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Nachträge





zu





Kants Kritik der reinen Vernunft,





Aus Kants Nachlass





herausgegeben




von




Benno Erdmann.







Kiel.


Lipsius & Tischer.


1881.




[1/2] [2 leer] [2/3]


Vorwort.




F ür die Berechtigung des Abdrucks der nachstehenden Anmerkungen Kants mag die Bedeutung sprechen, welche die meisten derselben für das Verständnis des uns vorliegenden Textes an vielen einzelnen Stellen besitzen, sowie die Bereicherung, die unsere Einsicht gerade in manche dunkle Partien des kantischen Kriticismus durch einen anderen Teil derselben erfährt. Dass ich auch die wenigen Zusätze aufgenommen habe, die in keinem Sinne neues bringen, bitte ich den Bedenken zuzuschreiben, die gegen eine stets subjectiv gefärbten Auswahl sprechen. Allerdings war, was für mich den Ausschlag gegeben hat, zuletzt nur die ganz geringe Zahl dieser Fälle; sie den Sand für ein Paar Goldkörner bilden zu lassen wäre kein Recht gewesen.

Ich glaube jedoch mich der Mühe der Entzifferung nicht bloss im Dienste der jetzigen Aufgaben der Geschichte der Philosophie, sondern auch im Sinne Kants unterzogen zu haben. In einem der Testamentsentwürfe Kants, welche die Königsberger Bibliothek aufbewahrt, findet sich allerdings die Bestimmung: „Ich ersuche zugleich gedachten Herrn Magister [Gensichen] alle meine litterarische Papiere, worunter ich auch die von mir häufig beschriebene Handbücher meiner Vorlesungen verstehe, da sie niemand nützen können und wegen ihrer Unleserlichkeit nur misverstanden werden dürften, nachdem er sie, so lange ihm gefällt, durchgesehen hat, insgesammt zu vernichten." Es unterliegt ferner keinem Zweifel, dass durch den Sinn dieser Verfügung auch das hier benutzte Handexemplar seiner Kritik der reinen [3/4] Vernunft mitgetroffen ist, jedoch keine der Voraussetzungen, an die wir jene Bestimmung geknüpft sehen, ist erfüllt. Gensichens Durchsicht, die doch wol kaum lediglich zu Gunsten seiner Person von Kant gestattet worden, hat keine Spuren eines Erfolges hinterlassen. Ausserdem aber sind die Notizen des Philosophen in unserem Fall im wesentlichen nicht bloss deutlich lesbar, sondern auch von nichts weniger als unerheblichem Nutzen für das Verständnis seines Hauptwerks. Allerdings ist diese Lesbarkeit nicht für jeden vorhanden, und auch von denen, die Kants Schriftzüge gewohnt sind, ist sie nicht ohne ernstliche Bemühung erreichbar; dass sie jedoch hinreichend gross ist, um jedes Misverständnis eines irgend wesentlichen Gedankenzusammenhanges auszuschliessen, wird, darf ich glauben, die Prüfung des hier Gebotenen lehren.

Diese Blätter sind in dem Kranze, den das Jubiläumsjahr der Kritik der reinen Vernunft dem Philosophen darbietet, nach dem Verdienst, das dem sie bindenden Kärrner gebührt, die bescheidensten. Um so mehr hoffe ich werden sie ihrem Zweck, der ja nur auf ihn, nicht auf uns geht, entsprechen.

Dem Vorstand der Königsberger Universitätsbibliothek sage ich für die freundliche Ueberlassung des Manuscripts aufrichtigen Dank.



Kiel. B. Erdmann.

[4/5]

















N a c h t r ä g e





zu





Kants Kritik der reinen Vernunft.



[5/6]




D ie Klagen über die Dunkelheit der Kritik der reinen Vernunft werden nicht aufhören, so oft man dieselbe auch zu commentiren suchen wird. Sie liegen zumeist in der Sache selbst, in der Tiefe der Gedankenarbeit, die wir befahren. Um so wertvoller wird jeder Pfad, der zu einigem Lichte führt, besonders, wenn dieses Licht das Lager trifft, aus dem die besten Adern des Werks herstammen.

Es ist deshalb ein glücklicher Zufall, dass uns Kants Handexemplar der ersten Auflage seines Hauptwerkes unter den Manuscripten der Königsberger Universitätsbibliothek erhalten ist. Dass es bisher unbenutzt geblieben ist, spricht nicht für die Gründlichkeit der Forschungen der Königsberger Herausgeber seiner Werke, denen die Existenz desselben nicht hätte unbekannt bleiben sollen.

Dasselbe enthält zahlreiche Randbemerkungen von Kants Hand, teils Einzelverbesserungen, teils Zusätze, die entweder direct an den vorliegenden Text angeknüpft sind, oder nur in sachlichem Zusammenhang mit demselben stehen, endlich auch mehrfache kurze Angaben von Umarbeitungsplänen. Nur ein ganz kleines Bruchstück dieser Bemerkungen stimmt mit dem Plan und dem Einzelinhalt der Veränderungen der zweiten Bearbeitung wirklich überein.

Eine allgemeine Beschreibung des Manuscripts darf ich auf Grund der nachfolgenden speciellen Angaben unterlassen.

