O
b diese satyrische Ueberschrift auf dem Schilde jenes holländischen
Gastwirths, worauf ein Kirchhof gemalt war, die M e n s ch e n
überhaupt, oder besonders die Staatsoberhäupter, die des Krieges nie
satt werden können, oder wohl gar nur die Philosophen gelte, die jenen süßen
Traum träumen, mag dahin gestellt seyn. Das bedingt sich aber der Verfasser
des Gegenwärtigen aus, daß, da der praktische Politiker mit dem
theoretischen auf dem Fuß steht, mit großer Selbstgefälligkeit
auf ihn als einen Schulweisen herabzusehen, der dem Staat, welcher von
Erfahrungsgrundsätzen ausgehen müsse, mit seinen sachleeren Ideen
keine Gefahr bringe, und den man immer seine eilf Kegel auf einmal werfen lassen
kann, ohne, daß sich der [3/4] w e l t k u n d i g e Staatsmann daran
kehren darf, dieser auch, im Fall eines Streits mit jenem sofern consequent
verfahren müsse, hinter seinen auf gut Glück gewagten, und öffentlich
geäußerten Meynungen nicht Gefahr für den Staat zu wittern; -
durch welche C l a u s u l a s a l v a t o r i a der Verfasser dieses sich
dann hiemit in der besten Form wider alle bösliche Auslegung ausdrücklich
verwahrt wissen will. [4/5]
1.
E
s soll kein Friedenrschluß für einen solchen gelten,
der mit dem geheimen Vorbehalt des Stoffs zu einem künftigen Kriege gemacht
worden."
Denn alsdann wäre er ja ein bloßer Waffenstillstand,
Aufschub der Feindseligkeiten, nicht F r i e d e, der das Ende aller Hostilitäten
bedeutet, und dem das Beywort e w i g anzuhängen ein schon verdächtiger
Pleonasm ist. Die vorhandene, obgleich jetzt vielleicht den Paciscirenden selbst
noch nicht bekannte, Ursachen zum künftigen Kriege sind durch
den Friedensschluß insgesammt vernichtet, sie mögen
auch aus archivarischen Dokumenten mit noch so scharfsichtiger Ausspähungsgeschicklichkeit
ausgeklaubt [5/6] seyn. - Der Vorbehalt (reseruatio mentalis) alter allererst künftig
auszudenkender Prätensionen, deren kein Teil für jetzt Erwähnung
tun mag, weil beyde zu sehr erschöpft sind, den Krieg fortzusetzen, bey dem
bösen Willen, die erste günstige Gelegenheit zu diesem Zweck zu
benutzen, gehört zur Jesuitencasuistik, und ist unter der Würde der
Regenten, so wie die Willfährigkeit zu dergleichen Deduktionen unter der Würde
eines Ministers desselben, wenn man die Sache, wie sie an sich selbst ist
beurteilt. -
Wenn aber, nach aufgeklärten Begriffen der Staatsklugheit,
in beständiger Vergrößerung der Macht, durch welche Mittel es
auch sey, die wahre Ehre des Staats gesetzt wird, so fällt freylich jenes
Urtheil als schulmäßig und pedantisch in die Augen.
2. Es soll kein für sich bestehender Staat (klein
oder groß, das gilt hier gleichviel) von einem andern Staate durch Erbung,
Tausch, Kauf oder Schenkung, erworben werden können." [6/7]
Ein Staat ist nämlich nicht (wie etwa der Boden, auf dem er
seinen Sitz hat) eine Habe (patrimonium). Er ist eine Gesellschaft von Menschen,
über die niemand anders, als er selbst, zu gebieten und zu disponieren hat.
Ihn aber, der selbst als Stamm seine eigene Wurzel hatte, als Pfropfreis einem
andern Staate einzuverleiben, heißt seine Existenz, als einer moralischen
Person, aufheben, und aus der letzteren eine Sache machen, und widerspricht also
der Idee des ursprünglichen Vertrags, ohne die sich kein Recht über
ein Volk denken läßt *). In welche Gefahr das Vorurtheil dieser
Erwerbungsart Europa, denn die andern Weltteile haben nie davon gewußt, in
unsern bis auf die neuesten Zeiten gebracht habe, daß sich nämlich
auch Staaten einander heuraten könnten, ist jedermann bekannt, theils als
eine neue Art von Industrie, sich auch ohne Aufwand von Kräf-
*) Ein Erbreich ist nicht ein Staat, der von einem andern
Staate, sondern dessen Recht zu regieren an eine andere physische Person vererbt
werden kann. Der Staat erwirbt alsdann einen Regenten, nicht dieser als ein
solcher (d. i. der schon ein anderes Reich besitzt) den Staat. [7/8]
ten durch Familienbündnisse übermächtig zu
machen, theils auch auf solche Art den Länderbesitz zu erweitern. - Auch
die Verdingung der Truppen eines Staats an einen andern, gegen einen nicht
gemeinschaftlichen Feind, ist dahin zu zählen; denn die Unterthanen werden
dabey als nach Belieben zu handhabende Sachen gebraucht und verbraucht.
3. Stehende Heere (miles pepetuus) sollen mit der Zeit
ganz aufhören."
Denn sie bedrohen andere Staaten unaufhörlich mit Krieg,
durch die Bereitschaft, immer dazu gerüstet zu erscheinen; reitzen diese
an, sich einander in Menge der Gerüsteten, die keine Grenzen kennt, zu übertreffen,
und, indem durch die darauf verwandten Kosten der Friede endlich noch drückender
wird als ein kurzer Krieg, so sind sie selbst Ursache von Angriffskriegen, um
diese Last loszuwerden; wozu kommt, daß zum Tödten oder getödtet
zu werden in Sold genommen zu seyn, einen Gebrauch von Menschen als bloßen
Maschinen und Werkzeugen in der Hand eines andern (des Staats) zu enthalten
scheint, der sich nicht wohl mit dem Rechte der [8/9] Menschheit in unserer
eigenen Person vereinigen läßt *). Ganz anders ist es mit der
freywilligen periodisch vorgenommenen Uebung der Staatsbürger in Waffen
bewandt, sich und ihr Vaterland dadurch gegen Angriffe von außen zu
sichern. - Mit der Anhäufung eines Schatzes würde es ebenso gehen, daß
er, von andern Staaten als Bedrohung mit Krieg angesehen, zu zuvorkommenden
Angriffen nöthigte (weil unter den drey Mächten, der H e e r e s m a
c h t, der B u n d e s m a c h t und der G e l d m a c h t, die letztere wohl
das zuverläßigste Kriegswerkzeug seyn dürfte; wenn nicht die
Schwierigkeit, die Größe desselben zu erforschen, dem entgegenstände).
4. Es sollen keine Staatsschulden in Beziehung auf äußere
Staatshändel gemacht werden." [9/10]
Zum Behuf der Landesökonomie (der Wegebesserung, neuer
Ansiedelungen, Anschaffung der Magazine für besorgliche Mißwachsjahre
u. s. w.), außerhalb oder innerhalb dem Staate Hülfe zu suchen, ist
diese Hülfsquelle unverdächtig. Aber als entgegenwirkende Maschine der
Mächte gegeneinander, ist ein Creditsystem ins Unabsehliche anwachsender
und doch immer für die gegenwärtige Forderung (weil sie doch nicht von
allen Gläubigern auf einmal geschehen wird) gesicherter Schulden, - die
sinnreiche Erfindung eines handeltreibenden Volks in diesem Jahrhundert -, eine
gefährliche Geldmacht, nämlich ein Schatz zum Kriegführen, der
die Schätze aller andern Staaten zusammengenommen übertrifft, und nur
durch den einmal bevorstehenden Ausfall der Taxen (der doch auch durch die
Belebung des Verkehrs, vermittelst der Rückwirkung auf Industrie und
Erwerb, noch lange hingehalten wird) erschöpft werden kann. Diese
Leichtigkeit Krieg zu führen, mit der Neigung der Machthabenden dazu,
welche der menschlichen Natur eingeartet zu seyn scheint, verbunden, ist also
ein großes Hinderniß des ewigen Friedens, welches zu verbieten um
desto [10/11] mehr ein Präliminarartikel desselben seyn müßte,
weil der endlich doch unvermeidliche Staatsbankerott manche andere Staaten
unverschuldet in den Schaden mit verwickeln muß, welches eine öffentliche
Läsion der letzteren seyn würde. Mithin sind wenigstens andere Staaten
berechtigt, sich gegen einen solchen und dessen Anmaßungen zu verbünden.
5. Kein Staat soll sich in die Verfassung und Regierung
eines andern Staats gewaltthätig einmischen."
Denn was kann ihn dazu berechtigen? Etwa das Skandal, was er den
Unterthanen eines andern Staats giebt? Es kann dieser vielmehr, durch das
Beyspiel der großen Uebel, die sich ein Volk durch seine Gesetzlosigkeit
zugezogen hat, zur Warnung dienen; und überhaupt ist das böse
Beyspiel, was eine freye Person der andern giebt (als scandalum acceptum) keine
Läsion derselben. - Dahin würde zwar nicht zu ziehen seyn, wenn ein
Staat sich durch innere Veruneinigung in zwey Theile spaltete, deren jeder für
sich einen besondern Staat vorstellt, der auf das Ganze Anspruch macht; wo einem
[11/12] derselben Beystand zu leisten einem äußern Staat nicht für
Einmischung in die Verfassung des andern (denn es ist alsdann Anarchie)
angerechnet werden könnte. Solange aber dieser innere Streit noch nicht
entschieden ist, würde diese Einmischung äußerer Mächte
Verletzung der Rechte eines nur mit seiner innern Krankheit ringenden, von
keinem andern abhängigen Volks, selbst also ein gegebenes Skandal seyn und
die Autonomie aller Staaten unsicher machen.
6. Es soll sich kein Staat im Kriege mit einem andern
solche Feindseligkeiten erlauben, welche das wechselseitige Zutrauen im künftigen
Frieden unmöglich machen müssen: als da sind, Anstellung der M e u c h
e l m ö r d e r (percussores), G i f t m i s c h e r (venefici), B r e c
h u n g d e r K a p i t u l a t i o n, A n s t i f t u n g des V e r r a
t h s (perduellio) in dem bekriegten Staat etc."
Das sind ehrlose Stratagemen. Denn irgend ein Vertrauen auf die
Denkungsart des Feindes muß mitten im Kriege noch übrig bleiben, weil
sonst auch kein Friede abgeschlossen werden könnte, und die Feindseligkeit
in einen [12/13] Ausrottungskrieg (bellum internecinum) ausschlagen würde;
da der Krieg doch nur das traurige Nothmittel im Naturzustande ist, (wo kein
Gerichtshof vorhanden ist, der rechtskräftig urtheilen könnte) durch
Gewalt sein Recht zu behaupten; wo keiner von beyden Theilen für einen
ungerechten Feind erklärt werden kann (weil das schon einen
Richterausspruch voraussetzt), sondern der A u s s c h l a g desselben
(gleich als vor einem sogenannten Gottesgerichte) entscheidet, auf wessen Seite
das Recht ist; zwischen Staaten aber sich kein Bestrafungskrieg (bellum
punitiuum) denken läßt (weil zwischen ihnen kein Verhältniß
eines Obern zu einem Untergebenen stattfindet). - Woraus denn folgt: daß
ein Ausrottungskrieg, wo die Vertilgung beyde Teile zugleich, und mit dieser
auch alles Rechts treffen kann, den ewigen Frieden nur auf dem großen
Kirchhofe der Menschengattung statt finden lassen würde. Ein solcher Krieg
also, mithin auch der Gebrauch der Mittel, die dahin führen, muß
schlechterdings unerlaubt seyn. - Daß aber die genannte Mittel
unvermeidlich dahin führen, erhellet daraus: daß jene höllische
Künste, da sie an sich selbst nie-[13/14]derträchtig sind, wenn sie in
Gebrauch gekommen, sich nicht lange innerhalb der Grenze des Krieges halten, wie
etwa der Gebrauch der Spione (vti exploratoribus), wo nur die Ehrlosigkeit A n
d e r e r (die nun einmal nicht ausgerottet werden kann) benutzt wird, sondern
auch in den Friedenszustand übergehen, und so die Absicht desselben gänzlich
vernichten würden.
Obgleich die angeführte Gesetze objectiv, d. i. in der
Intention der Machthabenden, lauter V e r b o t g e s e t z e (leges
prohibitiuae) sind, so sind doch einige derselben von der st r e n g e n, ohne
Unterschied der Umstände geltenden Art (leges strictae), die s o f o r
t auf Abschaffung dringen (wie Nr. 1, 5, 6), andere aber (wie Nr. 2, 3, 4), die
zwar nicht als Ausnahmen von der Rechtsregel, aber doch in Rücksicht auf
die Ausübung derselben, durch die Umstände, s u b j e k t i v für
die Befugniß erweiternd (leges latae), und Erlaubnisse enthalten, die
Vollführung a u f z u s c h i e b e n, ohne doch den Zweck aus den Augen
zu verlieren, der diesen Aufschub, z. B. der W i e d e r-[14/15] e r st a t t
u n g der gewissen Staaten, nach Nr. 2, entzogenen Freyheit, nicht auf den
Nimmertag (wie August zu versprechen pflegte, ad calendas graecas) auszusetzen,
mithin die Nichterstattung, sondern nur, damit sie nicht übereilt und so
der Absicht selbst zuwider geschehe, die Verzögerung erlaubt. Denn das
Verbot betrifft hier nur die E r w e r b u n g s a r t, die fernerhin nicht
gelten soll, aber nicht den Be s i tz s t a n d, der, ob er zwar nicht den
erforderlichen Rechtstitel hat, doch zu seiner Zeit (der putativen Erwerbung),
nach der damaligen öffentlichen Meynung, von allen Staaten für rechtmäßig
gehalten wurde*).
*) Ob es außer dem Gebot (leges praeceptiuae), und Verbot
(leges prohibitiuae), noch E r l a u b n i s g e s e tz e (leges permissiuae)
der reinen Vernunft geben könne, ist bisher nicht ohne Grund bezweifelt
worden. Denn Gesetze überhaupt enthalten einen Grund objektiver praktischer
Nothwendigkeit, Erlaubnis aber einen der praktischen Zufälligkeit gewisser
Handlungen; mithin würde ein E r l a u b n i s g e s e tz Nöthigung
zu einer Handlung, zu dem, wozu jemand nicht genöthiget werden kann,
enthalten, welches, wenn das Objekt des Gesetzes in beyderley Beziehung einerley
Bedeutung hätte, ein Widerspruch seyn würde. - Nun geht aber hier im
Erlaubnisgesetze [15/16]das vorausgesetzte Verbot nur auf die künftige
Erwerbungsart eines Rechts (z. B. durch Erbschaft), die Befreyung aber von
diesem Verbot, d. i. die Erlaubnis, auf den gegenwärtigen Besitzstand,
welcher letztere, im Ueberschritt aus dem Naturzustande in den bürgerlichen,
als ein, obwohl unrechtmäßiger, dennoch e h r l i c h e r , B e s
i tz (possessio putatiua) nach einem Erlaubnisgesetze des Naturrechts noch
fernerhin fortdauern kann, obgleich ein putativer Besitz, so bald er als ein
solcher erkannt worden, im Naturzustande, imgleichen eine ähnliche
Erwerbungsart im nachmaligen bürgerlichen (nach geschehenem Ueberschritt)
verboten ist, welche Befugnis des fortdauernden Besitzes nicht statt finden würde,
wenn eine solche vermeintliche Erwerbung im bürgerlichen Zustande geschehen
wäre; denn da würde er, als Läsion, sofort nach Entdeckung seiner
Unrechtmäßigkeit aufhören müssen.
[Fortsetzung der Anmerkung] Ich habe hiemit nur beyläufig
die Lehrer des Naturrechts auf den Begriff einer lex permissiua, welcher sich
einer systematisch-eintheilenden Vernunft von selbst darbietet, aufmerksam
machen wollen; vornehmlich, da im Civilgesetze (statutarischen) öfters
davon Gebrauch gemacht wird, nur mit dem Unterschiede, daß das
Verbotgesetz für sich allein dasteht, die Erlaubnis aber nicht als einschränkende
Bedingung (wie es sollte) in jenes Gesetz mit hinein gebracht, sondern unter die
Ausnahmen geworfen wird. - Da heißt es dann: dies oder jenes wird
verboten: e s s e y d e n n Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3, und so weiter ins
Unabsehliche, die Erlaubnisse nur [16/17] zufälliger Weise, nicht nach
einem Princip, sondern durch Herumtappen unter vorkommenden Fällen, zum
Gesetz hinzukommen; denn sonst hätten die Bedingungen i n d i e F o r
m e l d e s V e r b o t s g e s e tz e s mit hineingebracht werden müssen,
wodurch es dann zugleich ein Erlaubnisgesetz geworden wäre. - Es ist daher
zu bedauern, daß die sinnreiche, aber unaufgelöst gebliebene,
Preisaufgabe des eben so weisen als scharfsinnigen Herrn G r a f e n v o n
W i n d i s c h g r ä tz, welche gerade auf das letztere drang, sobald
verlassen worden. Denn die Möglichkeit einer solchen (der mathematischen ähnlichen)
Formel ist der einzige ächte Probierstein einer consequent bleibenden
Gesetzgebung , ohne welche das so genannte ius certum immer ein frommer Wunsch
bleiben wird. - Sonst wird man bloß g e n e r a l e Gesetze (die im Al
l g e m e i n e n gelten), aber keine universale (die a l l g e m e i n
gelten) haben, wie es doch der Begriff eines Gesetzes zu erfordern scheint.
