheit zur Folge habe. Auch ist
dieß nicht gerade unwahrscheinlich; ich habe aber bisher keine hinreichend
ausgedehnten und genauen Notizen zu erlangen vermocht, um einer
durchschnittlichen Coincidenz in dieser Hinsicht versichert zu seyn.
Man hat ferner die Vermuthung geäußert, daß
vielleicht eine, sey es durch jenes Verhältniß beim Schlafen, sey es
sonst wie entstandene, Ungleichheit in der Absonderung des Ohrenschmalzes das
ungleich deutliche Hören l. und r. {506/507} bewirke, so daß das im
Durchschnitt stattfindende schlechtere Hören r. nur von einer größeren
Verstopfung des rechten Ohres mit Ohrenschmalz abhänge.
Indessen blieb bei mir und einem andern Individuum die
Ungleichheit dieselbe auch nach bestmöglichster Ausräumung der Ohren.
Um aber den Zweifel bestimmter zu beseitigen, dienten folgende Versuche, für
deren Anstellung ich Prof. Ruete verpflichtet bin.
Nachdem die aus 10 Individuen bestehende Abtheilung von
Studirenden, von der S. 504 die Rede war, mittelst des Schallpendels geprüft,
und dabei das angegebene Resultat erhalten war, 7 stärker l. als r., 2
klarer l. als r., 1 gleich gut l. und r. Hörende, wurden beide Ohren
derselben Individuen von Prof. Ruete mittelst des Ohrenspiegels untersucht.
Unter den 7 Individuen, welche l. stärker als r. hörten, zeigten sich
bei 3 beide Ohren gleich rein; auch fand sich dieß so bei Untersuchung der
Ohren Prof. Ruete's selbst, der ebenfalls stärker l. als r. hört,
durch seinen Assistenten. Bei 2 waren beide Ohren etwas und zwar merklich gleich
unrein; bei 1 war das linke, bei 1 das rechte Ohr etwas unreiner als das andere.
Unter den 2 Individuen, welche klarer 1. als r. hörten, waren bei 1 beide
Ohren merklich ganz rein; bei 1 beide ein wenig, aber gleich, unrein; bei dem 1
Individuum, welches gleich auf beiden Ohren hörte, waren beide etwas
unrein, r. mehr als l.
Hiernach kann in ungleicher Verstopfung der Ohren mit
Ohrenschmalz nicht der fragliche Grund gesucht werden; und ich muß mich für
jetzt begnügen, das Factum des Unterschieds mit jenem
wahrscheinlichen
Grunde zu notiren, ohne einen
sichern
Grund dafür angeben zu können.
Es würde nicht ohne Interesse seyn, eine der vorigen
entsprechende Untersuchung auf das Sehvermögen beider Augen anzuwenden.
Allerdings besitzen wir schon eine, auf Benutzung der Register des Optikus
Taucher in Leipzig gegründete, schätzbare Untersuchung, welche hieher
bezogen werden kann, von E. H. Weber in der, unter {507/508} Holke's Namen
erschienenen, aber dem sachlichen Inhalt nach ganz von Weber abhängigen
Dissertation:
»Disquisitio de acie oculi dextri et sinistri in mille
ducentis hominibus sexu, aetate et vitae ratione diversis examinata. Lipsiae
1830, deren, in der Dissertation selbst weiter specificirtes,
Gesammtresultat dieses ist:
Ex
1450
hominibus cujusvis aetatis, sexus, ordinis et opificii, qui
a Cl. Taubero vitra acceperunt ocularia, mille satis aequaliter oculo utroque
cernebant. In
415
vere hominibus, qui inaequalitatis hoc vitio circa oculos
premerentur, myopesque simul essent,
248
reperiebantur brevius in sinistro quam in dextro cernentes,
nec nisi
167
in quibus inversa ratio obtineret. In
254
hominibus, in quibus singulis eadem adesset oculorum
inaequalitas, simul vero presbyopiae vitium adjunctum,
137
a dextro et
117
a sinistro oculo graviorem offerebant presbyopiam. Igitur
in myopibus sinister, in presbyopibus vero dexter oculus deterior foret, itaque
in utroque casu dexter longinquius cernens. Veruntamen quisque intelligit, ad
haec confirmanda opus adhucdum esse majore observationum copia, eaque in sanis
quidem instituenda, vitro oculari minime indigentibus.«
Inzwischen bezieht sich diese Untersuchung vielmehr auf die
Sehweite als die Helligkeit beider Augen. Ich traf aber bei meinen
Untersuchungen über das binoculare Sehen auf eine Mehrzahl von Individuen,
welche durch abwechselnden Schluß eines und des andern Auges oder durch
Auseinanderschieben des Doppelbildes eines weißen Feldes auf schwarzem
Grunde eine größere Helligkeit des einen als andern Auges
constatirten und fing selbst an, gelegentlich weitere Beobachtungen darüber
anzustellen, indem ich viele Individuen veranlaßte, zuzusehen, ob ihnen
Tages beim Blick in den Himmel oder Abends auf den Milchglasschirm einer
brennenden Lampe das Gesichtsfeld heller bei Schluß des einen oder andern
Auges erscheine. Auch hier fand sich ein nicht unerhebliches Uebergewicht zu
Gunsten des linken Auges. Aber ich führe mit Fleiß keine Zahlen an,
weil sich mir bald die Ueberzeugung aufdrang, daß bloß {508509}
gelegentliche Versuche zu nichts Sicherm führen können und ich jenes
Resultat nicht für zuverlässig halte. Es ist schwer, vielen Personen
begreiflich zu machen, daß es sich nicht um Deutlichkeit, sondern
Helligkeit handle; beide Augen müssen sorgsam vor ungleicher Ermüdung
geschützt, unter gleichen Lichteinfluß gebracht und unter
verschiedenen Umständen wiederholt geprüft werden, was Alles nicht
durch bloß gelegentliche Versuche mit Diesem und Jenem geschehen kann. Außerdem
kann eine solche Untersuchung unstreitig nur Interesse haben, wenn sie mit Rücksicht
auf die Frage geführt wird, wiefern die vorkommenden Ungleichheiten
vielmehr auf ungleicher Verdunkelung der durchsichtigen Augenmedien oder
ungleicher Empfindlichkeit der Netzhaut beruhen, was die Zuziehung des
Augenspiegels, der entoptischen Schattenbilder und sonstigen diagnostischen Hülfsmittel
voraussetzt, mit denen ich nicht hinreichend vertraut bin; daher ich für
angemessen halte, eine solche Untersuchung Vorstehern physiologischer Institute
und klinischer Augenanstalten zu empfehlen, welche eine größere
Anzahl junger Leute dabei zuziehen, erforderlich anleiten und mit den nöthigen
Hülfsmitteln versehen können.
Außer der Helligkeit der Augen kann auch das Farbensehen
und die Ermüdungsfähigkeit derselben verschieden seyn, was sich sehr
gut durch Erzeugung von Doppelbildern auf die in meiner Abhandlung über das
binoculare Sehen
1)
angegebene Weise ermitteln läßt; und unstreitig wird
es dienlich seyn, die Untersuchung hierüber mit der über die ungleiche
Helligkeit der Augen zu verbinden.
1) Abhandl. d. sächs. Soc. phys. - math. Cl. V. S. 375 ff.
413 ff.
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