Zur Sache ist die Vorfrage nötig, ob sich eine Bürgschaft findet, dass die Anmerkungen ohne Ausnahme von Kant selbst herrühren, um so mehr als, wenn ich recht unterrichtet bin, das Werk Jahrzehnte hindurch zu den ausgeliehenen Büchern gehörte, und erst, seitdem Dr. Reickes sorgfältiger Blick auf dasselbe [7/8] aufmerksam geworden war, den Manuscripten beigesellt worden ist. Auch die Entscheidung der Frage ist nicht ganz sicher. Denn weitaus die meisten Bemerkungen sind mit flüchtigen, jetzt sehr abgeblassten Bleistiftzügen geschrieben, deren unbestimmtere Form den Charakter der Handschrift einigermassen verwischt. Kants Schriftzüge sind jedoch so eigenartig, seine Schreibgewohnheiten in dieser Zeit seines Lebens bereits so fest, und das Einzelne trotz der meist ganz kleinen Schrift und trotz mancher Abbreviaturen doch für den Geübten so deutlich, dass diese Unsicherheit nur ganz gering ist. Danach nun hat ein glücklicher Stern über dem gefährdeten Werk gewaltet. Nur in einem einzigen, zudem ganz nebensächlichen Fall, dem vorletzten Zusatz, ist mir der kantische Ursprung zweifelhaft. Für alle übrigen bürgt Form wie Inhalt.  1 )

Weniger bestimmt noch lässt sich die Frage beantworten, ob alle Anmerkungen der Zeit vor der Vollendung der zweiten Auflage angehören. Die Form der Schriftzüge reicht hier zur Entscheidung nicht zu. In Folge der Zahl und der Variabilität der in Betracht kommenden Bedingungen lassen sich solche sogar kaum für die Bemerkungen in dem (Dorpater) Handexemplar des Baumgartenschen Compendiums für Kants metaphysische Vorlesungen mit einiger Sicherheit bestimmen, die einen Zeitraum von vier Jahrzehnten umfassen. Inhaltliche Entscheidungsgründe fehlen ebenfalls; denn dieselben würden nur vorhanden sein, soweit sich jene letzte schwache Wendung zum Rationalismus erkennen liesse, die z. B. in den Entwürfen der Preisschrift für die Berliner Akademie zu Tage tritt. Jedoch was an inhaltlichen Hinweisen vorhanden ist, reicht über die Zeit der moralischen Stützung der theoretischen Speculation durch das Freiheitsbewusstsein, wie sich



1 ) Es finden sich allerdings auch Durchstreichungen ganzer Abschnitte sowie Striche am Rand und unter einzelnen Worten. Für die ersteren jedoch bürgt ihr zu besprechender Zweck. Die zweiten mussten schon weil sie nichts sagen, unberücksichtigt bleiben; die letzteren habe ich, weil sie sich auch bei schon gesperrt gedruckten Worten finden und teilweis ebenfalls nur einem augenblicklichen Bedürfnis gedient zu haben scheinen, ebenfalls nicht notirt, da die Möglichkeit ihres anderweiten Ursprungs nicht ausgeschlossen werden kann, obgleich einige wenige mit Hervorhebungen von Worten durch gesperrten Druck in der zweiten Auflage übereinstimmen. Für die Sache haben sie in keinem Fall Wert. [8/9]

solche zuerst in der Vorrede zur zweiten Auflage sowie in der gewiss ebenso späten Anmerkung zu S. 166  1 ) angedeutet findet, nicht hinaus.

Die Wahrscheinlichkeit späterer Zusätze ist jedoch gering. Dagegen spricht schon der Umstand, dass wir hier die erste Auflage vor uns haben, die Kant nach dem Erscheinen der zweiten schwerlich mehr viel benutzt haben wird, wenngleich er gelegentlich nach derselben citirt. Besonders aber zeugt dagegen die Teilnahmlosigkeit, die er an allen späteren Auflagen seines Werks kundgegeben hat. Geht dieselbe doch bekanntlich so weit, dass jene Auflagen selbst da, wo die Vorrede zur zweiten auf notwendige Textveränderungen hinwies, lediglich Abdrücke dieser letzteren geblieben sind. Sein Interesse reichte gerade hin, es geschehen zu lassen, dass in die fünfte die Verbesserungen aufgenommen wurden, auf welche, wie Vaihinger  2 ) gezeigt hat, Grillos kritischer Fleiss aufmerksam gemacht hatte, ohne dass er selbst noch einmal die bessernde Hand anlegte. Ueberdies aber ist diese Frage, eben weil inhaltliche Differenzen fehlen, ohne Bedeutung. Wir dürfen daher im Folgenden auch überall da, wo in den Anmerkungen bestimmte Hinweise auf die Ursprungszeit fehlen, ohne Gefahr von der Voraussetzung ausgehen, dass sie aus der Zeit vor dem April 1787 (XLIV) herstammen.

Bedeutsamer ist die Frage, in wie weit Kants Anmerkungen uns in den Stand setzen, sie innerhalb des Sexenniums zwischen beiden Auflagen zeitlich zu fixiren. Denn die nächste Bedingung dazu ist, dass sich die Wandlungen in ihnen wiederspiegeln, die Kants kritische Grenzbestimmung besonders in dem Problem des Idealismus während dieses Zeitraums erfahren hat. Diese Voraussetzung nun trifft in verschiedenen Fällen allerdings zu; jedoch wie zu erwarten nicht in häufigen. Denn es liegt in der Natur solcher leichteren Verschiebungen der Gedankenfäden, dass sie weniger in den abgebrochenen Gewebstücken einzelner Reflexionen,