[16/17]
Der Friedenszustand unter Menschen, die nebeneinander leben, ist
kein Naturstand (status naturalis), der vielmehr ein Zustand des Krieges ist, d.
i. wenngleich nicht immer ein Ausbruch der Feindseligkeiten, doch immerwährende
Bedrohung mit denselben. Er muß also g e st i f t e t werden; denn die
Unterlassung der letzteren ist noch nicht Sicherheit dafür, und, ohne daß
sie einem Nachbar von dem andern geleistet wird (welches aber nur in einem g e
s e tz l i c h e n Zustande geschehen kann), kann jener diesen, welchen er
dazu aufgefordert hat, als einen Feind behandeln *).
*) Gemeiniglich nimmt man an, daß man gegen Niemand
feindlich verfahren dürfe, als nur, wenn er mich schon thätig l ä
d i e r t h a t, und das ist auch ganz richtig, wenn beyde im b ü r g e
r l i c h - g e s e tz l i c h e n Zustande sind. Denn dadurch, daß
dieser in denselben getreten ist, leistet er jenem (vermittelst der Obrigkeit,
welche über Beyde Gewalt hat) die er-[18/19]forderliche Sicherheit. - Der
Mensch aber (oder das Volk) im bloßen Naturstande benimmt mir diese
Sicherheit, und lädiert mich schon durch eben diesen Zustand, indem er
neben mir ist, obgleich nicht thätig (facto), doch durch die
Gesetzlosigkeit seines Zustandes (statu iniusto), wodurch ich beständig von
ihm bedrohet werde, und ich kann ihn nöthigen, entweder mit mir in einen
gemeinschaftlich-gesetzlichen Zustand zu treten, oder aus meiner Nachbarschaft
zu weichen. - Das Postulat also, was allen folgenden Artikeln zum Grunde liegt,
ist: Alle Menschen, die auf einander wechselseitig einfließen können,
müssen zu irgend einer bürgerlichen Verfassung gehören.
Alle rechtliche Verfassung aber ist, was die Personen betrifft,
die darin stehen,
1) die nach dem S t a a t s b ü r g e r r e c h t der
Menschen in einem Volke (ius ciuitatis),
2) nach dem V ö l k e r r e c h t der Staaten in Verhältnis
gegen einander (ius gentium),
3) die nach dem W e l t b ü r g e r r e c h t, so fern
Menschen und Staaten, in äußerem auf einander einfließendem
Verhältnis stehend, als Bürger eines allgemeinen Menschenstaats
anzusehen sind (ius cosmopoliticum). Diese Eintheilung ist nicht willkührlich,
sondern nothwendig in Beziehung auf die Idee vom ewigen Frieden. Denn wenn nur
einer von diesen im Verhältnisse des physischen Einflusses auf den andern,
und doch im Naturstande wäre, so würde damit der Zustand des Krieges
verbunden seyn, von dem befreyet zu werden hier eben die Absicht ist. [19/20]
D
ie erstlich nach Principien der F r e y h e i t der Glieder
einer Gesellschaft (als Menschen); zweitens nach Grundsätzen der A b h ä
n g i g k e i t aller von einer einzigen gemeinsamen Gesetzgebung (als
Unterthanen); und drittens, die nach dem Gesetz der G l e i c h h e i t
derselben (a l s S t a a t s b ü r g e r) gestiftete Verfassung - die
einzige, welche aus der Idee des ursprünglichen Vertrags hervorgeht, auf
der alle rechtliche Gesetzgebung eines Volks gegründet seyn muß - ist
die r e p u b l i k a n i s c h e *). Diese
*) R e c h t l i c h e (mithin äußere) Freyheit
kann nicht, wie man wohl zu thun pflegt, durch die Befugnis definirt werden: alles
zu thun, was man will, wenn man nur Keinem Unrecht thut." Denn was heißt
B e f u g n i s? Die Möglichkeit einer Handlung, so fern man dadurch
Keinem Unrecht thut. Also würde die Erklärung einer Befugnis so
[20/21]
ist also, was das Recht betrifft, an sich selbst diejenige,
welche allen Arten der bürgerlichen
[Fortsetzung der Anmerkung von Seite 20] lauten: Man thut
Keinem Unrecht (man mag auch thun, was man will), wenn man nur Keinem Unrecht
thut:" folglich ist es leere Tautologie. - Vielmehr ist meine äußere
(rechtliche) F r e y h e i t so zu erklären: sie ist die Befugnis,
keinen äußeren Gesetzen zu gehorchen, als zu denen ich meine
Beystimmung habe geben können. - Eben so ist äußere (rechtliche)
G l e i c h h e i t in einem Staate dasjenige Verhältnis der Staatsbürger,
nach welchem Keiner den andern wozu rechtlich verbinden kann, ohne daß er
sich zugleich dem Gesetz unterwirft, von diesem wechselseitig auf dieselbe Art
auch verbunden werden zu k ö n n e n. (Vom Princip der r e c h t l i c
h e n Abhängigkeit, da dieses schon in dem Begriffe einer
Staatsverfassung überhaupt liegt, bedarf es keiner Erklärung). - Die Gültigkeit
dieser angebohrnen, zur Menschheit nothwendig gehörenden und unveräußerlichen
Rechte wird durch das Princip der rechtlichen Verhältnisse des Menschen
selbst zu höheren Wesen (wenn er sich solche denkt) bestätigt und
erhoben, indem er sich nach eben denselben Grundsätzen auch als Staatsbürger
einer übersinnlichen Welt vorstellt. - Denn, was meine Freyheit betrifft,
so habe ich, selbst in Ansehung der göttlichen, von mir durch bloße
Vernunft erkennbaren Gesetze, keine Verbindlichkeit, als nur so fern ich dazu
selber habe meine Beystimmung geben können (denn durchs Freyheits-[21/22]
Constitution ursprünglich zum Grunde liegt; und nun ist nur
die Frage: ob sie auch die einzige ist, die zum ewigen Frieden hinführen
kann?
[Fortsetzung der Anmerkung von Seite 21]gesetz meiner eigenen
Vernunft mache ich mir allererst einen Begriff vom göttlichen Willen). Was
in Ansehung des erhabensten Weltwesens außer Gott, welches ich mir etwa
denken möchte (einen großen Aeon), das Princip der G l e i ch h e i
t betrifft, so ist kein Grund da, warum ich, wenn ich in meinem Posten meine
Pflicht thue, wie jener Aeon es in dem seinigen, mir bloß die Pflicht zu
gehorchen, jenem aber das Recht zu befehlen zukommen solle. - Daß dieses
Princip der G l e i c h h e i t nicht (so wie das der Freyheit) auch auf das
Verhältnis zu Gott paßt, davon ist der Grund dieser, weil dieses
Wesen das einzige ist, bey dem der Pflichtbegriff aufhört.
Was aber das Recht der Gleichheit aller Staatsbürger, als
Unterthanen, betrifft, so kommt es in Beantwortung der Frage von der Zuläßigkeit
des E r b a d e l s allein darauf an: ob der vom Staat zugestandene
R a n g (eines Unterthans vor dem andern) vor dem V e r d i e n st, oder
dieses vor jenem vorhergehen müsse." - Nun ist offenbar: daß,
wenn der Rang mit der Geburt verbunden wird, es ganz ungewiß ist, ob das
Verdienst (Amtsgeschicklichkeit und Amtstreue) auch folgen werde; mithin ist es
[22/23]
Nun hat aber die republikanische Verfassung, außer der
Lauterkeit ihres Ursprungs, aus dem reinen Quell des Rechtsbegriffs entsprungen
zu seyn, noch die Aussicht in die gewünschte Folge, nämlich den ewigen
Frieden; wovon der Grund dieser ist. - Wenn (wie es in dieser Verfassung nicht
anders seyn kann) die Beystimmung der Staatsbürger dazu erfordert wird, um
zu beschließen, ob Krieg seyn solle, oder nicht," so ist nichts
natürlicher, als daß, da sie alle Drangsale des Krieges über
sich selbst beschließen müßten (als da sind: selbst zu fechten;
die Kosten des Krieges
[Fortsetzung der Anmerkung von Seite 22] eben so viel, als ob er
ohne alles Verdienst dem Begünstigten zugestanden würde (Befehlshaber
zu seyn); welches der allgemeine Volkswille in einem ursprünglichen
Vertrage (der doch das Prinzip aller Rechte ist) nie beschließen wird.
Denn ein Edelmann ist darum nicht so fort ein e d l e r Mann. - Was den A
m t s a d e l (wie man den Rang einer höheren Magistratur nennen könnte,
und den man sich durch Verdienste erwerben muß) betrifft, so klebt der
Rang da nicht, als Eigentum, an der Person, sondern am Posten, und die
Gleichheit wird dadurch nicht verletzt; weil, wenn jene ihr Amt niederlegt, sie
zugleich den Rang ablegt, und unter das Volk zurücktritt. - [23/24]
aus ihrer eigenen Haabe herzugeben; die Verwüstung, die er
hinter sich läßt, kümmerlich zu verbessern; zum Uebermaße
des Uebels endlich noch eine, den Frieden selbst verbitternde, nie (wegen naher
immer neuer Kriege) zu tilgende Schuldenlast selbst zu übernehmen), sie
sich sehr bedenken werden, ein so schlimmes Spiel anzufangen: Da hingegen in
einer Verfassung, wo der Unterthan nicht Staatsbürger, diese also nicht
republikanisch ist, es die unbedenklichste Sache von der Weit ist, weil das
Oberhaupt nicht Staatsgenosse, sondern Staatseigenthümer ist, an seinen
Tafeln, Jagden, Lustschlössern, Hoffesten u. d. gl. durch den Krieg nicht
das mindeste einbüßt, diesen also wie eine Art von Lustparthie aus
unbedeutenden Ursachen beschließen, und der Anständigkeit wegen dem
dazu allezeit fertigen diplomatischen Corps die Rechtfertigung desselben gleichgültig
überlassen kann.
Damit man die republikanische Verfassung nicht (wie gemeiniglich
geschieht) mit der demokratischen verwechsele, muß Folgendes bemerkt
[24/25] werden. Die Formen eines Staats (ciuitas) können entweder nach dem
Unterschiede der Personen, welche die oberste Staatsgewalt inne haben, oder nach
der R e g i e r u n g s a r t des Volks durch sein Oberhaupt, er mag seyn
welcher er wolle, eingetheilt werden; die erste heißt eigentlich die Form
der
B e h e r r s c h u n g
(forma imperii), und es sind nur drey derselben möglich,
wo nämlich entweder nur E i n e r, oder E i n i g e unter sich
verbunden, oder A l l e zusammen, welche die bürgerliche Gesellschaft
ausmachen, die Herrschergewalt besitzen (A u t o k r a t i e, A r i s t o k r a
t i e und D e m o k r a t i e, Fürstengewalt, Adelsgewalt und
Volksgewalt). Die zweyte ist die Form der Regierung (forma regiminis) und
betrifft die auf die Constitution (den Akt des allgemeinen Willens, wodurch die
Menge ein Volk wird) gegründete Art, wie der Staat von seiner
Machtvollkommenheit Gebrauch macht: und ist in dieser Beziehung entweder r e p
u b l i k a n i s c h oder d e s p o t i s c h. Der
R e p u b l i k a n i s m
ist das Staatsprincip der Absonderung der ausführenden
Gewalt (der Regierung) von der Gesetzgebenden; der Despotism ist das der
eigen-[25/26]mächtigen Vollziehung des Staats von Gesetzen, die er selbst
gegeben hat, mithin der öffentliche Wille, sofern er von dem Regenten als
sein Privatwille gehandhabt wird. - Unter den drey Staatsformen ist die der D
e m o k r a t i e, im eigentlichen Verstande des Worts, nothwendig ein D e s p
o t i s m, weil sie eine exekutive Gewalt gründet, da alle über und
allenfalls auch wider Einen (der also nicht mit einstimmt), mithin Alle, die
doch nicht Alle sind, beschließen; welches ein Widerspruch des allgemeinen
Willens mit sich selbst und mit der Freyheit ist.
Alle Regierungsform nämlich, die nicht r e p r ä s e
n t a t i v ist, ist eigentlich eine U n f o r m, weil der Gesetzgeber in
einer und derselben Person zugleich Vollstrecker seines Willens (so wenig, wie
das Allgemeine des Obersatzes in einem Vernunftschlusse zugleich die Subsumtion
des Besondern unter jenem im Untersatze) seyn kann, und, wenn gleich die zwey
andern Staatsverfassungen so fern immer fehlerhaft sind, daß sie einer
solchen Regierungsart Raum geben, so ist es bey ihnen doch wenigstens möglich,
daß sie eine dem G e i s t e [26/27] eines repräsentativen
Systems gemäße Regierungsart annähmen, wie etwa Friedrich II.
wenigstens s a g t e: er sey bloß der oberste Diener des Staats *), da
hingegen die demokratische es unmöglich macht, weil Alles da Herr seyn
will. - Man kann daher sagen: je kleiner das Personale der Staatsgewalt (die
Zahl der Herrscher), je größer dagegen die Repräsentation
derselben, desto mehr stimmt die Staatsverfassung zur Möglichkeit des
Republikanism, und sie kann hoffen, durch allmähliche Reformen sich dazu
endlich zu erheben. Aus diesem
*) Man hat die hohen Benennungen, die einem Beherrscher oft
beygelegt werden (die eines göttlichen Gesalbten, eines Verwesers des göttlichen
Willens auf Erden und Stellvertreters desselben), als grobe, schwindlich
machende Schmeicheleyen oft getadelt; aber mich dünkt, ohne Grund. - Weit
gefehlt, daß sie den Landesherrn sollten hochmüthig machen, so müssen
sie ihn vielmehr in seiner Seele demüthigen, wenn er Verstand hat (welches
man doch voraussetzen muß), und es bedenkt, daß er ein Amt übernommen
habe, was für einen Menschen zu groß ist, nämlich das Heiligste,
was Gott auf Erden hat, das R e ch t d e r M e n s ch e n zu verwalten,
und diesem Augapfel Gottes irgend worinn zu nahe getreten zu seyn, jederzeit in
Besorgnis stehen muß. [27/28]
Grunde ist es in der Aristokratie schon schwerer, als in der
Monarchie, in der Demokratie aber unmöglich anders, als durch gewaltsame
Revolution zu dieser einzigen vollkommen rechtlichen Verfassung zu gelangen. Es
ist aber an der Regierungsart*) dem Volk ohne alle Vergleichung mehr gelegen,
als an der Staatsform
*) Mallet dü Pan rühmt in seiner Genietönenden,
aber hohlen und sachleeren Sprache: nach vieljähriger Erfahrung endlich zur
Ueberzeugung von der Wahrheit des bekannten Spruchs des P o p e gelangt zu
seyn: laß über die beste Regierung Narren streiten; die bestgeführte
ist die beste." Wenn das soviel sagen soll: die am besten geführte
Regierung ist am besten geführt, so hat er, nach Schwifts Ausdruck, eine Nuß
aufgebissen, die ihn mit einer Made belohnte; soll es aber bedeuten, sie sey
auch die beste Regierungsart, d. i. Staatsverfassung, so ist es grundfalsch;
denn Exempel von guten Regierungen beweisen nichts für die Regierungsart. -
Wer hat wohl besser regiert als ein T i t u s und M a r k u s A u r e l
i u s, und doch hinterließ der eine einen D o m i t i a n, der andere
einen C o m m o d u s zu Nachfolgern; welches bey einer guten Staatsverfassung
nicht hätte geschehen können, da ihre Untauglichkeit zu diesem Posten
früh genug bekannt war, und die Macht des Beherrschers auch hinreichend
war, um sie auszuschließen. [28/29]
(wiewohl auch auf dieser ihre mehrere oder mindere
Angemessenheit zu jenem Zwecke sehr viel ankommt). Zu jener aber, wenn sie dem
Rechtsbegriffe gemäß sein soll, gehört das repräsentative
System, in welchem allein eine republikanische Regierungsart möglich, ohne
welches sie (die Verfassung mag seyn welche sie wolle) despotisch und gewaltthätig
ist. - Keine der alten so genannten Republiken hat dieses gekannt, und sie mußten
sich darüber auch schlechterdings in dem Despotism auflösen, der unter
der Obergewalt eines Einzigen noch der erträglichste unter allen ist.
V
ölker, als Staaten, können wie einzelne Menschen
beurtheilt werden, die sich in ihrem Naturzustande (d. i. in der Unabhängigkeit
von äußern Gesetzen) schon durch ihr Nebeneinanderseyn lädiren,
und deren jeder, um seiner Sicherheit willen, von dem andern fordern kann und
soll, mit ihm in eine, der bürgerlichen ähnliche, Verfassung zu
treten, wo jedem sein Recht gesichert werden kann. Dies wäre ein V ö
l k e r b u n d, der aber gleichwohl kein Völkerstaat seyn müßte.
Darin aber wäre ein Widerspruch; weil ein jeder Staat das Verhältnis
eines O b e r e n (Gesetzgebenden) zu einem U n t e r e n (gehorchenden,
nämlich dem Volk) enthält, viele Völker aber in einem Staat nur
ein Volk ausmachen würden, welches (da wir hier das Recht der V ö l
k e r gegen einander zu erwägen haben, so fern sie so viel verschiedene
[30/31] Staaten ausmachen, und nicht in einem Staat zusammenschmelzen sollen)
der Voraussetzung widerspricht.
Gleichwie wir nun die Anhänglichkeit der Wilden an ihre
gesetzlose Freyheit, sich lieber unaufhörlich zu balgen, als sich einem
gesetzlichen, von ihnen selbst zu constituirenden, Zwange zu unterwerfen, mithin
die tolle Freyheit der vernünftigen vorzuziehen, mit tiefer Verachtung
ansehen, und als Rohigkeit, Ungeschliffenheit, und viehische Abwürdigung
der Menschheit betrachten, so, sollte man denken, müßten gesittete Völker
(jedes für sich zu einem Staat vereinigt) eilen, aus einem so verworfenen
Zustande je eher desto lieber herauszukommen: Statt dessen aber setzt vielmehr
jeder S t a a t seine Majestät (denn Volksmajestät ist ein
ungereimter Ausdruck) gerade darin, gar keinem äußeren gesetzlichen
Zwange unterworfen zu seyn, und der Glanz seines Oberhaupts besteht darin, daß
ihm, ohne daß er sich eben selbst in Gefahr setzen darf, viele Tausende zu
Gebot stehen, sich für eine Sache, die sie nichts angeht, [31/32] aufopfern
zu lassen *), und der Unterschied der europäischen Wilden von den
amerikanischen besteht hauptsächlich darin, daß, da manche Stämme
der letzteren von ihren Feinden gänzlich sind gegessen worden, die ersteren
ihre Ueberwundene besser zu benutzen wissen, als sie zu verspeisen, und lieber
die Zahl ihrer Unterthanen, mithin auch die Menge der Werkzeuge zu noch
ausgebreiteteren Kriegen durch sie zu vermehren wissen.
Bey der Bösartigkeit der menschlichen Natur, die sich im
freyen Verhältnis der Völker unverholen blicken läßt
(indessen daß sie im bürgerlich-gesetzlichen Zustande durch den Zwang
der Regierung sich sehr verschleyert), ist es doch zu verwundern, daß das
Wort R e c h t aus der Kriegspolitik noch nicht als pedantisch ganz hat
verwiesen werden können, und sich noch kein Staat erkühnet hat, sich für
die letz-
* So gab ein bulgarischer Fürst dem griechischen Kayser,
der gutmüthigerweise seinen Streit mit ihm durch einen Zweykampf ausmachen
wollte, zur Antwort: Ein Schmidt, der Zangen hat, wird das glühende
Eisen aus den Kohlen nicht mit seinen Händen herauslangen." [32/33]
tere Meynung öffentlich zu erklären; denn noch werden
H u g o G r o t i u s, P u f f e n d o r f , V a t t e l 1 u. a. m.
(lauter leidige Tröster), obgleich ihr Codex, philosophisch oder
diplomatisch abgefaßt, nicht die mindeste g e s e t z l i c h e Kraft
hat, oder auch nur haben kann (weil Staaten als solche nicht unter einem
gemeinschaftlichen äußeren Zwange stehen), immer treuherzig zur R e
c h t f e r t i g u n g eines Kriegsangriffs angeführt, ohne daß es
ein Beyspiel giebt, daß jemals ein Staat durch mit Zeugnissen so wichtiger
Männer bewaffnete Argumente wäre bewogen worden, von seinem Vorhaben
abzustehen. - Diese Huldigung, die jeder Staat dem Rechtsbegriffe (wenigstens
den Worten nach) leistet, beweist doch, daß eine noch größere,
obzwar zur Zeit schlummernde, moralische Anlage im Menschen anzutreffen sey, über
das böse Princip in ihm (was er nicht ableugnen kann) doch einmal Meister
zu werden, und dies auch von andern zu hoffen; denn sonst würde das Wort
R e c h t den Staaten, die sich einander befehden wollen, nie in den Mund
kommen, es sey denn, bloß um seinen Spott damit zu treiben, wie jener
gallische Fürst es er-[33/34]klärte: Es ist der Vorzug, den die
Natur dem Stärkern über den Schwächern gegeben hat, daß
dieser ihm gehorchen soll."
Da die Art, wie Staaten ihr Recht verfolgen, nie, wie bey einem äußern
Gerichtshofe, der Proceß, sondern nur der Krieg seyn kann, durch diesen
aber und seinen günstigen Ausschlag, den S i e g, das Recht nicht
entschieden wird, und durch den F r i e d e n s v e r t r a g zwar wohl dem
diesmaligen Kriege, aber nicht dem Kriegszustande (immer zu einem neuen Vorwand
zu finden) ein Ende gemacht wird (den man auch nicht geradezu für ungerecht
erklären kann, weil in diesem Zustande jeder in seiner eigenen Sache
Richter ist), gleichwohl aber von Staaten, nach dem Völkerrecht, nicht eben
das gelten kann, was von Menschen im gesetzlosen Zustande nach dem Naturrecht
gilt, aus diesem Zustande herausgehen zu sollen" (weil sie, als
Staaten, innerlich schon eine rechtliche Verfassung haben, und also dem Zwange
anderer, sie nach ihren Rechtsbegriffen unter eine erweiterte gesetzliche
Verfassung zu bringen, entwachsen sind), indessen daß doch die Vernunft
vom Throne der höchsten moralisch gesetzgebenden [34/35] Gewalt herab, den
Krieg als Rechtsgang schlechterdings verdammt, den Friedenszustand dagegen zur
unmittelbaren Pflicht macht welcher doch, ohne einen Vertrag der Völker
unter sich, nicht gestiftet oder gesichert werden kann: - so muß es einen
B u n d von besonderer Art geben, den man den F r i e d e n s b u n d
(foedus pacificum) nennen kann, der vom F r i e d e n s v e r t r a g
(pactum pacis) darin unterschieden seyn würde, daß dieser bloß
e i n e n Krieg, jener aber a l l e Kriege auf immer zu endigen suchte.
Dieser Bund geht auf keinen Erwerb irgend einer Macht des Staats, sondern
lediglich auf Erhaltung und Sicherung der F r e y h e i t eines Staats, für
sich selbst und zugleich anderer verbündeten Staaten, ohne daß diese
doch sich deshalb (wie Menschen im Naturzustande) öffentlichen Gesetzen,
und einem Zwange unter denselben, unterwerfen dürfen. - Die Ausführbarkeit
(objektive Realität) dieser Idee der F ö d e r a l i t ä t, die
sich allmählig über alle Staaten erstrecken soll, und so zum ewigen
Frieden hinführt, läßt sich darstellen. Denn wenn das Glück
es so fügt: daß ein mächtiges und aufgeklärtes Volk sich zu
[35/36] einer Republik (die ihrer Natur nach zum ewigen Frieden geneigt seyn muß)
bilden kann, so gibt diese einen Mittelpunkt der föderativen Vereinigung für
andere Staaten ab, um sich an sie anzuschließen, und so den
Freyheitszustand der Staaten, gemäß der Idee des Völkerrechts,
zu sichern, und sich durch mehrere Verbindungen dieser Art nach und nach immer
weiter auszubreiten.
Daß ein Volk sagt: es soll unter uns kein Krieg
seyn; denn wir wollen uns in einen Staat formieren, d. i. uns selbst eine
oberste gesetzgebende, regierende und richtende Gewalt setzen, die unsere
Streitigkeiten friedlich ausgleicht" - das läßt sich verstehen.
- - Wenn aber dieser Staat sagt: es soll kein Krieg zwischen mir und
andern Staaten seyn, obgleich ich keine oberste gesetzgebende Gewalt erkenne,
die mir mein und der ich ihr Recht sichere," so ist es gar nicht zu
verstehen, worauf ich dann das Vertrauen zu meinem Rechte gründen wolle,
wenn es nicht das Surrogat des bürgerlichen Gesellschaftsbundes, nämlich
der freye Föderalism ist, den die Vernunft mit dem Begriffe [36/37] des Völkerrechts
nothwendig verbinden muß, wenn überall etwas dabey zu denken übrigbleiben
soll.
Bey dem Begriffe des Völkerrechts, als eines Rechts z u m
Kriege, läßt sich eigentlich gar nichts denken (weil es ein Recht
seyn soll, nicht nach allgemein gültigen äußern, die Freyheit
jedes Einzelnen einschränkenden Gesetzen, sondern nach einseitigen Maximen
durch Gewalt, was Recht sey, zu bestimmen), es müßte denn darunter
verstanden werden: daß Menschen, die so gesinnet sind, ganz recht
geschieht, wenn sie sich unter einander aufreiben, und also den ewigen Frieden
in dem weiten Grabe finden, das alle Gräuel der Gewaltthätigkeit sammt
ihren Urhebern bedeckt. - Für Staaten, im Verhältnisse unter einander,
kann es nach der Vernunft keine andere Art geben, aus dem gesetzlosen Zustande,
der lauter Krieg enthält, herauszukommen, als daß sie, ebenso wie
einzelne Menschen, ihre wilde (gesetzlose) Freyheit aufgeben, sich zu öffentlichen
Zwangsgesetzen bequemen, und so einen (freylich immer wachsenden) V ö l k
e r st a a t (ciuitas gentium), der [37/38] zuletzt alle Völker der Erde
befassen würde, bilden. Da sie dieses aber nach ihrer Idee vom Völkerrecht
durchaus nicht wollen, mithin, was in thesi richtig ist, in hypothesi verwerfen,
so kann an die Stelle der positiven Idee e i n e r W e l t r e p u b l i k
(wenn nicht alles verlohren werden soll) nur das n e g a t i v e Surrogat
eines den Krieg abwehrenden, bestehenden, und sich immer ausbreitenden B u n d
e s, den Strom der rechtscheuenden, feindseligen Neigung aufhalten, doch mit
beständiger Gefahr ihres Ausbruchs (Furor impius intus - fremit horridus
ore cruento. Virgil.)*).
*) Nach einem beendigten Kriege, beym Friedensschlusse, möchte
es wohl für ein Volk nicht unschicklich seyn, daß nach dem Dankfeste
ein Bußtag ausgeschrieben würde, den Himmel, im Namen des Staats, um
Gnade für die große Versündigung anzurufen, die das menschliche
Geschlecht sich noch immer zu Schulden kommen läßt, sich keiner
gesetzlichen Verfassung, im Verhältnis auf andere Völker, fügen
zu wollen, sondern stolz auf seine Unabhängigkeit lieber das barbarische
Mittel des Krieges (wodurch doch das, was gesucht wird, nämlich das Recht
eines jeden Staats nicht ausgemacht wird) zu gebrauchen. - Die Dankfeste während
dem Kriege über einen erfochtenen S i e g, die Hymnen, die [38/39] [(]auf
gut israelitisch) dem H e r r n d e r H e e r s c h a a r e n gesungen
werden, stehen mit der moralischen Idee des Vaters der Menschen in nicht minder
starkem Contrast; weil sie außer der Gleichgültigkeit wegen der Art,
wie Völker ihr gegenseitiges Recht suchen (die traurig genug ist), noch
eine Freude hineinbringen, recht viel Menschen, oder ihr Glück zernichtet
zu haben.
E
s ist hier, wie in den vorigen Artikeln, nicht von
Philanthropie, sondern vom Recht die Rede, und da bedeutet H o s p i t a l i t ä
t (Wirtbarkeit) das Recht eines Fremdlings, seiner Ankunft auf dem Boden eines
andern wegen, von diesem nicht feindselig behandelt zu werden. Dieser kann ihn
abweisen, wenn es ohne seinen Untergang geschehen kann; so lange er aber auf
seinem Platz sich friedlich verhält, ihm nicht feindlich begegnen. Es ist
kein G a s t r e c h t, worauf dieser Anspruch machen kann (wozu ein besonderer
wohlthätiger Vertrag erfordert werden würde, ihn auf eine gewisse Zeit
zum Hausgenossen zu machen), sondern ein Besuchsrecht, welches allen Menschen
zusteht, sich zur Gesellschaft anzubieten, vermöge des Rechts des
gemeinschaftlichen Besitzes der Oberfläche der [40/41] Erde, auf der, als
Kugelfläche, sie sich nicht ins Unendliche zerstreuen können, sondern
endlich sich doch neben einander dulden zu müssen, ursprünglich aber
niemand an einem Orte der Erde zu seyn, mehr Recht hat, als der Andere. -
Unbewohnbare Theile dieser Oberfläche, das Meer und die Sandwüsten,
trennen diese Gemeinschaft, doch so, daß das S ch i ff, oder das Kameel
(das S ch i ff der Wüste) es möglich machen, über diese
herrenlose Gegenden sich einander zu nähern, und das Recht der Oberfläche,
welches der Menschengattung gemeinschaftlich zukommt, zu einem möglichen
Verkehr zu benutzen. Die Unwirthbarkeit der Seeküsten (z. B. der
Barbaresken), Schiffe in nahen Meeren zu rauben, oder gestrandete Schiffsleute
zu Sklaven zu machen, oder die der Sandwüsten (der arabischen Beduinen),
die Annäherung zu den nomadischen Stämmen als ein Recht anzusehen, sie
zu plündern, ist also dem Naturrecht zuwider, welches Hospitalitätsrecht
aber, d. i. die Befugnis der fremden Ankömmlinge, sich nicht weiter
erstreckt, als auf die Bedingungen der Möglichkeit, einen Verkehr mit den
alten Einwohnern zu v e r s u ch e n. - Auf diese [41/42] Art können
entfernte Welttheile mit einander friedlich in Verhältnisse kommen, die
zuletzt öffentlich gesetzlich werden, und so das menschliche Geschlecht
endlich einer weltbürgerlichen Verfassung immer näher bringen können.
Vergleicht man hiemit das i n h o s p i t a l e Betragen der
gesitteten, vornehmlich handeltreibenden Staaten unseres Welttheils, so geht die
Ungerechtigkeit, die sie in dem B e s u ch e fremder Länder und Völker
(welches ihnen mit dem E r o b e r n derselben für einerley gilt) beweisen,
bis zum Erschrecken weit. Amerika, die Negerländer, die Gewürzinseln,
das Kap etc. waren, bey ihrer Entdeckung, für sie Länder, die keinem
angehörten; denn die Einwohner rechneten sie für nichts. In Ostindien
(Hindustan brachten sie, unter dem Vorwande blos beabsichtigter
Handelsniederlagen, fremde Kriegesvölker hinein, mit ihnen aber Unterdrückung
der Eingebohrnen, Aufwiegelung der verschiedenen Staaten desselben zu weit
ausgebreiteten Kriegen, Hungersnoth, Aufruhr, Treulosigkeit, und wie die Litaney
aller Uebel, die das menschliche Geschlecht drücken, weiter lauten mag.