1 ) Ich citire zunächst nach der Originalpaginirung der zweiten Auflage ; was in dieser fortgefallen ist, nach meiner Ausgabe, die auch für diese Abschnitte die Originalpaginirung wiedergiebt. Bei der Aufzählung der Anmerkungen habe ich die Paginirung der ersten Auflage in Klammern beigesetzt.
2 ) Notiz den Kanttext betreffend. Philosophische Monatshefte 1881 . [9/10]

als vielmehr in den breiteren Gewebsflächen eingehender Ausführungen erkennbar werden. Umfangreichere Discussionen aber, wie sie uns in den polemischen Zusätzen der Prolegomenen zu dem ursprünglichen erläuternden Auszug des kritischen Hauptwerks, ferner etwa in der Einleitung, der Deduction, der Kritik der psychologischen Paralogismen sowie dem Vorwort der neuen Bearbeitung vorliegen, fehlen hier gänzlich. Auch insofern aber lassen sich frühere Anmerkungen abtrennen, als sich Zusätze auch zu durchstrichenen Absätzen finden, die also, wie die zweite Auflage in einigen Fällen bestätigt, fortfallen sollten.

Nicht notwendig ist es aber anzunehmen, dass alle die Glossen Kants dem Zweck der Neubearbeitung unmittelbar dienen sollten. Es mag sein, dass einzelne der Reflexionen, die mit dem Text nicht in geschlossener Verbindung stehen, ohne directe Beziehung auf jenen Plan niedergeschrieben sind. Es ist ebenso möglich, dass andere etwa als Mittelpunkte für Erörterungen in den Vorlesungen bestimmt waren. Zu beiden Vermutungen werden wir später im Einzelnen Anlass haben. Allerdings aber sind beide Fälle Ausnahmen: die Masse der Anmerkungen trägt den Grund ihrer Entstehung, das Bedürfnis der zweiten Auflage, unverkennbar zur Schau.



Ich beginne mit der Aufzählung der verhältnismässig wenigen Fälle, in denen Uebereinstimmung mit den uns vorliegenden Verbesserungen stattfindet. Von der geringen Zahl der Correcturen des Sprachgebrauchs wie „vor" in „für" sowie von Druckfehlerverbesserungen wie „a priori" in „a posteriori" und ähnl. darf ich absehen. Ebenso wenig erfordern die ganz seltenen Fälle, wo Unterstreichungen einzelner Worte, die sich in der zweiten Auflage dementsprechend gesperrt gedruckt finden, wie S. 9 Z. 17: Z e r g l i e d e r u n g e n, oder S. 24 Z. 5 u.: P r i n c i p i e n eine Einzelaufzählung.
Ausserdem herrscht Uebereinstimmung in Folgendem:
1. Die beiden ersten Absätze der Einleitung sind durchstrichen (S. 1, Anm. 2).
2. Die Verbesserung S. 6, Anm. 1 ist vorhanden, zugleich mit einem Hinweis auf eine Einschiebung (der Abschnitte I u. II). [10/11]
3. Ebenso der Zusatz in Abschn. III, S. 7, Z. 5 f. bis zu den Worten: d o g m a t i s c h ist.
4. Desgleichen die Zusätze S. 7, Anm. 3; S. 9, Anm. 3 und die Correctur S. 11, Anm. 2.
5. Ferner ein Hinweis auf den in Abschn. IV, S. 12 aus den Prolegomenen S. 27, Nr. 1 entnommenen Abschnitt. Die dafür ausgefallenen Sätze der ersten Auflage sind durchstrichen Abschnitt IV ist als solcher bezeichnet.
6. Der Zusatz in Abschn. IV, S. 12, Z. 16; nur dass die Worte „und füge . . . hinzu" fehlen, und der Anfang des folgenden Satzes lauten soll: „Es ist also die Erfahrung dasjenige . . ."
7. Der Hinweis auf die Einfügung von Abschn. V; und zwar des Abschnittes 1 aus den Prolegomenen S. 27-30, der beiden folgenden aus dem von K. für den Druck beigelegten (nicht mehr vorhandenen) Manuscript.
8. Der Absatz S. 14, Anm. 3 ist durchstrichen.
9. Ein Hinweis auf Abschnitt VI liegt S. 14 Anm. 3 (I, 10) vor.
10. Die Ueberschrift von VII und die Correctur S. 24, Z. 2; nur dass statt: „Denn Vernunft ist" die Worte: „Vernunft ist" den Anfang des folgenden Textes bilden sollen.
11. Der Zusatz S. 25, Z. 2: „in Ansehung der Speculation," der zuerst, wie eine durchstrichene Bemerkung zeigt, „anfänglich und unmittelbar" lauten sollte.
12. Die Correctur S. 25, Z. 3; ich merke dabei an, dass das „überhaupt" nach Kants Intention bestehen bleiben soll.
13. Der erste Satz des Zusatzes S. 27, Anm. 1; statt des zweiten findet sich ein anderer unter Anmerkung IX später mitgeteilter Wortlaut.
14. Die Correctur S. 27, Anm. 2 und der Zusatz S. 27, Anm. 3.

In der transscendentalen Aesthetik findet sich keine Hinweisung oder Anmerkung, die den uns in der zweiten Auflage vorliegenden Veränderungen entspricht.

In der transscendentalen Analytik sind die drei Ausführungen, die in dem Hauptstück über die Phänomena und Noumena fortgefallen sind (S. 299 Anm. 2; S. 302 Anm. 1; S. 305 Anm. 1) in gleichem Sinne gekennzeichnet. Endlich ist der Zusatz S. 311 Anm. 2, [11/12] auf dessen Vorhandensein Windelband zuerst aufmerksam gemacht hat, ebenfalls vorhanden.