[42/43]
China* und Japan (Nipon), die den Versuch mit solchen Gästen
gemacht hatten, ha-
* Um dieses große Reich mit dem Namen, womit es sich
selbst benennt, zu schreiben (nämlich C h i n a, nicht Sina, oder einen
diesem ähnlichen Laut), darf man nur Georgii Alphab. Tibet. pag. 651-654,
vornehmlich Nota b unten, nachsehen. - Eigentlich führt es, nach des
Petersb. Prof. F i s ch e r Bemerkung, keinen bestimmten Namen, womit es sich
selbst benennt; der gewöhnlichste ist noch der des Worts Kin, nämlich
Gold (welches die Tibetaner mit Ser ausdrücken), daher der Kayser König
des G o l d e s (des herrlichsten Landes von der Welt) genannt wird, welches
Wort wohl im Reiche selbst wie Chin lauten, aber von den italiänischen
Missionarien (des Gutturalbuchstabens wegen), wie Kin ausgesprochen seyn mag. -
Hieraus ersieht man dann, daß das von den Römern sogenannte Land der
S e r e r China war, die Seide aber über G r o ß-T i b e t
(vermuthlich durch K l e i n-T i b e t und die Bucharey über Persien, so
weiter) nach Europa gefördert worden, welches zu manchen Betrachtungen über
das Alterthum dieses erstaunlichen Staats, in Vergleichung mit dem von
Hindustan, bey der Verknüpfung mit T i b e t, und durch dieses, mit Japan,
hinleitet; indessen daß der Nahme Sina oder Tschina, den die Nachbarn
diesem Lande geben sollen, zu nichts hinführt. - - Vielleicht läßt
sich auch die uralte, ob zwar nie recht bekannt gewordene Gemeinschaft [43/44]
ben daher weislich, jenes zwar den Zugang, aber nicht den
Eingang, dieses auch den ersteren
[Fortsetzung der Anmerkung von S. 43] Europens mit Tibet aus
dem, was uns H e s y ch i u s hievon aufbehalten hat, nämlich dem Zuruf
K
o
n
x
O
m
p
a
x
(Konx Ompax) des Hierophanten in den Eleusinischen Geheimnissen
erklären (S. Reise des jüngern Anacharsis, 5ter Theil, S.447 u. f.) -
Denn nach Georgii Alph. Tibet. bedeutet das Wort Concioa G o t t, welches eine
auffallende Ähnlichkeit mit Konx hat, Pah-cio (ib. p. 520), welches von den
Griechen leicht wie pax ausgesprochen werden konnte, promulgator legis, die
durch die ganze Natur vertheilte Gottheit (auch Cenresi genannt, p. 177.) - Om
aber, welches La Croze durch benedictus, g e s e g n e t, übersetzt, kann,
auf die Gottheit angewandt, wohl nichts anders als den S e l i g g e p r i e s e
n e n bedeuten, p. 507. Da nun P. F r a n z. H o r a t i u s von den
Tibetanischen L h a m a´s, die er oft befrug, was sie unter Gott (Concioa)
verständen, jederzeit die Antwort bekam: e s i s t d i e V e r s a
m m l u n g a l l e r H e i l i g e n" (d. i. der seligen durch die
Lamaische Wiedergeburt, nach vielen Wanderungen durch allerley Körper,
endlich in die Gottheit zurückgekehrten, in B u r ch a n e, d. i.
anbetungswürdige Wesen, verwandelten Seelen (p. 223), so wird jenes
geheimnisvolle Wort, Konx Ompax, wohl das h e i l i g e )Konx), selige (Om) und
weise (Pax), durch die Welt überall verbreitete höchste Wesen (die
personifizierte Natur) bedeuten [44/45]
nur einem einzigen europäischen Volk, den Holländern,
erlaubt, die sie aber doch dabey, wie Gefangene, von der Gemeinschaft mit den
Eingebohrnen ausschließen. Das Aergste hiebey (oder, aus dem Standpunkte
eines moralischen Richters betrachtet, das Beste) ist, daß sie dieser
Gewaltthätigkeit nicht einmal froh werden, daß alle diese
Handlungsgesellschaften auf dem Punkte des nahen Umsturzes stehen, daß die
Zuckerinseln, dieser Sitz der allergrausamsten und ausgedachtesten Sklaverey,
keinen wahren Ertrag abwerfen, sondern nur mittelbar, und zwar zu einer nicht
sehr löblichen Absicht, nämlich zu Bildung der Matrosen für
Kriegsflotten, und also wieder zu Führung der Kriege in Europa dienen, und
dieses möchten, die von der
[Fortsetzung der Anmerkung von S. 44] sollen, und in den
griechischen M y st e r i e n gebraucht, wohl den M o n o t h e i s m für
die Epopten, im Gegensatz mit dem P o l y t h e i s m des Volks angedeutet
haben; obwohl P. H o r a t i u s (a. a. O.) hierunter einen A t h e i s m
witterte. - Wie aber jenes geheimnisvolle Wort über die Tibet zu den
Griechen gekommen, läßt sich auf obige Art erklären und
umgekehrt dadurch auch das frühe Verkehr Europens mit China über Tibet
(vielleicht eher noch als mit Hindustan) wahrscheinlich machen. [45/46]
Frömmigkeit viel Werks machen, und, indem sie Unrecht wie
Wasser trinken, sich in der Rechtgläubigkeit für Auserwählte
gehalten wissen wollen.
Da es nun mit der unter den Völlern [!] der Erde einmal
durchgängig überhand genommenen (engeren oder weiteren) Gemeinschaft
so weit gekommen ist, daß die Rechtsverletzung an e i n e m Platz der
Erde an a l l e n gefühlt wird: so ist die Idee eines Weltbürgerrechts
keine phantastische und überspannte Vorstellungsart des Rechts, sondern
eine nothwendige Ergänzung des ungeschriebenen Codex, sowohl des Staats-
als Völkerrechts zum öffentlichen Menschenrechte überhaupt, und
so zum ewigen Frieden, zu dem man sich in der continuirlichen Annäherung zu
befinden, nur unter dieser Bedingung schmeicheln darf. [46/47]
D
as, was diese G e w ä h r (Garantie) leistet, ist nichts
Geringeres als die große Künstlerin, N a t u r (natura daedala
rerum), aus deren mechanischem Laufe sichtbarlich Zweckmäßigkeit
hervorleuchtet, durch die Zwietracht der Menschen Eintracht selbst wider ihren
Willen emporkommen zu lassen, und darum, gleich als Nöthigung einer ihren
Wirkungsgesetzen nach uns unbekannten Ursache, S ch i ck s a l, bey Erwägung
aber ihrer Zweckmäßigkeit im Laufe der Welt, als tiefliegende
Weisheit einer höheren, auf den objectiven Endzweck des menschlichen
Geschlechts gerichteten, und diesen Weltlauf prädeterminirenden Ursache V o
r s e h u n g*)
*) Im Mechanism der Natur, wozu der Mensch (als Sinnenwesen) mit
gehört, zeigt sich eine ihrer Existenz schon zum Grunde liegende Form, die
wir uns nicht anders begreiflich machen können, als indem wir ihr den Zweck
eines sie vorher bestimmenden Welturhebers unterlegen, dessen Vorherbestimmung
[47/48]
genannt wird, die wir zwar eigentlich nicht an diesen
Kunstanstalten der Natur e r k e n n e n,
[Fortsetzung der Anmerkung von S. 47] wir die (göttliche)
V o r s e h u n g überhaupt, und, sofern sie in den A n f a n g der Welt
gelegt wird, die g r ü n d e n d e (prouidentia conditrix; semel iussit,
semper parent, Augustin.), im Laufe der Natur aber diesen nach allgemeinen
Gesetzen der Zweckmäßigkeit zu erhalten, die w a l t e n d e V o r
s e h u n g (prouidentia gubernatrix), ferner zu besonderen, aber von dem
Menschen nicht vorherzusehenden, sondern nur aus dem Erfolg vermutheten Zwecken,
die l e i t e n d e (prouidentia directrix), endlich sogar in Ansehung
einzelner Begebenheiten, als göttlicher Zwecke, nicht mehr Vorsehung,
sondern F ü g u n g (directio extraordinaria) nennen, welche aber (da sie
in der Tat auf Wunder hinweiset, obgleich die Begebenheiten nicht so genannt
werden) als solche erkennen zu wollen, thörigte Vermessenheit des Menschen
ist; weil aus einer einzelnen Begebenheit auf ein besonderes Princip der
wirkenden Ursache (daß diese Begebenheit Zweck, und nicht bloß
naturmechanische Nebenfolge aus einem anderen uns ganz unbekannten Zwecke sey)
zu schließen ungereimt und voll Eigendünkel ist, so fromm und demüthig
auch die Sprache hierüber lauten mag. - Eben so ist auch die Einteilung der
Vorsehung (m a t e r i a l i t e r betrachtet), wie sie auf G e g e n st ä
n d e in der Welt geht, in die a ll g e m e i n e und b e s o n d e r e,
falsch und sich selbst widersprechend (daß sie z. B. zwar eine [48/49]
oder auch nur daraus auf sie s ch l i e ß e n, sondern
(wie in aller Beziehung der Form der Din-
[Fortsetzung der Anmerkung von S. 48] Vorsorge zur Erhaltung der
Gattungen der Geschöpfe sey, die Individuen aber dem Zufall überlasse);
denn sie wird eben in der Absicht allgemein genannt, damit kein einziges Ding
als davon ausgenommen gedacht werde. - Vermuthlich hat man hier die Eintheilung
der Vorsehung (f o r m a l i t e r betrachtet) nach der Art der Ausführung
ihrer Absicht gemeynt: nämlich in o r d e n t l i ch e (z. B. das jährliche
Sterben und Wiederaufleben der Natur nach dem Wechsel der Jahreszeiten) und a u
ß e r o r d e n t l i ch e (z. B. die Zuführung des Holzes an die
Eisküsten, das da nicht wachsen kann, durch die Meerströme, für
die dortigen Einwohner, die ohne das nicht leben konnten), wo, ob wir gleich die
physisch-mechanische Ursache dieser Erscheinungen uns gut erklären können
(z. B. durch die mit Holz bewachsene Ufer der Flüsse der temperierten Länder,
in welche jene Bäume hineinfallen und etwa durch den Gulfstrom weiter
verschleppt werden), wir dennoch auch die teleologische nicht übersehen müssen,
die auf die Vorsorge einer über die Natur gebietenden Weisheit hinweiset. -
Nur was den in den Schulen gebräuchlichen Begriff eines göttlichen B
e y t r i t t s, oder Mitwirkung (concursus) zu einer Wirkung in der Sinnenwelt
betrifft, so muß dieser wegfallen. Denn das Ungleichartige paaren wollen
(gryphes jungere equis) und den, der selbst die vollständige Ursache der
Welt- [49/50]
ge auf Zwecke überhaupt) nur h i n z u d e n k e n können
und müssen, um uns von ihrer Mög-
[Fortsetzung der Anmerkung von S. 49] veränderungen ist,
seine eigene prädeterminirende Vorsehung während dem Weltlaufe e r g ä
n z e n zu lassen (die also mangelhaft gewesen seyn müßte), z. B. zu
sagen, daß n ä ch s t G o t t der Arzt den Kranken zurecht
gebracht habe, also als Beystand dabey gewesen sey, ist E r st l i ch an sich
widersprechend. Denn causa solitaria non iuuat. Gott ist der Urheber des
Arztes sammt allen seinen Heilmitteln, und so muß ihm, wenn man ja bis zum
höchsten, uns theoretisch unbegreiflichen Urgrunde hinaufsteigen will, die
Wirkung g a n z zugeschrieben werden. Oder man kann sie auch g a n z dem
Arzt zuschreiben, so fern wir diese Begebenheit als nach der Ordnung der Natur
erklärbar in der Kette der Weltursachen verfolgen. Z w e y t e n s bringt
eine solche Denkungsart auch um alle bestimmte Principien der Beurtheilung eines
Effekts. Aber in m o r a l i s ch - p r a k t i s ch e r Absicht (die also
ganz aufs Uebersinnliche gerichtet ist), z. B. in dem Glauben, daß Gott
den Mangel unserer eigenen Gerechtigkeit, wenn nur unsere Gesinnung ächt
war, auch durch uns unbegreifliche Mittel ergänzen werde, wir also in der
Bestrebung zum Guten nichts nachlassen sollen, ist der Begriff des göttlichen
Concursus ganz schicklich und sogar nothwendig; wobey es sich aber von selbst
versteht, daß niemand eine gute Handlung (als Begebenheit in der Welt)
hieraus zu e r k l ä r e n ver-[50/51]
lichkeit, nach der Analogie menschlicher Kunsthandlungen, einen
Begriff zu machen, deren Verhältnis und Zusammenstimmung aber zu dem
Zwecke, den uns die Vernunft unmittelbar vorschreibt (dem moralischen), sich
vorzustellen eine Idee ist, die zwar in t h e o r e t i s ch e r Absicht überschwenglich,
in praktischer aber (z. B. in Ansehung des Pflichtbegriffs vom e w i g e n F
r i e d e n, um jenen Mechanism der Natur dazu zu benutzen) dogmatisch und ihrer
Realität nach wohl gegründet ist. - Der Gebrauch des Worts N a t u r
ist auch, wenn es, wie hier, bloß um Theorie (nicht um Religion) zu thun
ist, schicklicher für die Schranken der menschlichen Vernunft (als die sich
in Ansehung des Verhältnisses der Wirkungen zu ihren Ursachen, innerhalb
den Grenzen möglicher Erfahrung halten muß), und b e s ch e i d e n e
r, als der Ausdruck einer für uns erkennbaren V o r s e h u n g, mit dem
man sich vermessenerweise ikarische Flügel ansetzt, um dem Geheimnis ihrer
unergründlichen Absicht näher zu kommen.
[Fortsetzung der Anmerkung von S. 50] suchen muß, welches
ein vorgebliches theoretisches Erkenntnis des Uebersinnlichen, mithin ungereimt
ist. [51/52]
Ehe wir nun diese Gewährleistung näher bestimmen, wird
es nöthig seyn, vorher den Zustand nachzusuchen, den die Natur für die
auf ihrem großen Schauplatz handelnden Personen veranstaltet hat, der ihre
Friedenssicherung zuletzt notwendig macht; - alsdann aber allererst die Art, wie
sie diese leiste.
Ihre provisorische Veranstaltung besteht darin: daß sie 1)
für die Menschen in allen Erdgegenden gesorgt hat, daselbst leben zu können;
- 2) sie durch K r i e g allerwärts hin, selbst in die unwirthbarsten
Gegenden, getrieben hat, um sie zu bevölkern; - 3) durch eben denselben sie
in mehr oder weniger gesetzliche Verhältnisse zu treten genöthigt hat.
- Daß in den kalten Wüsten am Eismeer noch das Moos wächst,
welches das R e n n t h i e r unter dem Schnee hervorscharrt, um selbst die
Nahrung, oder auch das Angespann des Ostiaken oder Samojeden zu seyn; oder daß
die salzigten Sandwüsten doch noch dem Cameel, welches zu Bereisung
derselben gleichsam geschaffen zu seyn scheint, um sie nicht unbenutzt zu
lassen, enthalten, ist schon bewundernswürdig. Noch deutlicher aber
leuchtet der Zweck hervor, wenn [52/53] man gewahr wird, wie außer den
bepelzten Thieren am Ufer des Eismeeres, noch Robben, Wallrosse und Wallfische
an ihrem Fleische Nahrung, und mit ihrem Thran Feurung für die dortigen
Anwohner darreichen. Am meisten aber erregt die Vorsorge der Natur durch das
Treibholz Bewunderung, was sie (ohne daß man recht weiß, wo es
herkommt) diesen gewächslosen Gegenden zubringt, ohne welches Material sie
weder ihre Fahrzeuge und Waffen, noch ihre Hütten zum Aufenthalt zurichten
könnten; wo sie dann mit dem Kriege gegen die Thiere gnug zu thun haben, um
unter sich friedlich zu leben. - - Was sie aber d a h i n g e t r i e b e n
hat, ist vermuthlich nichts anders als der Krieg gewesen. Das erste K r i e g s
w e r k z e u g aber unter allen Thieren, die der Mensch binnen der Zeit der
Erdbevölkerung, zu zähmen und häuslich zu machen gelernt hatte,
ist das P f e r d (denn der Elephant gehört in die spätere Zeit, nämlich
des Luxus schon errichteter Staaten), so wie die Kunst, gewisse, für uns
jetzt, ihrer ursprünglichen Beschaffenheit nach, nicht mehr erkennbare
Grasarten, Getraide genannt, anzubauen, ingleichen die Verviel-[53/54]fältigung
und Verfeinerung der O b s t a r t e n durch Verpflanzung und Einpfropfung
(vielleicht in Europa bloß zweyer Gattungen, der Holzäpfel und
Holzbirnen), nur im Zustande schon errichteter Staaten, wo gesichertes
Grundeigenthum statt fand, entstehen konnte, - nachdem die Menschen vorher in
gesetzloser Freyheit von dem Jagd-*), Fischer- und Hirtenleben bis zum A c k e
r l e b e n durchgedrungen waren, und nun S a l z und E i s e n erfunden
ward, vielleicht
*) Unter allen Lebensweisen ist das J a g d l e b e n ohne
Zweifel der gesitteten Verfassung am meisten zuwider; weil die Familien, die
sich da vereinzelnen müssen, einander bald f r e m d und sonach in weitläuftigen
Wäldern zerstreut, auch bald f e i n d s e l i g werden, da eine jede zu
Erwerbung ihrer Nahrung und Kleidung viel Raum bedarf. - Das N o a ch i s ch e
B l u t v e r b o t, 1. M. IX, 4-6 (welches, öfters wiederholt, nachher
gar den neuangenommenen Christen aus dem Heidenthum, obzwar in anderer Rücksicht,
von den Judenchristen zur Bedingung gemacht wurde, Apost. Gesch. XV, 20. XXI,
25 -) scheint uranfänglich nichts anders, als das Verbot des J ä g e
r l e b e n s gewesen zu seyn; weil in diesem der Fall, das Fleisch roh zu
essen, oft eintreten muß, mit dem letzteren also das erstere zugleich
verboten wird. [54/55]
die ersteren weit und breit gesuchten Artikel eines
Handelsverkehrs verschiedener Völker wurden, wodurch sie zuerst in ein f r
i e d l i ch e s V e r h ä l t n i s gegen einander, und so, selbst mit
Entfernteren, in Einverständnis, Gemeinschaft und friedliches Verhältnis
unter einander gebracht wurden.
Indem die Natur nun dafür gesorgt hat, daß Menschen
allerwärts auf Erden leben k ö n n t e n, so hat sie zugleich auch
despotisch gewollt, daß sie allerwärts leben s o l l t e n,
wenngleich wider ihre Neigung, und selbst ohne daß dieses Sollen zugleich
einen Pflichtbegriff voraussetzte, der sie hiezu, vermittelst eines moralischen
Gesetzes, verbände, - sondern sie hat, zu diesem ihrem Zweck zu gelangen,
den Krieg gewählt. - Wir sehen nämlich Völker, die an der Einheit
ihrer Sprache die Einheit ihrer Abstammung kennbar machen, wie die S a m o j e
d e n am Eismeer einerseits, und ein Volk von ähnlicher Sprache,
zweyhundert Meilen davon entfernt, im A l t a i s ch e n Gebirge andererseits,
wozwischen sich ein anderes, nämlich mongalisches, berittenes und hiemit
kriegerisches Volk, gedrängt, und so jenen Theil ihres Stammes, [55/56]
weit von diesem, in die unwirthbarsten Eisgegenden, versprengt hat, wo sie gewis
nicht aus eigener Neigung sich hin verbreitet hätten *); - eben so die F i
n n e n in der nordlichsten Gegend von Europa, L a p p e n genannt, von den
jetzt eben so weit entfernten, aber der Sprache nach mit ihnen verwandten U n g
e r n, durch dazwischen eingedrungene Gothische und Sarmatische Völker
getrennt; und was kann wohl anders die E s k i m o s (vielleicht uralte europäische
Abentheurer, ein von allen Amerikanern
*) Man könnte fragen: Wenn die Natur gewollt hat, diese
Eisküsten sollten nicht unbewohnt bleiben, was wird aus ihren Bewohnern,
wenn sie ihnen dereinst (wie zu erwarten ist) kein Treibholz mehr zuführete?
Denn es ist zu glauben, daß, bey fortrückender Cultur, die Einsassen
der temperierten Erdstriche das Holz, was an den Ufern ihrer Ströme wächst,
besser benutzen, es nicht in die Ströme fallen, und so in die See
wegschwemmen lassen werden. Ich antworte: Die Anwohner des O b st r o m s, des
Jenisey, des Lena u. s. w. werden es ihnen durch Handel zuführen, und dafür
die Produkte aus dem Thierreich, woran das Meer an den Eisküsten so reich
ist, einhandeln; wenn sie (die Natur) nur allererst den Frieden unter ihnen
erzwungen haben wird. [56/57]
ganz unterschiedenes Geschlecht) im Norden, und die P e s ch e
r ä s, im Süden von Amerika, bis zum Feuerlande hingetrieben haben,
als der Krieg, dessen sich die Natur als Mittel bedient, die Erde allerwärts
zu bevölkern. Der Krieg aber selbst bedarf keines besondern
Bewegungsgrundes, sondern scheint auf die menschliche Natur gepfropft zu seyn,
und sogar als etwas Edles, wozu der Mensch durch den Ehrtrieb, ohne eigennützige
Triebfedern, beseelt wird, zu gelten: so daß K r i e g e s m u t h (von
amerikanischen Wilden sowohl, als den europäischen, in den Ritterzeiten)
nicht bloß, w e n n Krieg ist (wie billig), sondern auch, d a ß
Krieg sey, von unmittelbarem großem Werth zu seyn geurtheilt wird, und er
oft, bloß um jenen zu zeigen, angefangen, mithin an dem Kriege an sich
selbst eine innere W ü r d e gesetzt wird, sogar daß ihm auch wohl
Philosophen, als einer gewissen Veredlung der Menschheit, eine Lobrede halten,
uneingedenk des Ausspruchs jenes Griechen: Der Krieg ist darin schlimm,
daß er mehr böse Leute macht, als er deren wegnimmt." - So viel
von dem, was die Natur f ü r i h r e n e i g e n e n Z w e ck, in
Anse-[57/58]hung der Menschengattung als einer Thierklasse, thut.
Jetzt ist die Frage, die das Wesentliche der Absicht auf den
ewigen Frieden betrifft: Was die Natur in dieser Absicht, Beziehungsweise
auf den Zweck, den dem Menschen seine eigene Vernunft zur Pflicht macht, mithin
zur Begünstigung seiner m o r a l i s ch e n A b s i ch t thue, und wie
sie die Gewähr leiste, daß dasjenige, was der Mensch nach
Freyheitsgesetzen thun s o l l t e, aber nicht thut, dieser Freyheit
unbeschadet auch durch einen Zwang der Natur, daß er es thun w e r d e,
gesichert sey, und zwar nach allen drey Verhältnissen des öffentlichen
Rechts, des S t a a t s-, V ö l k e r- und w e l t b ü r g e r l i
ch e n R e ch t s." - Wenn ich von der Natur sage: s i e w i l l, daß
dieses oder jenes geschehe, so heißt das nicht soviel, als: sie legt uns
eine Pflicht auf, es zu thun (denn das kann nur die zwangsfreye praktische
Vernunft), sondern sie t h u t es selbst, wir mögen wollen oder nicht
(fata volentem ducunt, nolentem trahunt).
1. Wenn ein Volk auch nicht durch innere Mishelligkeit genöthigt
würde, sich unter den [58/59] Zwang öffentlicher Gesetze zu begeben,
so würde es doch der Krieg von außen thun, indem, nach der vorher erwähnten
Naturanstalt, ein jedes Volk ein anderes, es drängende Volk zum Nachbar vor
sich findet, gegen das es sich innerlich zu einem S t a a t bilden muß,
um, als M a ch t, gegen diesen gerüstet zu sein. Nun ist die r e p u b l
i k a n i s ch e Verfassung die einzige, welche dem Recht der Menschen
vollkommen angemessen, aber auch die schwerste zu stiften, vielmehr noch zu
erhalten ist, dermaßen, daß viele behaupten, es müsse ein Staat
von E n g e l n seyn, weil Menschen mit ihren selbstsüchtigen Neigungen
einer Verfassung von so sublimer Form nicht fähig wären. Aber nun
kommt die Natur dem verehrten, aber zur Praxis ohnmächtigen allgemeinen, in
der Vernunft gegründeten Willen, und zwar gerade durch jene selbstsüchtige
Neigungen, zu Hülfe, so, daß es nur auf eine gute Organisation des
Staats ankommt (die allerdings im Vermögen der Menschen ist), jener ihre Kräfte
so gegen einander zu richten, daß eine die anderen in ihrer zerstöhrenden
Wirkung aufhält, oder diese aufhebt: so daß der Erfolg für die
Vernunft so [59/60] ausfällt, als wenn beyde gar nicht da wären, und
so der Mensch, wenn gleich nicht ein moralisch-guter Mensch, dennoch ein guter Bürger
zu seyn gezwungen wird. Das Problem der Staatserrichtung ist, so hart wie es
auch klingt, selbst für ein Volk von Teufeln (wenn sie nur Verstand haben),
auflösbar und lautet so: Eine Menge von vernünftigen Wesen, die
insgesamt allgemeine Gesetze für ihre Erhaltung verlangen, deren jedes aber
in Geheim sich davon auszunehmen geneigt ist, so zu ordnen und ihre Verfassung
einzurichten, daß, obgleich sie in ihren Privatgesinnungen einander
entgegen streben, diese einander doch so aufhalten, daß in ihrem öffentlichen
Verhalten der Erfolg eben derselbe ist, als ob sie keine solche böse
Gesinnungen hätten." Ein solches Problem muß a u f l ö s l
i ch seyn. Denn es ist nicht die moralische Besserung der Menschen, sondern
nur der Mechanism der Natur, von dem die Aufgabe zu wissen verlangt, wie man ihn
an Menschen benutzen könne, um den Widerstreit ihrer unfriedlichen
Gesinnungen in einem Volk so zu richten, daß sie sich unter Zwangsgesetze
zu begeben einander selbst nöthigen, und so den Frie-[60/61]denszustand, in
welchem Gesetze Kraft haben, herbeyführen müssen. Man kann dieses auch
an den wirklich vorhandenen, noch sehr unvollkommen organisirten Staaten sehen,
daß sie sich doch im äußeren Verhalten dem, was die Rechtsidee
vorschreibt, schon sehr nähern, ob gleich das Innere der Moralität
davon sicherlich nicht die Ursache ist (wie denn auch nicht von dieser die gute
Staatsverfassung, sondern vielmehr umgekehrt, von der letzteren allererst die
gute moralische Bildung eines Volks zu erwarten ist), mithin der Mechanism der
Natur durch selbstsüchtige Neigungen, die natürlicherweise einander
auch äußerlich entgegen wirken, von der Vernunft zu einem Mittel
gebraucht werden kann, dieser ihrem eigenen Zweck, der rechtlichen Vorschrift,
Raum zu machen, und hiemit auch, soviel an dem Staat selbst liegt, den inneren
sowohl als äußeren Frieden zu befördern und zu sichern. - Hier
heißt es also: Die Natur w i l l unwiderstehlich, daß das Recht
zuletzt die Obergewalt erhalte. Was man nun hier verabsäumt zu thun, das
macht sich zuletzt selbst, obzwar mit viel Ungemächlichkeit. - Biegt
man das Rohr zu stark, so brichts; [61/62] und wer zu viel will, der will
nichts." B o u t e r w e k.
2. Die Idee des Völkerrechts setzt die A b s o n d e r un
g vieler von einander unabhängiger benachbarter Staaten voraus, und,
obgleich ein solcher Zustand an sich schon ein Zustand des Krieges ist (wenn
nicht eine föderative Vereinigung derselben dem Ausbruch der
Feindseligkeiten vorbeugt); so ist doch selbst dieser, nach der Vernunftidee,
besser als die Zusammenschmelzung derselben, durch eine die andere überwachsende,
und in eine Universalmonarchie übergehende Macht; weil die Gesetze mit dem
vergrößten Umfange der Regierung immer mehr an ihrem Nachdruck einbüßen,
und ein seelenloser Despotism, nachdem er die Keime des Guten ausgerottet hat,
zuletzt doch in Anarchie verfällt. Indessen ist dieses doch das Verlangen
jedes Staats (oder seines Oberhaupts), auf diese Art sich in den dauernden
Friedenszustand zu versetzen, daß er, wo möglich, die ganze Welt
beherrscht. Aber die N a t u r w il l es anders. - Sie bedient sich zweyer
Mittel, um Völker von der Vermischung abzuhalten und sie abzusondern, der
Verschiedenheit der [62/63] S p r a ch e n und der R e l i g i o n e n*),
die zwar den Hang zum wechselseitigen Hasse, und Vorwand zum Kriege bey sich führt,
aber doch bey anwachsender Cultur und der allmähligen Annäherung der
Menschen, zu größerer Einstimmung in Principien, zum Einverständnisse
in einem Frieden leitet, der nicht, wie jener Despotism (auf dem Kirchhofe der
Freyheit), durch Schwächung aller Kräfte, sondern durch ihr
Gleichgewicht, im lebhaftesten Wetteifer derselben, hervorgebracht und gesichert
wird.
*) V e r s ch i e d e n h e i t d e r R e l i g i o n e n:
ein wunderlicher Ausdruck! gerade, als ob man auch von verschiedenen Moralen spräche.
Es kann wohl verschiedene G l a u b e n s a r t e n historischer, nicht in
die Religion, sondern in die Geschichte der zu ihrer Beförderung
gebrauchten, ins Feld der Gelehrsamkeit einschlagender Mittel und ebenso
verschiedene R e l i g i o n s b ü ch e r (Zendavesta, Vedam, Koram u. s.
w.) geben, aber nur eine einzige, für alle Menschen und in allen Zeiten gültige
R e l i g i o n. Jene also können wohl nichts anders als nur das Vehikel
der Religion, was zufällig ist, und nach Verschiedenheit der Zeiten und
Oerter verschieden seyn kann, enthalten. [63/64]
3. So wie die Natur weislich die Völker trennt, welche der
Wille jedes Staats, und zwar selbst nach Gründen des Völkerrechts,
gern unter sich durch List oder Gewalt vereinigen möchte; so vereinigt sie
auch andererseits Völker, die der Begriff des Weltbürgerrechts gegen
Gewaltthätigkeit und Krieg nicht würde gesichert haben, durch den
wechselseitigen Eigennutz. Es ist der H a n d e l s g e i st, der mit dem
Kriege nicht zusammen bestehen kann, und der früher oder später sich
jedes Volks bemächtigt. Weil nämlich unter allen, der Staatsmacht
untergeordneten, Mächten (Mitteln), die G e l d m a ch t wohl die zuverläßigste
seyn möchte, so sehen sich Staaten (freylich wohl nicht eben durch
Triebfedern der Moralität) gedrungen, den edlen Frieden zu befördern,
und, wo auch immer in der Welt Krieg auszubrechen droht, ihn durch
Vermittelungen abzuwehren, gleich als ob sie deshalb im beständigen Bündnisse
ständen; denn große Vereinigungen zum Kriege können, der Natur
der Sache nach, sich nur höchst selten zutragen, und noch seltener glücken.
- Auf die Art garantirt die Natur, durch den Mechanism in den menschlichen
[64/65] Neigungen selbst, den ewigen Frieden; freylich mit einer Sicherheit, die
nicht hinreichend ist, die Zukunft desselben (theoretisch) zu w e i s s a g e
n, aber doch in praktischer Absicht zulangt, und es zur Pflicht macht, zu diesem
(nicht bloß schimärischen) Zwecke hinzuarbeiten. [65/66]
D
ie Moral ist schon an sich selbst eine Praxis in objectiver
Bedeutung, als Inbegriff von unbedingt gebietenden Gesetzen, nach denen wir
handeln s o l l e n, und es ist offenbare Ungereimtheit, nachdem man diesem
Pflichtbegriff seine Autorität zugestanden hat, noch sagen zu wollen, daß
man es doch nicht k ö n n e. Denn alsdann fällt dieser Begriff aus
der Moral von selbst weg (ultra posse nemo obligatur); mithin kann es keinen
Streit der Politik, als ausübender Rechtslehre, mit der Moral, als einer
[66/67] solchen, aber theoretischen (mithin keinen Streit der Praxis mit der
Theorie) geben:
man müßte denn unter der letzteren eine allgemeine K
l u g h e i t s l e h r e, d. i. eine Theorie der Maximen verstehen, zu seinen
auf Vortheil berechneten Absichten die tauglichsten Mittel zu wählen, d.i.
läugnen, daß es überhaupt eine Moral gebe.
Die Politik sagt: S e y d k l u g w i e d i e S ch
l a n g e n;" die Moral setzt (als einschränkende Bedingung) hinzu:
und o h n e F a l s ch w i e d i e T a u b e n ." Wenn beydes
nicht in einem Gebote zusammen bestehen kann, so ist wirklich ein Streit der
Politik mit der Moral; soll aber doch durchaus beydes vereinigt seyn, so ist der
Begriff vom Gegentheil absurd, und die Frage, wie jener Streit auszugleichen
sey, läßt sich gar nicht einmal als Aufgabe hinstellen. Obgleich der
Satz: E h r l i ch k e i t i s t d i e b e s t e P o l i t i k, eine
Theorie enthält, der die Praxis, leider! sehr häufig widerspricht: so
ist doch der gleichfalls theoretische: E h r l i ch k e i t i s t b e s s e
r d e n n a l l e P o l i t i k, über allen Einwurf unendlich
erhaben, ja die unumgängliche Bedingung der letzteren. Der [67/68]
Grenzgott der Moral weicht nicht dem Jupiter (dem Grenzgott der Gewalt); denn
dieser steht noch unter dem Schicksal, d. i. die Vernunft ist nicht erleuchtet
genug, die Reihe der vorherbestimmenden Ursachen zu übersehen, die den glücklichen
oder schlimmen Erfolg aus dem Thun und Lassen der Menschen, nach dem Mechanism
der Natur, mit Sicherheit vorher verkündigen (obgleich ihn dem Wunsche gemäß
hoffen) lassen. Was man aber zu thun habe, um im Gleise der Pflicht (nach Regeln
der Weisheit) zu bleiben, dazu und hiemit zum Endzweck leuchtet sie uns überall
hell genug vor.