D a m i t a b e r s c h l i e s s t d i e R e i h e d e s U e b e r e i n s t i m m e n d e n a b.

Von dem A b w e i c h e n d e n hebe ich zunächst heraus, was sich auf das Vorhandensein eines anderen Planes der Umarbeitung beziehen lässt.

Hierher gehört zuerst, was sich auf S. 1 über die Gliederung der Einleitung findet.  1 ) Leider ist es nicht mehr ganz sicher zu entziffern.
I.1. Von der Möglichkeit einer Critik der reinen Vernunft.
2. Von der Nothwendigkeit derselben (nicht [aus] anderen Wissenschaften.)
3. Von ihrer Eintheilung.
4. Von dem Zwecke derselben, der Wissenschaft aller Principien der reinen Vernunft. [Practisch]

Dazu kommt als Anmerkung zu I. 1 oder 2.:
II. Dass die Vernunft in Ansehung ihrer Principien a priori Gränzen habe, sowohl dem Grade als dem Umfange nach.

Eintheilung der Metaphysic in Metaphysic der Natur und der Sitten.
Ausserdem sind der erste Absatz des Abschnittes von dem Unterschiede analytischer und synthetischer Urtheile S. 10 (I, 7) als § 1, die folgenden, vor denen die Ausführungen der Prolegomenen in § 2 c, 1 und 2 vorhergehen sollten, als § 2 bezeichnet. Weitere Paragraphirungen in diesem Sinne fehlen.
Durchstrichen ferner sind in der transscendentalen Aesthetik die beiden letzten Absätze S[.] 44, Z. 12 f. (I, 28), von denen jetzt nur ein Theil des ersteren fortgefallen ist,


1 ) Die Interpunktion fehlt im Original wie in den meisten Niederschriften Kants aus der späteren Zeit abgesehen von den hauptsächlichsten Punkten gänzlich. Das in eckige Klammern eingeschlossene ist unsichere Leseart, die schrägen Klammern < > enthalten Zusätze des Herausgebers. Die Wortformen des Originals habe ich beibehalten; nur die doppelte Schreibweise von „Begriff" und „Begrif" habe ich aufgegeben, sowie die lateinischen Lettern für Fremdworte, endlich die grobe Nachlässigkeit in der Schreibung der Anfangsbuchstaben und Endsilben. [12/13]


In der transscendentalen Analytik sollte der erste Abschnitt der Deduction, die Discussion „Von den Principien einer transscendentalen Deduction überhaupt," in der zweiten Auflage § 13, in eine Erörterung „Von den Principien einer Deduction überhaupt" verwandelt werden. Unwahrscheinlich aber ist, dass der Fortfall des ganzen Paragraphen bis S. 122, Z. 3 (I, 89), der stattfinden soll, dem gleichen Plane angehörte; denn die Schlussausführungen desselben, die der neuen Inhaltsangabe durchaus nicht entsprechen, sollten bleiben. Sie sollten statt der folgenden Ausführung: „Uebergang zur transscendentalen Deduction der Kategorien," die jetzt § 14 bildet, als § 14 fortbestehen, nachdem ihnen, wie die Anmerkung auf S. 124 (I, 92) wahrscheinlich macht, eine Beantwortung der Frage:
III. Was sind Categorien?
angehängt war. Hierauf sollte der zweite Abschnitt (Blge. II S. 95 f[.]) folgen, nachdem die erste Ausführung desselben: „Von den Gründen a priori zur Möglichkeit der Erfahrung" als „transscendentale Deduction" bezeichnet und als § 15 registrirt war. Der ganze dritte Abschnitt der Deduction dagegen (Blge. II S. 115 f[.] sollte wegfallen bis auf die Schlussausführung, die „Summarische Vorstellung" (Blge. II 128 f[.]), die Kant ausdrücklich als „Letzten Paragraphen" (vgl. 169) kennzeichnet.
Damit hören die Planveränderungen, die sich auf grössere Abschnitte beziehen, auf. Einzelne kleinere werde ich im Zusammenhang mit den Zusätzen, die sie bedingen, besprechen. Keines Beweises bedarf es, dass die ersteren ohne Ausnahme vor der endgiltigen Revision entworfen sind. Ungewiss dagegen muss es bleiben, inwieweit sie alle, abgesehen von dem Fortfall in § 13 der zweiten Auflage, der für sich entworfen scheint, einer und derselben Idee angehören. Die Angaben sind zu fragmentarisch, als dass sich unzweideutige Argumente für oder wider ihre Zusammengehörigkeit in einem Ganzen aus ihnen herleiten liessen. Sicher aber ist, dass die auf die Deduction bezüglichen der Zeit vor der Niederschrift der Vorrede zu den „Metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft" angehören, die etwa gegen das Ende des Jahres 1785 vollendet wurde.  1 ) In dieser Vorrede