Nun gründet aber der Praktiker (dem die Moral bloße
Theorie ist) seine trostlose Absprechung unserer gutmüthigen Hoffnung
(selbst bey eingeräumtem S o l l e n und K ö n n e n) eigentlich
darauf: daß er aus der Natur des Menschen vorherzusehen vorgibt, er w e r
d e dasjenige nie w o l l e n, was erfordert wird, um jenen zum ewigen Frieden
hinführenden Zweck zu Stande zu bringen. - Freylich ist das Wollen a l l e
r e i n z e l n e n Menschen, in einer gesetzlichen Verfassung nach
Freyheitsprinzipien zu leben (die d i s t r i b u t i v e Einheit des
Wil-[68/69]lens A l l e r), zu diesem Zweck nicht hinreichend, sondern daß
A l l e z u s a m m e n diesen Zustand wollen (die c o l l e k t i v e
Einheit des vereinigten Willens), diese Auflösung einer schweren Aufgabe,
wird noch dazu erfordert, damit ein Ganzes
der bürgerlichen Gesellschaft werde, und, da also über
diese Verschiedenheit des particularen Wollens Aller, noch eine vereinigende
Ursache desselben hinzukommen muß, um einen gemeinschaftlichen Willen
herauszubringen, welches Keiner von Allen vermag: so ist in der A u s f ü
b r u n g jener Idee (in der Praxis) auf keinen andern Anfang des rechtlichen
Zustandes zu rechnen, als den durch G e w a l t, auf deren Zwang nachher das öffentliche
Recht gegründet wird; welches dann freylich (da man ohnedem des
Gesetzgebers moralische Gesinnung hiebey wenig in Anschlag bringen kann, er
werde, nach geschehener Vereinigung der wüsten Menge in ein Volk, diesem es
nur überlassen, eine rechtliche Verfassung durch ihren gemeinsamen Willen
zustande zu bringen) große Abweichungen von jener Idee (der Theorie) in
der wirklichen Erfahrung schon zum voraus erwarten läßt. [69/70]
Da heißt es dann: wer einmal die Gewalt in Händen
hat, wird sich vom Volk nicht Gesetze vorschreiben lassen. Ein Staat, der
einmal im Besitz ist, unter keinen äußeren Gesetzen zu stehen, wird
sich in Ansehung der Art, wie er gegen andere Staaten sein Recht suchen soll,
nicht von ihrem Richterstuhl abhängig machen, und selbst ein Welttheil,
wenn er sich einem andern, der ihm übrigens nicht im Wege ist, überlegen
fühlt, wird das Mittel der Verstärkung seiner Macht, durch Beraubung
oder gar Beherrschung desselben, nicht unbenutzt lassen; und so zerrinnen nun
alle Plane der Theorie, für das Staats-, Völker- und Weltbürgerrecht,
in sachleere unausführbare Ideale, dagegen eine Praxis, die auf empirische
Principien der menschlichen Natur gegründet ist, welche es nicht für
zu niedrig hält, aus der Art, wie es in der Welt zugeht, Belehrung für
ihre Maximen zu ziehen, einen sicheren Grund für ihr Gebäude der
Staatsklugheit zu finden allein hoffen könne.
Freylich, wenn es keine Freyheit und darauf gegründetes
moralisches Gesetz giebt, sondern alles, was geschieht oder geschehen kann,
[70/71] bloßer Mechanism der Natur ist, so ist Politik (als Kunst, diesen
zur Regierung der Menschen zu benutzen) die ganze praktische Weisheit, und der
Rechtsbegriff ein sachleerer Gedanke. Findet man diesen aber doch unumgänglich
nöthig, mit der Politik zu verbinden, ja ihn gar zur einschränkenden
Bedingung der letztern zu erheben, so muß die Vereinbarkeit beyder eingeräumt
werden. Ich kann mir nun zwar einen m o r a l i s ch e n P o l i t i k e r,
d. i. einen, der die Principien der Staatsklugheit so nimmt, daß sie mit
der Moral zusammen bestehen können, aber nicht einen p o l i t i s ch e n
M o r a l i st e n denken, der sich eine Moral so schmiedet, wie es der
Vortheil des Staatsmanns sich zuträglich findet.
Der moralische Politiker wird es sich zum Grundsatz machen: wenn
einmal Gebrechen in der Staatsverfassung oder im Staatenverhältnis
angetroffen werden, die man nicht hat verhüten können, so sey es
Pflicht, vornehmlich für Staatsoberhäupter, dahin bedacht zu seyn, wie
sie, sobald wie möglich, gebessert, und dem Naturrecht, so wie es in der
Idee der Vernunft uns zum Muster vor Augen steht, angemessen [71/72] gemacht
werden könne: sollte es auch ihrer Selbstsucht Aufopferungen kosten. Da
nun die Zerreißung eines Bandes der Staats- oder Weltbürgerlichen
Vereinigung, ehe noch eine bessere Verfassung an die Stelle derselben zu treten
in Bereitschaft ist, aller, hierin mit der Moral einhelligen, Staatsklugheit
zuwider ist, so wäre es zwar ungereimt, zu fordern, jenes Gebrechen müsse
sofort und mit Ungestüm abgeändert werden; aber daß wenigstens
die Maxime der Notwendigkeit einer solchen Abänderung dem Machthabenden
innigst beywohne, um in beständiger Annäherung zu dem Zwecke (der nach
Rechtsgesetzen besten Verfassung) zu bleiben, das kann doch von ihm gefordert
werden. Ein Staat kann sich auch schon republikanisch r e g i e r e n, wenn er
gleich noch, der vorliegenden Constitution nach, despotische H e r r s ch e r m
a ch t besitzt: bis allmählig das Volk des Einflusses der bloßen
Idee der Autorität des Gesetzes (gleich als ob es physische Gewalt besäße)
fähig wird, und sonach zur eigenen Gesetzgebung (welche ursprünglich
auf Recht gegründet ist) tüchtig befunden wird. Wenn auch durch den
Ungestüm einer von der schlechten [72/73] Verfassung erzeugten R e v o l u
t i o n unrechtmäßigerweise eine gesetzmäßigere errungen
wäre, so würde es doch auch alsdann nicht mehr für erlaubt
gehalten werden müssen, das Volk wieder auf die alte zurück zu führen,
obgleich während derselben jeder, der sich damit gewaltthätig oder
arglistig bemengt, mit Recht den Strafen des Aufrührers unterworfen seyn würde.
Was aber das äußere Staatenverhältnis betrifft, so kann von
einem Staat nicht verlangt werden, daß er seine, obgleich despotische
Verfassung (die aber doch die stärkere in Beziehung auf äußere
Feinde ist) ablegen solle, solange er Gefahr läuft, von andern Staaten so
fort verschlungen zu werden; mithin muß bey jenem Vorsatz doch auch die
Verzögerung der Ausführung bis zu besserer Zeitgelegenheit erlaubt
seyn*).
*) Dies sind Erlaubnisgesetze der Vernunft, den Stand eines mit
Ungerechtigkeit behafteten öffentlichen Rechts noch so lange beharren zu
lassen, bis zur völligen Umwälzung alles entweder von selbst gereift,
oder durch friedliche Mittel der Reife nahe gebracht worden; weil doch irgend
eine r e ch t l i ch e, obzwar nur in geringem Grade rechtmäßige,
Verfassung [73/74]
Es mag also immer seyn: daß die despotisirenden (in der
Ausübung fehlenden) Moralisten wider die Staatsklugheit (durch übereilt
genommene oder angepriesene Maaßregeln) mannichfaltig verstoßen, so
muß sie doch die Erfahrung, bey diesem ihrem Verstoß wider die
Natur, nach und nach in ein besseres Gleis bringen; statt dessen die
moralisierenden Politiker, durch Beschönigung rechtswidriger
Staatsprincipien, unter dem Vorwande einer des Guten, nach der Idee, wie sie die
Vernunft vorschreibt, nicht f ä h i g e n menschlichen Natur, so viel an
ihnen ist, das Besserwerden u n m ö g l i ch m a ch e n, und die
Rechtsverletzung verewigen.
[Fortstzung der Anmerkung von S. 73] besser ist als gar keine,
welches letztere Schicksal (der Anarchie) eine ü b e r e i l t e Reform
treffen würde. - Die Staatsweisheit wird sich also in dem Zustande, worin
die Dinge jetzt sind, Reformen, dem Ideal des öffentlichen Rechts
angemessen, zur Pflicht machen: Revolutionen aber, wo sie die Natur von selbst
herbey führt, nicht zur Beschönigung einer noch größeren
Unterdrückung, sondern als Ruf der Natur benutzen, eine auf
Freyheitsprincipien gegründete gesetzliche Verfassung, als die einzige
dauerhafte, durch gründliche Reform zu Stande zu bringen. [74/75]
Statt der Praxis, deren sich diese staatsklugen Männer rühmen,
gehen sie mit P r a k t i k e n um, indem sie bloß darauf bedacht sind,
dadurch, daß sie der jetzt herrschenden Gewalt zum Munde reden (um ihren
Privatvorteil nicht zu verfehlen), das Volk, und, wo möglich, die ganze
Welt preiszugeben; nach der Art ächter Juristen (vom Handwerke, nicht von
der G e s e tz g e b u n g), wenn sie sich bis zur Politik versteigen. Denn da
dieser ihr Geschäfte nicht ist, über Gesetzgebung selbst zu vernünfteln,
sondern die gegenwärtige Gebote des Landrechts zu vollziehen, so muß
ihnen jede, jetzt vorhandene, gesetzliche Verfassung, und, wenn diese höhern
Orts abgeändert wird, die nun folgende, immer die beste seyn; wo dann alles
so in seiner gehörigen mechanischen Ordnung ist. Wenn aber diese
Geschicklichkeit, für alle Sättel gerecht zu seyn, ihnen den Wahn
einflößt, auch über Principien einer S t a a t s v e r f a s s
u n g überhaupt nach Rechtsbegriffen (mithin a priori, nicht empirisch)
urtheilen zu können: wenn sie darauf groß thun, M e n s ch e n zu
kennen (welches freylich zu erwarten ist, weil sie mit vielen zu thun haben),
ohne doch d e n M e n s ch e n, [75/76] und was aus ihm gemacht werden kann,
zu kennen (wozu ein höherer Standpunkt der Anthropologischen Beobachtung
erfordert wird), mit diesen Begriffen aber versehen, ans Staats- und Völkerrecht,
wie es die Vernunft vorschreibt, gehen: so können sie diesen Überschritt
nicht anders, als mit dem Geist der Chicane thun, indem sie ihr gewohntes
Verfahren (eines Mechanisms nach despotisch gegebenen Zwangsgesetzen) auch da
befolgen, wo die Begriffe der Vernunft einen nur nach Freyheitsprincipien
gesetzmäßigen Zwang begründet wissen wollen, durch welchen
allererst eine zu Recht beständige Staatsverfassung möglich ist;
welche Aufgabe der vorgebliche Praktiker, mit Vorbeygehung jener Idee,
empirisch, aus Erfahrung, wie die bisher noch am besten bestandene, mehrentheils
aber rechtswidrige, Staatsverfassungen eingerichtet waren, lösen zu können
glaubt. - Die Maximen, deren er sich hiezu bedient (ob er sie zwar nicht laut
werden läßt), laufen ohngefähr auf folgende sophistische Maximen
hinaus.
1. Fac et excusa. Ergreife die günstige Gelegenheit zur
eigenmächtigen Besitznehmung [76/77] (entweder eines Rechts des Staats über
sein Volk, oder über ein anderes benachbarte); die Rechtfertigung wird sich
weit leichter und zierlicher n a ch d e r T h a t vortragen, und die
Gewalt beschönigen lassen (vornehmlich im ersten Fall, wo die obere Gewalt
im Innern so fort auch die gesetzgebende Obrigkeit ist, der man, gehorchen muß,
ohne darüber zu vernünfteln); als wenn man zuvor auf überzeugende
Gründe sinnen, und die Gegengründe darüber noch erst abwarten
wollte. Diese Dreustigkeit selbst gibt einen gewissen Anschein von innerer
Ueberzeugung der Rechtmäßigkeit der That, und der Gott bonus euentus
ist nachher der beste Rechtsvertreter.
2. Si fecisti, nega. Was du selbst verbrochen hast, z. B. um
dein Volk zur Verzweiflung, und so zum Aufruhr zu bringen, das läugne ab,
daß es d e i n e Schuld sey; sondern behaupte, daß es die der
Widerspenstigkeit der Unterthanen, oder auch, bey deiner Bemächtigung eines
benachbarten Volks, die Schuld der Natur des Menschen sey, der, wenn er dem
Andern nicht mit Gewalt zuvorkommt, sicher [77/78] darauf rechnen kann, daß
dieser ihm zuvorkommen und sich seiner bemächtigen werde.
3. Diuide et impera. Das ist: sind gewisse privilegierte Häupter
in deinem Volk, welche dich bloß zu ihrem Oberhaupt (primus inter pares)
gewählt haben, so veruneinige jene unter einander, und entzweye sie mit dem
Volk: stehe nun dem letztern, unter Vorspiegelung größerer Freyheit,
bei, so wird alles von deinem unbedingten Willen abhängen. Oder sind es äußere
Staaten, so ist Erregung der Mishelligkeit unter ihnen ein ziemlich sicheres
Mittel, unter dem Schein des Beystandes des Schwächeren, einen nach dem
andern dir zu unterwerfen.
Durch diese polititischen Maximen wird nun zwar niemand
hintergangen; denn sie sind insgesammt schon allgemein bekannt; auch ist es mit
ihnen nicht der Fall sich zu schämen, als ob die Ungerechtigkeit gar zu
offenbar in die Augen leuchtete. Denn, weil sich große Mächte nie
vor dem Urtheil des gemeinen Haufens, sondern nur eine vor der andern schämen,
was aber jene Grundsätze betrifft, nicht das Offenbarwerden, [78/79]
sondern nur das M i s l i n g e n derselben sie beschämt machen kann
(denn in Ansehung der Moralität der Maximen kommen sie alle untereinander überein),
so bleibt ihnen immer die p o l i t i s ch e E h r e übrig, auf die sie
sicher rechnen können, nämlich die der V e r g r ö ß e r u
n g i h r e r M a ch t, auf welchem Wege sie auch erworben seyn mag*).
*) Wenn gleich eine gewisse in der menschlichen Natur gewurzelte
Bösartigkeit von M e n s ch e n, die in einem Staat zusammen leben, noch
bezweifelt, und, statt ihrer, der Mangel einer noch nicht weit genug
fortgeschrittenen Cultur (die Rohigkeit) zur Ursache der gesetzwidrigen
Erscheinungen ihrer Denkungsart mit einigem Scheine angeführt werden möchte,
so fällt sie doch, im äußeren Verhältnis der S t a a t e n
gegen einander, ganz unverdeckt und unwidersprechlich in die Augen. Im Innern
jedes Staats ist sie durch den Zwang der bürgerlichen Gesetze verschleyert,
weil der Neigung zur wechselseitigen Gewaltthätigkeit der Bürger eine
größere Gewalt, nämlich die der Regierung, mächtig
entgegenwirkt, und so nicht allein dem Ganzen einen moralischen Anstrich (causae
non causae) giebt, sondern auch dadurch, daß dem Ausbruch gesetzwidriger
Neigungen ein Riegel vorgeschoben wird, die Entwickelung der moralischen Anlage,
zur unmittelbaren Achtung fürs Recht, [79/80]
Aus allen diesen Schlangenwendungen einer unmoralischen
Klugheitslehre, den Friedenszustand unter Menschen, aus dem kriegerischen des
Naturzustandes herauszubringen, erhellet
[Fortsetzung der Anmerkung von S. 79] wirklich viel
Erleichterung bekommt. - Denn ein jeder glaubt nun von sich, daß er wohl
den Rechtsbegriff heilig halten und treu befolgen würde, wenn er sich nur
von jedem andern eines Gleichen gewärtigen könnte; welches letztere
ihm die Regierung zum Theil sichert; wodurch dann ein großer Schritt z u
r Moralität (obgleich noch nicht moralischer Schritt) gethan wird, diesem
Pflichtbegriff auch um sein selbst willen, ohne Rücksicht auf Erwiederung,
anhänglich zu seyn. - Da ein jeder aber, bey seiner guten Meynung von sich
selber, doch die böse Gesinnung bey allen anderen voraussetzt, so sprechen
sie einander wechselseitig ihr Urtheil: daß sie alle, was das F a c t u m
betrifft, wenig taugen (woher es komme, da es doch der N a t u r des
Menschen, als eines freyen Wesens, nicht Schuld gegeben werden kann, mag unerörtert
bleiben). Da aber doch auch die Achtung für den Rechtsbegriff, deren der
Mensch sich schlechterdings nicht entschlagen kann, die Theorie des Vermögens,
ihm angemessen zu werden, auf das feyerlichste sanctionirt, so sieht ein jeder,
daß er seinerseits jenem gemäß handeln müsse, Andere mögen
es halten, wie sie wollen.
wenigstens so viel: daß die Menschen, eben so wenig in
ihren Privatverhältnissen, als in ihren öffentlichen, dem
Rechtsbegriff entgehen können, und sich nicht getrauen, die Politik öffentlich
bloß auf Handgriffe der Klugheit zu gründen, mithin dem Begriffe
eines öffentlichen Rechts allen Gehorsam aufzukündigen (welches
vornehmlich in dem des Völkerrechts auffallend ist), sondern ihm an sich
alle gebührende Ehre wiederfahren lassen, wenn sie auch hundert Ausflüchte
und Bemäntelungen aussinnen sollten, um ihm in der Praxis auszuweichen, und
der verschmitzten Gewalt die Autorität anzudichten, der Ursprung und der
Verband alles Rechts zu seyn. - Um dieser Sophisterey (wenn gleich nicht der
durch sie beschönigten Ungerechtigkeit) ein Ende zu machen, und die falsche
V e r t r e t e r der Mächtigen der Erde zum Geständnisse zu
bringen, daß es nicht das Recht, sondern die Gewalt sey, der sie zum
Vortheil sprechen, von welcher sie, gleich als ob sie selbst hiebey was zu
befehlen hätten, den Ton annehmen, wird es gut seyn, das Blendwerk
aufzudecken, womit man sich und andere hintergeht, das oberste Princip, von dem
die Absicht auf [81/82] den ewigen Frieden ausgeht, ausfindig zu machen und zu
zeigen: daß alles das Böse, was ihm im Wege ist, davon herrühre:
daß der politische Moralist da anfängt, wo der moralische Politiker
billigerweise endigt, und, indem er so die Grundsätze dem Zweck unterordnet
(d. i. die Pferde hinter den Wagen spannt), seine eigene Absicht vereitelt, die
Politik mit der Moral in Einverständnis zu bringen.
Um die praktische Philosophie mit sich selbst einig zu machen,
ist nöthig, zuvörderst die Frage zu entscheiden: ob in Aufgaben der
praktischen Vernunft vom m a t e r i a l e n P r i n z i p derselben, dem
Zweck (als Gegenstand der Willkühr) der Anfang gemacht werden müsse,
oder vom f o r m a l e n, d. i. demjenigen (bloß auf Freyheit im äußern
Verhältnis gestellten), darnach es heißt: handle so, daß du
wollen kannst, deine Maxime solle ein allgemeines Gesetz werden (der Zweck mag
seyn, welcher er wolle).
Ohne alle Zweifel muß das letztere Princip vorangehen;
denn es hat, als Rechtsprincip, unbedingte Nothwendigkeit, statt dessen das
erstere, nur unter Voraussetzung empirischer Be-[82/83]dingungen des
vorgesetzten Zwecks, nämlich der Ausführung desselben, nöthigend
ist, und, wenn dieser Zweck (z. B. der ewige Friede) auch Pflicht wäre, so
müßte doch diese selbst aus dem formalen Princip der Maximen äußerlich
zu handeln abgeleitet worden seyn. - Nun ist das erstere Princip, das des p o l
i t i s ch e n M o r a l i st e n (das Problem des Staats-, Völker- und
Weltbürgerrechts), eine bloße K u n st a u f g a b e (problema
technicum), das zweyte dagegen, als Princip des m o r a l i s ch e n P o l i
t i k e r s, welchem es eine s i t t l i ch e A u f g a b e (problema
morale) ist, im Verfahren von dem anderen himmelweit unterschieden, um den
ewigen Frieden, den man nun nicht bloß als physisches Gut, sondern auch
als einen aus Pflichtanerkennung hervorgehenden Zustand wünscht, herbeyzuführen.
Zur Auflösung des ersten, nämlich des
Staats-Klugheitsproblems, wird viel Kenntnis der Natur erfordert, um ihren
Mechanism zu dem gedachten Zweck zu benutzen, und doch ist alle diese ungewis in
Ansehung ihres Resultats,
den ewigen Frieden betreffend; man mag nun die eine oder die
andere der drey Abtheilun-[83/84]gen des öffentlichen Rechts nehmen. Ob das
Volk im Gehorsam und zugleich im Flor besser durch Strenge, oder Lockspeise der
Eitelkeit, ob durch Obergewalt eines Einzigen, oder durch Vereinigung mehrerer Häupter,
vielleicht auch bloß durch einen Dienstadel, oder durch Volksgewalt, im
Innern, und zwar auf lange Zeit, gehalten werden könne, ist ungewis. Man
hat von allen Regierungsarten (die einzige ächt-republikanische, die aber
nur einem moralischen Politiker in den Sinn kommen kann, ausgenommen) Beyspiele
des Gegentheils in der Geschichte. - Noch ungewisser ist ein auf Statute nach
Ministerialplanen vorgeblich errichtetes V ö l k e r r e ch t, welches in
der That nur ein Wort ohne Sache ist, und auf Verträgen beruht, die in
demselben Akt ihrer Beschließung zugleich den geheimen Vorbehalt ihrer
Uebertretung enthalten. - Dagegen dringt sich die Auflösung des zweyten, nämlich
des S t a a t s w e i s h e i t s p r o b l e m s, so zu sagen, von selbst auf,
ist jedermann einleuchtend, und macht alle Künsteley zu Schanden, führt
dabey gerade zum Zweck; doch mit der Erinnerung der Klugheit, ihn nicht übereilterweise
mit Ge-[84/85]walt herbey zu ziehen, sondern sich ihm, nach Beschaffenheit der günstigen
Umstände, unabläßig zu nähern.
Da heißt es denn: trachtet allererst nach dem Reiche
der reinen praktischen Vernunft und nach seiner G e r e ch t i g k e i t, so
wird euch euer Zweck (die Wohlthat des ewigen Friedens) von selbst zufallen."
Denn das hat die Moral Eigenthümliches an sich, und zwar in Ansehung ihrer
Grundsätze des öffentlichen Rechts, (mithin in Beziehung auf eine a
priori erkennbare Politik), daß, je weniger sie das Verhalten von dem
vorgesetzten Zweck, dem beabsichtigten, es sey physischem oder sittlichem
Vortheil, abhängig macht, desto mehr sie dennoch zu diesem im allgemeinen
zusammenstimmt; welches daher kömmt, weil es gerade der a priori gegebene
allgemeine Wille (in einem Volk, oder im Verhältnis verschiedener Völker
unter einander) ist, der allein, was unter Menschen Rechtens ist, bestimmt;
diese Vereinigung des Willens Aller aber, wenn nur in der Ausübung
consequent verfahren wird, auch nach dem Mechanism der Natur, zugleich die
Ursache seyn kann, die abgezweckte Wirkung hervorzubringen, und dem [85/86]
Rechtsbegriffe Effekt
zu verschaffen. - So ist es z. B. ein Grundsatz der moralischen
Politik: daß sich ein Volk zu einem Staat nach den alleinigen
Rechtsbegriffen der Freyheit und Gleichheit vereinigen solle, und dieses Princip
ist nicht auf Klugheit, sondern auf Pflicht gegründet. Nun mögen
dagegen politische Moralisten noch so viel über den Naturmechanism einer in
Gesellschaft tretenden Menschenmenge, welcher jene Grundsätze entkräftete,
und ihre Absicht vereiteln werde, vernünfteln, oder auch durch Beyspiele
schlecht organisirter Verfassungen alter und neuer Zeiten (z. B. von Demokratien
ohne Repräsentationssystem) ihre Behauptung dagegen zu beweisen suchen, so
verdienen sie kein Gehör; vornehmlich, da eine solche verderbliche Theorie
das Uebel wohl gar selbst bewirkt, was sie vorhersagt, nach welcher der Mensch
mit den übrigen lebenden Maschinen in eine Classe geworfen wird, denen nur
noch das Bewußtseyn, daß sie nicht freye Wesen sind, beywohnen dürfte,
um sie in ihrem eigenen Urtheil zu den elendesten unter allen Weltwesen zu
machen. [86/87]
Der zwar etwas renomistisch klingende, sprüchwörtlich
in Umlauf gekommene, aber wahre Satz: fiat iustitia, pereat mundus, das heißt
zu deutsch: es herrsche Gerechtigkeit, die Schelme in der Welt mögen
auch insgesammt darüber zugrunde gehen," ist ein wackerer, alle durch
Arglist oder Gewalt vorgezeichnete krumme Wege abschneidender Rechtsgrundsatz;
nur daß er nicht misverstanden, und etwa als Erlaubnis, sein eigenes Recht
mit der größten Strenge zu benutzen (welches der ethischen Pflicht
widerstreiten würde), sondern als Verbindlichkeit der Machthabenden,
niemandem sein Recht aus Ungunst oder Mitleiden gegen Andere zu weigern oder zu
schmälern, verstanden wird; wozu vorzüglich eine nach reinen
Rechtsprincipien eingerichtete innere Verfassung des Staats, dann aber auch die
der Vereinigung desselben mit andern benachbarten oder auch entfernten Staaten
zu einer (einem allgemeinen Staat analogischen) gesetzlichen Ausgleichung ihrer
Streitigkeiten erfordert wird. - Dieser Satz will nichts anders sagen, als: die
politische Maximen müssen nicht von der, aus ihrer Befolgung zu
erwartenden, Wohlfahrt. und Glückseligkeit [87/88] eines jeden Staats, also
nicht vom Zweck, den sich ein jeder derselben zum Gegenstande macht (vom
Wollen), als dem obersten (aber empirischen) Princip der Staatsweisheit, sondern
von dem reinen Begriff der Rechtspflicht (vom Sollen, dessen Princip a priori
durch reine Vernunft gegeben ist) ausgehen, die physischen Folgen daraus mögen
auch seyn, welche sie wollen. Die Welt wird keinesweges dadurch untergehen, daß
der bösen Menschen weniger wird. Das moralisch Böse hat die von
seiner Natur unabtrennliche Eigenschaft, daß es in seinen Absichten
(vornehmlich in Verhältnis gegen andere Gleichgesinnete) sich selbst
zuwider und zerstöhrend ist, und so dem (moralischen) Princip des Guten,
wenn gleich durch langsame Fortschritte, Platz macht.
Es giebt also o b j e c t i v (in der Theorie) gar keinen
Streit zwischen der Moral und der Politik. Dagegen s u b j e c t i v (in dem
selbstsüchtigen Hange der Menschen, der aber, weil er nicht auf
Vernunftmaximen gegründet ist, noch nicht Praxis genannt werden muß),
wird [88/89] und mag er immer bleiben, weil er zum Wetzstein der Tugend dient,
deren wahrer Muth (nach dem Grundsatze: tu ne cede malis, sed contra audentior
ito) in gegenwärtigem Falle nicht sowohl darin besteht, den Uebeln und
Aufopferungen mit festem Vorsatz sich entgegenzusetzen, welche hiebey übernommen
werden müssen, sondern dem weit gefährlicheren lügenhaften und
verrätherischen, aber doch vernünftelnden, die Schwäche der
menschlichen Natur zur Rechtfertigung alle Uebertretung vorspiegelnden bösen
Princip in uns selbst, in die Augen zu sehen und seine Arglist zu besiegen.
In der That kann der politische Moralist sagen: Regent und Volk,
oder Volk und Volk thun e i n a n d e r nicht Unrecht, wenn sie einander
gewaltthätig oder hinterlistig befehden, ob sie zwar überhaupt darin
Unrecht thun, daß sie dem Rechtsbegriffe, der allein den Frieden auf ewig
begründen könnte, alle Achtung versagen. Denn weil der eine seine
Pflicht gegen den andern übertritt, der gerade eben so rechtswidrig gegen
jenen gesinnt ist, so g e s ch i e h t ihnen beyderseits ganz recht, wenn sie
sich [89/90] unter einander aufreiben, doch so, daß von dieser Ra
e immer noch genug übrig bleibt, um dieses Spiel bis zu den
entferntesten Zeiten nicht aufhören zu lassen, damit eine späte
Nachkommenschaft an ihnen dereinst ein warnendes Beyspiele nehme. Die Vorsehung
im Laufe der Welt ist hiebey gerechtfertigt; denn das moralische Princip im
Menschen erlöscht nie, die, pragmatisch, zur Ausführung der
rechtlichen Ideen nach jenem Princip tüchtige Vernunft wächst noch
dazu beständig durch immer fortschreitende Cultur, mit ihr aber auch die
Schuld jener Uebertretungen. Die Schöpfung allein: daß nämlich
ein solcher Schlag von verderbten Wesen überhaupt hat auf Erden seyn
sollen, scheint durch keine Theodicee gerechtfertigt werden zu können (wenn
wir annehmen, daß es mit dem Menschengeschlechte nie besser bestellt seyn
werde noch könne); aber dieser Standpunkt der Beurtheilung ist für uns
viel zu hoch, als daß wir unsere Begriffe (von Weisheit) der obersten uns
unerforschlichen Macht in theoretischer Absicht unterlegen könnten. - Zu
solchen verzweifelten Folgerungen werden wir unvermeidlich hingetrieben, wenn
wir nicht annehmen, die reine Rechtsprincipien [90/91] haben objective Realität,
d. i., sie lassen sich ausführen; und darnach müsse auch von Seiten
des Volks im Staate, und weiterhin von Seiten der Staaten gegen einander,
gehandelt werden; die empirische Politik mag auch dagegen einwenden, was sie
wolle. Die wahre Politik kann also keinen Schritt thun, ohne vorher der Moral
gehuldigt zu haben, und ob zwar Politik für sich selbst eine schwere Kunst
ist, so ist doch Vereinigung derselben mit der Moral gar keine Kunst; denn diese
haut den Knoten entzwey, den jene nicht aufzulösen vermag, sobald beyde
einander widerstreiten. - Das Recht dem Menschen muß heilig gehalten
werden, der herrschenden Gewalt mag es auch noch so große Aufopferung
kosten. Man kann hier nicht halbiren, und das Mittelding eines
pragmatisch-bedingten Rechts (zwischen Recht und Nutzen) aussinnen, sondern alle
Politik muß ihre Kniee vor dem erstern beugen, kann aber dafür
hoffen, ob zwar langsam, zu der Stufe zu gelangen, wo sie beharrlich glänzen
wird. [91/92]
W
enn ich von aller M a t e r i e des öffentlichen Rechts
(nach den verschiedenen empirisch-gegebenen Verhältnissen der Menschen im
Staat oder auch der Staaten unter einander), so wie es sich die Rechtslehrer gewöhnlich
denken, abstrahire, so bleibt mir noch die F o r m der P u b l i c i t ä
t übrig, deren Möglichkeit ein jeder Rechtsanspruch in sich enthält,
weil ohne jene es keine Gerechtigkeit (die nur als ö f f e n t l i ch k
u n d b a r gedacht werden kann), mithin auch kein Recht, das nur von ihr
ertheilt wird, geben würde.
Diese Fähigkeit der Publicität muß jeder
Rechtsanspruch haben, und sie kann also, da es sich ganz leicht beurtheilen läßt,
ob sie in einem vorkommenden Falle stattfinde, d. i. ob sie sich mit den Grundsätzen
des Handelnden vereinigen lasse oder nicht, ein leicht zu brau-[92/93]chendes, a
priori in der Vernunft anzutreffendes Criterium abgeben, im letzteren Fall die
Falschheit (Rechtswidrigkeit) des gedachten Anspruchs (praetensio iuris),
gleichsam durch ein Experiment der reinen Vernunft, so fort zu erkennen.
Nach einer solchen Abstraction von allem Empirischen, was der
Begriff des Staats- und Völkerrechts enthält (dergleichen das Bösartige
der menschlichen Natur ist, welches den Zwang nothwendig macht), kann man
folgenden Satz die t r a n s c e n d e n t a l e F o r m e l des öffentlichen
Rechts nennen:
Alle auf das Recht anderer Menschen bezogene Handlungen,
deren Maxime sich nicht mit der Publicität verträgt, sind unrecht."