1 ) Man vgl. ERDMANN, Kants Kriticismus 152 f. [13/14]

ist der Grundgedanke der zweiten Bearbeitung bekanntlich bereits klar ausgesprochen.
Sehr viel zahlreicher als diese Andeutungen sind die wirklich ausgeführten Veränderungen, die ich, damit ein Gesammtbild der einzelnen Abschnitte möglich bleibt, in ihrer ursprünglichen Reihenfolge besprechen werde.
Die Vorrede ist von Anmerkungen ganz frei. Die Einleitung dagegen bietet abgesehen von dem früher Angegebenen manches Einzelne, das grösseren Teils, sofern es den Wortlaut der ersten Auflage als Grundstock voraussetzt, der Zeit vor der definitiven Feststellung des Planes angehören möchte.
So findet sich zu der kurzen Besprechung der Merkmale der Apriorität, welche die erste Auflage bietet, auf S. 2 (1[I], Anm. 1, Z. 10 f. des ursprünglichen Textes).
IV. Wir können auf keine Nothwendigkeit a posteriori schliessen, wenn wir nicht schon a priori eine Regel haben. Z. E. Wenn viel Fälle auf einerlei Art sich zutragen, so muss etwas seyn, dadurch diese Einstimmung nothwendig ist, setzt den Satz a priori, dass alles Zufällige eine Ursache, deren Begriff a priori bestimmt, habe, voraus.
Eine auf derselben Seite befindliche, von Kant durchstrichene Bemerkung unterlasse ich anzuführen.
Zu S. 10 (I, 6) ist angemerkt:
V. Von synthetisch hypothetischen und disjunctiven Urtheilen, imgleichen den kategorischen negativen Urtheilen.
Auf die Verbesserung S. 11 Z. 9 (I, 7) „über den Begriff" folgt das Beispiel:
VI. Ich existire ist ein analytisch Urtheil; ein Körper existirt, ein synthetisch,
ein Beispiel also, dass trotz seiner nebensächlichen Stellung bedeutsam ist, insofern es in der Fassung der Existenz des Ich als eines analytischen Prädicats die Abhängigkeit von der Umbildung verrät, die Kants Lehre vom Ich in der zweiten Auflage erfahren hat.  1 )


1 ) ERDMANN a. a. O. 218 f., 153, 138. [14/15]

Zwischen den beiden später zum Teil fortgefallenen Absätzen auf S. 11 (I, 8) findet sich:
VII. Analytische Urtheile könnten demnach blosse Erläuterungs-, synthetische [aber] Erweiterungsurtheile <heissen>.
Der erste Satz des folgenden Abschnittes sollte dann lauten:
VIII. Bei empirischen oder Erfahrungsurtheilen hat es nun gar keine Schwierigkeit, wie sie synthetisch sind zu beweisen.
Beide Anmerkungen also gehören, da die Partie später umgearbeitet ist, der Zeit vor der letzten Redaction an. Vgl. S. 53 f.

Auf den ersten Satz des in der zweiten Auflage enthaltenen Zusatzes S. 27, Z. 1 (I, 13) folgen hier statt der jetzt vorliegenden die Worte:
IX. Denn ohne diese muss auch jene ohne allen Probirstein, und also ganz grundlos seyn.
Die auf derselben Seite befindliche, von Kant durchstrichene Bemerkung gebe ich nicht wieder.
In der transscendentalen Aesthetik bieten sich zahlreiche Anmerkungen dar.
Auf S. 33 (I, 19), zu „Anschauung" Z. 4:
X. ist dem Begriff, der blos Merkmal der Anschauung ist, entgegengesetzt.

Das Allgemeine muss im Einzelnen gegeben werden.
Dadurch hat's Bedeutung.
Ebenda zu „afficire" Z 7:
XI. Wenn die Vorstellung nicht selbst an sich die Ursache des Objects ist,
Es mag nötig sein, darauf hinzuweisen, dass dieser Zusatz nicht im Sinne des Idealismus oder des Humeschen Positivismus gedeutet werden darf. Nur die Beschränkung soll angedeutet werden, der das Gegebensein des Gegenstandes durch Affection hinsichtlich der Phantasievorstellungen unterliegt (vgl. Blge. II, 108 f[.]), denn ohne diese Beschränkung ist die Behauptung in der Tat falsch. Selbstverständlich ist, dass eine Beziehung auf die intellectuelle Anschauung nicht vorliegt.
Zu S 34, Z. 2 f[.] (I, 20) ist angemerkt:
XII. Anschauung bezieht sich aufs Object, Empfindung blos aufs Subject. [15/16]
Auf S. 38 (I, 23) findet sich vor dem ersten Argument eine leider ganz verwaschene Bemerkung. Auf dem unteren Rande, unter dem ersten Argument steht eine wenigstens so weit lesbare Notiz, dass sie sich als der Entwurf einer anderen Anordnung der Raumargumente offenbart, nämlich:
XIII.<l.> Der Raum ist kein Begriff, sondern Anschauung.
2. - - keine empirische Anschauung, denn man kann alles Empirische . . . . .
3. Er ist Anschauung a priori  . . . .
4. Der Raum ist die subjective Form . . .

Man sieht, dass die Bestimmung des Raums als Form der Sinnlichkeit, die erst in der transscendentalen Erörterung der zweiten Auflage unter dem Einfluss der analytischen Betrachtung der Prolegomenen zu selbständiger Geltung kommt, hier den beiden anderen Bestimmungen der Anschaulichkeit und Apriorität von vorn herein coordinirt ist.
Vor dem zweiten Argument, auf S. 38 u. (I, 24) heisst es:
XIV. Der Raum ist kein Begriff von äusseren Verhältnissen wie LEIBNITZ meynt, sondern das, was der Möglichkeit äusserer Verhältnisse zum Grunde liegt.
Die Nothwendigkeit der Beziehung unserer Sätze auf etwas äusseres ist ein Beweis der wirklichen Verbindung, darin wir mit äussern Dingen stehen; wider den Idealism.

Von der Bemerkung auf dem unteren Rande derselben Seite habe ich nur das Folgende entziffern können:
XV. Der Raum ist nicht ein von der Erfahrung hergenommener Begriff, sondern ein Grund möglicher äusserer Erfahrung. Ich müsste einen Begriff von Raum haben, wenn  1 ). . . .

Noch weniger ist von der Notiz auf dem unteren Rand der folgenden Seite, hinter dem fünften Argument der ersten Auflage, für mich lesbar geworden, nämlich nur
XVI. Beweis der Idealität des Raumes aus dem synthetischen Satze a priori  . von der . und der .

Dies ist keine Hypothese  2 ) . . .



1) Zwei Reihen der kantischen Handschrift fehlen.
2) Es fehlen drei und eine halbe Reihe. [16/17]

Auf S. 42 (I, 26) steht:
XVII. Der Raum und die Zeit führen in ihrer Vorstellung zugleich den Begriff der Nothwendigkeit mit sich. Nun ist dieses keine Nothwendigkeit eines Begriffs. Denn wir können beweisen, dass sich die Nichtexistenz desselben  1 ) nicht widerspreche. Auch kann Nothwendigkeit nicht in der empirischen Anschauung liegen. Denn die kann zwar den Begriff der Existenz, aber nicht der nothwendigen Existenz mit sich führen. Also ist diese Nothwendigkeit gar nicht im Objecte - objectiv; folglich ist sie nur eine dem Subject nothwendige Bedingung vor allen Warnehmungen der Sinne.
Ebenda folgt, als Ergänzung zu S. 42 Z. 19 f. (I, 26):
XVIII. Es mögen vielleicht alle erschaffene Wesen daran gebunden seyn, das wissen wir nicht. So viel kann man wissen, dass es eine blosse sinnliche Form ist. Das Vornehmste ist, dass sie  2 ) einen bestimmten Begriff a priori giebt, und wir durch innere Anschauung nicht würden Empfindungen, mithin [nicht] empirische Vorstellungen und keine Wissenschaft der Objecte a priori haben.

Auf S. 43 (I, 27) lesen wir eine für mich leider nur zum kleinsten Teil zu entziffernde Anmerkung über das
XIX. F e l d d e s R a u m e s u n d d e r Z e i t.
1. Beyde können sich nicht weiter erstrecken als auf Gegenstände der Sinne, also nicht auf Gott; 2. unter diesen selben gelten sie nur von Dingen als Gegenständen . . . . . .

Ebenda ist zu den Worten: „Dieses Prädicat wird den Dingen nur insofern beigelegt, als sie uns erscheinen", die Andeutung einer polemischen Ausführung angefügt.
XX. Wie MENDELSSOHN dieses so apodictisch behaupten konnte, indem er dem Raum doch objective Realität gab.


1) d. i. des Raumes.
2) „die subjective Bedingung, unter welcher wir allein äussere Anschauungen bekommen können". S. 42, 3 u. [17/18]


Innerhalb des Textes der ersten Auflage soll ausserdem geändert werden:
XXI. S. 43 Z. 10 f. die uns äusserlich in die uns nur immer äusserlich.
XXII. S. 43 Z. 12 sie mögen nun angeschaut werden oder nicht, oder auch von welchem Subject man wolle in sie mögen nun angeschaut werden von welchem Subject man wolle.
XXIII. S. 43 Z. 16 Wenn wir die Einschränkung eines Urtheils in Wenn wir die einschränkende Bedingung eines Urtheils.
XXIV. S. 43 Z. 18 Alle Dinge sind neben einander im Raum in Alle Dinge sind nebeneinander im Raum oder sie sind irgendwo.
XXV. S. 44 Z. 7 (I, 28) ob zwar zugleich in aber auch zugleich.

Da es sich hier ohne Ausnahme um Präcisirungen der Gedanken handelt, so ist es offenbar nur Kants Interesselosigkeit an solchen für das Ganze geringfügigen Mängeln, die der Aufnahme derselben in die endgiltige Redaction im Wege gestanden hat. In welch' hohem Grade diese Interesselosigkeit bei dem Philosophen vorhanden war, weiss jeder, der grössere Abschnitte seiner Werke im einzelnen durchgearbeitet hat.

Zu der Ausführung über die Idealität des Raumes (S. 44f.) findet sich noch die Randnotiz:
XXVI. Der reine Idealism betrifft die Existenz der Dinge ausser uns. Der critische lässt sie unentschieden, und behauptet nur, dass die Form ihrer Anschauung blos in uns sei.