Dieses Princip ist nicht bloß als e t h i s ch (zur
Tugendlehre gehörig), sondern auch als j u r i d i s ch (das Recht der
Menschen angehend) zu betrachten. Denn eine Maxime, die ich nicht darf l a u t
w e r d e n lassen, ohne dadurch meine eigene Absicht zugleich zu vereiteln,
die durchaus v e r h e i m l i ch t werden muß, wenn sie gelingen soll,
und zu der ich mich nicht [93/94] ö f f e n t l i ch b e k e n n e n
kann, ohne daß dadurch unausbleiblich der Widerstand Aller gegen meinen
Vorsatz gereizt werde, kann diese nothwendige und allgemeine, mithin a priori
einzusehende, Gegenbearbeitung Aller gegen mich nirgend wovon anders, als von
der Ungerechtigkeit her haben, womit sie jedermann bedroht. - Es ist ferner bloß
n e g a t i v, d. i. es dient nur, um vermittelst desselben, was gegen Andere
n i c h t r e c h t ist, zu erkennen. - Es ist gleich einem Axiom
unerweislich-gewiß und überdem leicht anzuwenden, wie aus folgenden
Beyspielen des öffentlichen Rechts zu ersehen ist.
1. W a s d a s S t a a t s r e ch t (ius ciuitatis), nämlich
das innere b e t r i ff t, so kommt in ihm die Frage vor, welche Viele für
schwer zu beantworten halten, und die das transcendentale Princip der Publicität
ganz leicht auflöset: ist Aufruhr ein rechtmäßiges Mittel
für ein Volk, die drückende Gewalt eines so genannten Tyrannen (non
titulo, sed exercitio talis) abzuwerfen?" Die Rechte des Volks sind gekränkt,
und ihm (dem Tyrannen) geschieht kein Unrecht durch die Entthronung; daran ist
kein Zweifel. [94/95] Nichts desto weniger ist es doch von den Unterthanen im höchsten
Grade unrecht, auf diese Art ihr Recht zu suchen, und sie können eben so
wenig über Ungerechtigkeit klagen, wenn sie in diesem Streit unterlägen
und nachher deshalb die härteste Strafe ausstehen müßten.
Hier kann nun Vieles für und dawider vernünftelt
werden, wenn man es durch eine dogmatische Deduction der Rechtsgründe
ausmachen will; allein das transcendentale Prinzip der Publicität des öffentlichen
Rechts kann sich diese Weitläuftigkeit erspahren. Nach demselben frägt
sich vor Errichtung des bürgerlichen Vertrags das Volk selbst, ob es sich
wohl getraue, die Maxime des Vorsatzes einer gelegentlichen Empörung öffentlich
bekannt zu machen. Man sieht leicht ein, daß, wenn man es bey der
Stiftung einer Staatsverfassung zur Bedingung machen wollte, in gewissen
vorkommenden Fällen gegen das Oberhaupt Gewalt auszuüben, so müßte
das Volk sich einer rechtmäßigen Macht über jenes anmaßen.
Alsdann wäre jenes aber nicht das Oberhaupt, oder, wenn beydes zur
Bedingung der Staatserrichtung gemacht würde, so würde gar keine möglich
seyn, welches [95/96] doch die Absicht des Volks war. Das Unrecht des Aufruhrs
leuchtet also dadurch ein, daß die Maxime desselben dadurch, daß man
sich ö f f e n t l i ch d a z u b e k e n n t e, seine eigene Absicht
unmöglich machen würde. Man müßte sie also nothwendig
verheimlichen. - Das letztere wäre aber von Seiten des Staatsoberhaupts
eben nicht nothwendig. Er kann frey heraus sagen, daß er jeden Aufruhr
mit dem Tode der Rädelsführer bestrafen werde, diese mögen auch
immer glauben, er habe seinerseits das Fundamentalgesetz zuerst übertreten;
denn wenn er sich bewußt ist, die u n w i d e r st e h l i ch e
Obergewalt zu besitzen (welches auch in jeder bürgerlichen Verfassung so
angenommen werden muß, weil der, welcher nicht Macht genug hat, einen
jeden im Volk gegen den andern zu schützen, auch nicht das Recht hat, ihm
zu befehlen), so darf er nicht sorgen, durch die Bekanntwerdung seiner Maxime
seine eigene Absicht zu vereiteln, womit auch ganz wohl zusammenhängt, daß,
wenn der Aufruhr dem Volk gelänge, jenes Oberhaupt in die Stelle des
Unterthans zurücktreten, eben sowohl keinen Wiedererlangungsaufruhr
beginnen, aber auch nicht zu befürch-[96/97]ten haben müßte,
wegen seiner vormaligen Staatsführung zur Rechenschaft gezogen zu werden.
2. W a s d a s V ö l k e r r e ch t b e t r i ff t.
- Nur unter Voraussetzung irgend eines rechtlichen Zustandes (d. i. derjenigen äußeren
Bedingung, unter der dem Menschen ein Recht wirklich zu Theil werden kann), kann
von einem Völkerrecht die Rede seyn; weil es, als ein öffentliches
Recht, die Publication eines, jedem das Seine bestimmenden, allgemeinen Willens
schon in seinem Begriffe enthält, und dieser status iuridicus muß aus
irgend einem Vertrage hervorgehen, der nicht eben (gleich dem, woraus ein Staat
entspringt,) auf Zwangsgesetze gegründet seyn darf, sondern allenfalls auch
der einer f o r t w ä h r e n d - f r e y e n Association seyn kann, wie
der oben erwähnte der Föderalität verschiedener Staaten. Denn
ohne irgendeinen r e ch t l i ch e n Z u st a n d, der die verschiedene
(physische oder moralische) Personen thätig verknüpft, mithin im
Naturstande, kann es kein anderes als bloß ein Privatrecht geben. - Hier
tritt nun auch ein Streit der Politik mit der Moral (diese als Rechtslehre
betrachtet) ein, wo dann jenes Criterium der Publicität der Maximen
gleich-[97/98]falls seine leichte Anwendung findet, doch nur so: daß der
Vertrag die Staaten nur in der Absicht verbindet, unter einander und zusammen
gegen andere Staaten sich im Frieden zu erhalten, keineswegs aber um Erwerbungen
zu machen. - Da treten nun folgende Fälle der Antinomie zwischen Politik
und Moral ein, womit zugleich die Lösung derselben verbunden wird.
a) Wenn einer dieser Staaten dem andern etwas versprochen
hat: es sey Hülfleistung, oder Abtretung gewisser Länder, oder
Subsidien u. d. gl., frägt sich, ob er sich in einem Fall, an dem des
Staats Heil hängt, vom Worthalten dadurch los machen kann, daß er
sich in einer doppelten Person betrachtet wissen will, erstlich als S o u v e r
ä n, da er Niemanden in seinem Staat verantwortlich ist; dann aber wiederum
bloß als oberster S t a a t s b e a m t e, der dem Staat Rechenschaft
geben müsse: da denn der Schluß dahin ausfällt, daß, wozu
er sich in der ersteren Qualität verbindlich gemacht hat, davon werde er in
der zweyten losgesprochen." - Wenn nun aber ein Staat (oder dessen
Oberhaupt) diese seine Maxime laut werden ließe, so würde natürlicherweise
entweder ein jeder Ande-[98/99]re ihn fliehen, oder sich mit Anderen vereinigen,
um seinen Anmaßungen zu widerstehen, welches beweiset, daß Politik
mit aller ihrer Schlauigkeit auf diesen Fuß (der Offenheit) ihren Zweck
selber vereiteln, mithin jene Maxime unrecht seyn müsse.
b) Wenn eine bis zur furchtbaren Größe
(potentia tremenda) angewachsene benachbarte Macht Besorgnis erregt: kann man
annehmen, sie werde, weil sie k a n n, auch unterdrücken w o l l e n, und
giebt das den Mindermächtigen ein Recht zum (vereinigten) Angriffe
derselben, auch ohne vorhergegangene Beleidigung?" - Ein Staat, der seine
Maxime hier bejahend v e r l a u t b a r e n wollte, würde das Uebel nur
noch gewisser und schneller herbeyführen. Denn die größere
Macht würde der kleineren zuvorkommen, und, was die Vereinigung der
letzteren betrifft, so ist das nur ein schwacher Rohrstab gegen den, der das
diuide et impera zu benutzen weiß. - Diese Maxime der Staatsklugheit, öffentlich
erklärt, vereitelt also nothwendig ihre eigene Absicht, und ist folglich
ungerecht.
c) Wenn ein kleinerer Staat durch seine Lage den
Zusammenhang eines größeren trennt, [99/100] der diesem doch zu
seiner Erhaltung nöthig ist, ist dieser nicht berechtigt, jenen sich zu
unterwerfen und mit dem seinigen zu vereinigen? - Man sieht leicht, daß
der größere eine solche Maxime ja nicht vorher müsse laut werden
lassen; denn, entweder die kleinern Staaten würden sich frühzeitig
vereinigen, oder andere Mächtige würden um diese Beute streiten,
mithin macht sie sich durch ihre Offenheit selbst unthunlich; ein Zeichen, daß
sie ungerecht ist und es auch in sehr hohem Grade seyn kann; denn ein klein
Objekt der Ungerechtigkeit hindert nicht, daß die daran bewiesene
Ungerechtigkeit sehr groß sey.
3. W a s d a s W e l t b ü r g e r r e ch t betrifft,
so übergehe ich es hier mit Stillschweigen; weil, wegen der Analogie
desselben mit dem Völkerrecht, die Maximen desselben leicht anzugeben und
zu würdigen sind.
Man hat hier nun zwar an dem Princip der Unverträglichkeit
der Maximen des Völkerrechts mit der Publicität, ein gutes Kennzeichen
der N i ch t ü b e r e i n st i m m u n g der Politik mit der Moral (als
Rechtslehre). Nun bedarf man [100/101] aber auch belehrt zu werden, welches
denn die Bedingung ist, unter der ihre Maximen mit dem Recht der Völker übereinstimmen?
Denn es läßt sich nicht umgekehrt schließen: daß, welche
Maximen die Publicität vertragen, dieselbe darum auch gerecht sind; weil,
wer die entschiedene Obermacht hat, seiner Maximen nicht heel haben darf. - Die
Bedingung der Möglichkeit eines Völkerrechts überhaupt ist: daß
zuvörderst ein r e ch t l i ch e r Z u s t a n d existire. Denn ohne
diesen giebts kein öffentliches Recht, sondern alles Recht, was man sich außer
demselben denken mag (im Naturzustande), ist bloß Privatrecht. Nun haben
wir oben gesehen: daß ein föderativer Zustand der Staaten, welcher
bloß die Entfernung des Krieges zur Absicht hat, der einzige, mit der F r
e y h e i t derselben vereinbare, r e ch t l i ch e Zustand sey. Also ist
die Zusammenstimmung der Politik mit der Moral nur in einem föderativen
Verein (der also nach Rechtsprincipien a priori gegeben und nothwendig ist) möglich,
und alle Staatsklugheit hat zur rechtlichen Basis die Stiftung des ersteren, in
ihrem größt-möglichen Umfange, ohne welchen Zweck alle ihre Klügeley
Unweisheit und verschleyerte Ungerechtigkeit ist. - Diese Afterpolitik hat nun
ihre C a s u i st i k, trotz der besten Jesuiterschule - die reseruatio
mentalis; in Abfassung öffentlicher Verträge, mit solchen Ausdrücken,
die man gelegentlich zu sei-[101/102]nem Vortheil auslegen kann, wie man will
(z. B. den Unterschied des status quo de fait und de droit); - den
Probabilismus böse Absichten an Anderen zu erklügeln, oder auch
Wahrscheinlichkeiten ihres möglichen Uebergewichts zum Rechtsgrunde der
Untergrabung anderer friedlicher Staaten zu machen; - Endlich das peccatum
philosophicum (peccatillum, bagatelle). Das Verschlingen eines k l e i n e n
Staats, wenn dadurch ein viel g r ö ß e r e r, zum vermeyntlich größern
Weltbesten, gewinnt, für eine leicht-verzeihliche Kleinigkeit zu halten *).
Den Vorschub hiezu giebt die Zweyzüngigkeit der Politik in
Ansehung der Moral, einen oder den andern Zweig derselben zu ihrer Absicht zu
benutzen. - Beydes, die Menschenliebe und die Achtung fürs R e ch t der
Menschen, ist Pflicht; jene aber nur b e d i n g t e, diese dagegen u n b e d
i n g t e, schlechthin gebietende Pflicht, welche nicht übertreten zu haben
derje-
*) Die Belege zu solchen Maximen kann man in des Herrn Hofr.
Garve Abhandlung: über die Verbindung der Moral mit der Politik,
1788," antreffen. Dieser würdige Gelehrte gesteht gleich zu Anfange,
eine genugthuende Antwort auf diese Frage nicht geben zu können. Aber sie
dennoch gut zu heißen, ob zwar mit dem Geständnis, die dagegen sich
regende Einwürfe nicht völlig heben zu können, scheint doch eine
größere Nachgiebigkeit gegen die zu seyn, die sehr geneigt sind, sie
zu misbrauchen, als wohl rathsam seyn möchte, einzuräumen. [102/103]
nige zuerst völlig versichert seyn muß, der sich dem
süßen Gefühl des Wohlthuns überlassen will. Mit der Moral
im ersteren Sinne (als Ethik) ist die Politik leicht einverstanden, um das Recht
der Menschen ihren Oberen Preis zu geben: Aber mit der in der zweyten Bedeutung
(als Rechtslehre), vor der sie ihre Kniee beugen müßte, findet sie es
rathsam, sich gar nicht auf Vertrag einzulassen, ihr lieber alle Realität
abzustreiten, und alle Pflichten auf lauter Wohlwollen auszudeuten; welche
Hinterlist einer lichtscheuen Politik doch von der Philosophie durch die
Publicität jener ihrer Maximen leicht vereitelt werden würde, wenn
jene es nur wagen wollte, dem Philosophen die Publicität der seinigen
angedeihen zu lassen.
In dieser Absicht schlage ich ein anderes transcendentales und
bejahendes Princip des öffentlichen Rechts vor, dessen Formel diese seyn würde:
Alle Maximen, die der Publicität b e d ü r f e
n (um ihren Zweck nicht zu verfehlen), stimmen mit Recht und Politik vereinigt
zusammen."
Denn, wenn sie nur durch die Publicität ihren Zweck
erreichen können, so müssen sie dem allgemeinen Zweck des Publicums
(der Glückseligkeit) gemäs seyn, womit zusammen zu stimmen (es mit
seinem Zustande zufrieden zu machen), die eigentliche Aufgabe der Politik ist.
Wenn aber dieser Zweck n u r durch die Publi-[103/104]cität, d. i. durch
die Entfernung alles Mistrauens gegen die Maximen derselben, erreichbar seyn
soll, so müssen diese auch mit dem Recht des Publicums in Eintracht stehen;
denn in diesem Allein ist die Vereinigung der Zwecke Aller möglich. - Die
weitere Ausführung und Erörterung dieses Princips muß ich für
eine andere Gelegenheit aussetzen; nur daß es eine transcendentale Formel
sey, ist aus der Entfernung aller empirischen Bedingungen (der Glückseligkeitslehre),
als der Materie des Gesetzes und der bloßen Rücksicht auf die Form
der allgemeinen Gesetzmäßigkeit zu ersehen.
Wenn es Pflicht, wenn zugleich gegründete Hofnung da ist,
den Zustand eines öffentlichen Rechts, obgleich nur in einer ins Unendliche
fortschreitenden Annäherung, wirklich zu machen, so ist der e w i g e F
r i e d e, der auf die bisher fälschlich so genannte Friedensschlüsse
(eigentlich Waffenstillstände) folgt, keine leere Idee, sondern eine
Aufgabe, die nach und nach aufgelöst, ihrem Ziele (weil die Zeiten, in
denen gleiche Fortschritte geschehen, hoffentlich immer kürzer werden) beständig
näher kommt.
Seite9fällt die N o t e weg.
-20u n t e n und Seite 21 o b e n muß gesetzt werden: Also
würde die Erklärung so lauten: F r e y h e i t i s t d i e M ö
g l i c h k e i t d e r H a n d l u n g e n, d a d u r c h m a n k e i n e
m U n r e c h t t h u t etc.
-32Z.16del. s e h r
-45Z.6der Note del. die
-51Z.1der Note statt v e r g e b l i ch e s lies v o r g e b
l i ch e s
-59Z.11del. a b e r
-62Z.18del. d o c h
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