Dieselbe gehört offenbar einer sehr frühen Zeit an; vermutlich ist sie noch vor dem Erscheinen der Göttinger Recension niedergeschrieben; denn sie steht sowol zu den Erörterungen der Prolegomenen als denen der Neubearbeitung in charakteristischem Gegensatz. Zum reinen Idealismus nämlich, der wie aus der obigen Bestimmung des kritischen folgt, die Existenz der Dinge leugnet, ist hier allerdings bereits diejenige Lehrmeinung geworden, die Kant in der ersten Auflage unter Idealismus gar [18/19] nicht verstanden wissen will (Blge. II, 369); es ist vielmehr der eigentliche Idealismus der Prolegomenen, der dogmatische der zweiten Auflage. Der kritische Idealismus dagegen hat hier einen Inhalt gewonnen, der das Problem desselben skeptischer fasst, als in der Kritik der Paralogismen der ersten Auflage, geschweige denn in den Prolegomenen oder der zweiten Bearbeitung irgendwo geschieht. Denn dort ist die Existenz der Dinge an sich anfangs die gar nicht in Frage kommende, dann die als selbstverständlich behauptete, endlich die eingehend bewiesene Voraussetzung. Was hier kritischer Idealismus ist, ist vielmehr der problematische, Cartesianische Idealismus der zweiten Auflage, dessen Problem in der Zwischenzeit von der Wirklichkeit der Erscheinungen in die Existenz der Dinge hinübergerückt ist, der dort das Object der Widerlegung durch den kritischen Idealismus bildet! Nur in den gelegentlichen Ausführungen der ersten Auflage, welche den Gedanken der kritischen Grenzbestimmung in seiner vollen Consequenz aussprechen, wie der Erörterung S. 344 f. findet diese Bestimmung ein Correlat. Wir haben es hier also mit einer ersten, durchaus in der Consequenz des kritischen Grundgedankens bleibenden Rückwirkung gegen die Einwürfe zu tun, die den Philosophen später zu den verfehlten Versuchen führen, die von ihm nie bezweifelte Existenz der Dinge aus den Vorstellungen heraus, die nur für Erscheinungen gelten, zu beweisen.  1 )

Auf der folgenden Seite 44 (I, 29) liegt eine wol ebenfalls nicht späte, weil zwischen zwei nach dem Früheren durchstrichenen Absätzen befindliche Andeutung über den kritischen Idealismus vor, die lautet:
XXVII. Ein Idealism, aus welchem die Möglichkeit einer Erkenntnis a priori, und der Mathematik erkannt werden kann.
Derselben entsprechen bekannte Erörterungen der Prolegomenen.

S. 53 (I, 36) bietet zwei Anmerkungen, von deren erster nur der Schluss noch bestimmt lesbar ist. Wie es danach scheint,



1 ) Man vgl. die ausführlichen Nachweise in der oben citirten Schrift über Kants Kriticismus, sowie meine Einleitung in die Prolegomenen S. LXVII f. [19/20]

handelt es sich um den Gedanken, dass wir die Dinge in Raum und Zeit nur erkennen können, wie sie erscheinen, Gott dagegen, wie sie sind; diese Erkenntnis aber sei für uns unverständlich. Die folgende; gegen Leibniz gerichtete Anmerkung dagegen, am Beginn der Erläuterung, hat folgenden Wortlaut:
XXVIII. Raum und Zeit sind nicht blos logische Formen unserer Sinnlichkeit, d. i. bestehen nicht darin, dass wir uns die wirklichen Verhältnisse verworren vorstellen; denn wie wollten wir a priori daraus synthetische und wahre Sätze herleiten? Wir schauen den Raum nicht an, aber auf verworrene Art; sondern er ist die Form unserer Anschauung. Sinnlichkeit ist nicht Verworrenheit der Vorstellungen, sondern subjective Bedingung des Bewustseyns.

Eine Anmerkung auf S. 53 (I, 37) zu der Widerlegung des z. B. von Lambert und Mendelssohn ihm gemachten Einwurfes gegen die Idealität der Zeit, speziell zu den Worten „die Zeit ist allerdings etwas Wirkliches" besagt:
XXIX. Ebenso der Raum. Dieses beweiset, dass, da hier eine Wirklichkeit (folglich auch einzelne Anschauung) gegeben ist, der doch immer die Wirklichkeit [als Ding] zum Grunde liegt, Raum und Zeit nicht zur Wirklichkeit der Dinge, sondern nur unserer Vorstellungsart gehören.

Der Sinn also ist, vorausgesetzt, dass die beiden nicht ganz sicheren Worte richtig gelesen sind: Der Raum ist wirklich als Form der äusseren empirischen Anschauung. Diese aber ist nicht bloss wirklich als Erscheinung, sondern ihr liegt auch das die Empfindungen wirkende Ding an sich zu Grunde. Als Form der Anschauung aber kann der Raum nur Form der wirklichen Erscheinung, nicht des Dinges sein.

Wiederum eine Polemik gegen Leibniz bringt eine Anmerkung zum Schluss der Erläuterung S. 58 (I, 41):
XXX. LEIBNITZENS System über Raum und Zeit war, beyde in intellectuelle, aber verworrene Begriffe zu verwandeln. Aus diesen aber lässt sich nicht die Möglichkeit der Erkenntniss a priori begreifen, denn da [müssen] beide vorhergehen. [20/21]
Darauf folgt:
XXXI. Schlus: Dass Raum und Zeit allerdings objective Realität haben, aber nicht für Dinge nach dem, was ihnen auch ausser der Relation auf unser Erkenntnisvermögen zukommt, sondern nur in Relation auf dasselbe, und zwar auf die Form der [Sinnlichkeit], mithin blos als Erscheinungen.

Auch das Fragezeichen, das sich bei S. 61 Z. 9 (I, 44) findet hat die Bedeutung einer präcisirenden Correctur. Denn das Recht stellt in der Tat, wie die „Metaphysischen Anfangsgründe der Rechtslehre" darlegen, nicht bloss die moralische, sondern auch die legale Form der Handlungen vor. - Der Schluss endlich der „Allgemeinen Anmerkungen zur transscendentalen Aesthetik" in der ersten Auflage, S. 66 (I, 49) giebt Hinweise darauf, dass Kant auch an eine etwas andere Erweiterung des Abschnittes als die jetzt vorliegende dachte. Es heisst dort:
XXXII. Von der Nothwendigkeit des Raumes und der Zeit als zur Existenz der Dinge gehöriger Bedingungen a priori - Von der Bemühung, beyde gleichwohl von einem Wesen, das kein Gegenstand der Sinne ist, Gott, wegzuschaffen - MENDELSSOHN.
Von der Naturlehre: wie daraus zu ersehen, dass die Körper blosse Phänomena sind.

Unklar ist mir geblieben, in welchem Sinne ein Fragezeichen zu deuten ist, das sich auf S. 74 (I, 52) zu der Definition der Logik als der Wissenschaft der Verstandesregeln überhaupt findet. Die Definition entspricht sowol den folgenden Erörterungen des kritischen Hauptwerks als den Auslassungen in Jäsches Bearbeitung des kantischen Collegs über Logik.

Ein Sprung führt uns nach dieser ersten Notiz zur Analytik über die nächstfolgenden, meist der architektonischen Einfügung derselben in das Ganze der Logik gewidmeten Discussion hinweg bis zum Anfang des ersten Buchs der Analytik. Erst hier finden wir neue Anmerkungen, zunächst auf S. 90 f. (I, 66):
XXXIII. Wir haben oben angemerkt, dass Erfahrung aus synthetischen Sätzen bestehe, und, wie synthetische Sätze a posteriori möglich seyn, nicht als eine der Auflösung bedürfende Frage angesehen, weil sie Factum ist. [21/22]
Jetzt lässt sich fragen, wie dieses Factum möglich sey.
Erfahrung besteht aus Urtheilen, aber es frägt sich, ob diese empirische Urtheile nicht Urtheile a priori (reine) zuletzt voraussetzen. Die Analysis der Erfahrung enthält erstlich die Zergliederung derselben, sofern darin Urtheile sind; zweitens ausser den Begriffen a posteriori auch Begriffe a priori.
Die Aufgabe ist: wie ist Erfahrung möglich? 1. Was thut in Urtheilen überhaupt der Verstand? 2. Was in empirischen die Sinne? 3. Was im empirischen Erkenntnis der Verstand, angewandt auf die Vorstellungen der Sinne, um ein Erkenntnis der Objecte hervorzubringen?
Zuerst sieht man, dass Erfahrung nur durch synthetische Sätze a priori möglich sey. Daher sind Principien a priori 1. immanent: nach dem Gebrauche; 2. frägt sich, ob sie auch transscendent sind.
Der Probirstein ist, ob etwas auch Erfahrung sey, d. i. ein Factum ist, gleichsam Experiment mit dem allgemeinen Satze, darunter das einzelne empirische Urtheil steht. Kan das nicht unter einer allgemeinen Regel zu urtheilen stehen, können daraus keine Begriffe gemacht werden, so ist's vitium subreptionis. [Warum] im Aberglauben und Leichtgläubigkeit.

Der Inhalt dieser Reflexionen zeigt, dass wir sie nicht als einen Zusatz zu den Darlegungen der Kritik der reinen Vernunft zu denken haben, neben denen sie niedergeschrieben sind. Sie bilden vielmehr eine Einleitung in die Deduction der Kategorien. Vielleicht bilden sie einen Teil eines Vorlesungsplanes.

Mehrere Verbesserungen weist der inhaltreiche Abschnitt „Von dem logischen Verstandesgebrauche überhaupt" auf. Mit den beiden ersten Andeutungen auf S. 93 (I, 68) allerdings weiss ich nichts anzufangen. Weder vermag ich nachzudenken, was Kant vorgedacht hatte, als er der Disjunction, dass alle Art zu erkennen entweder Anschauung oder Begriff sei, ein Fragezeichen zufügte, noch wage ich zu erraten, welchen Inhalt die Anmerkung haben sollte, die er der Definition der Function Z. 5 anfügen wollte. [22/23]

Im weiteren soll, abgesehen von dem teils in der zweiten Auflage, theils von allen späteren Herausgebern verbesserten Beispiel Z. 18 verändert werden.
XXXIV. S. 93 Z. 10 (I, 68) Da keine Vorstellung unmittelbar auf den Gegenstand geht als blos die Anschauung in da keine andere Vorstellung unmittelbar auf den Gegenstand geht als die Anschauung.
XXXV. S. 93 Z. 12 sondern auf irgend eine andere Vorstellung von demselben (sie sei Anschauung oder selbst schon Begriff) bezogen in sondern auf irgend eine andere Vorstellung von demselben, die entweder selbst nur mittelbar oder unmittelbar die Anschauung enthält, bezogen  1 )
XXXVI. S. 94 Z. 1 (I, 69) auf gewisse uns vorkommende Erscheinungen in auf gewisse uns vorkommende Anschauungen.
XXXVII. S. 95 Z 13 f[.] (I, 73) der eingetheilten Erkenntniss und der gesammelten Glieder in in einem eingetheilten Erkenntniss der gesammelten Glieder.

Dass es sich in allen diesen Fällen um Verbesserungen handelt, die zu unterlassen für Kant kein sachlicher Grund vorlag, bedarf keines Beweises.

Von einer auf der letztcitirten Seite, am Ende von Abschnitt 3 befindlichen kurzen Anmerkung vermag ich die letzten Worte nicht zu entziffern (I, 74):
XXXVIII. Urtheile und Sätze sind unterschieden. Dass letztere verbis [expressa] sind . [weil sie assertorisch sind]
Ueber die Sache ist kein Zweifel.  2 )

Mehrere Veränderungen finden sich zur Besprechung der Synthesis S. 103 f[.] (I, 77). Der Anfang von S. 103 soll lauten:
XXXIX. Ich verstehe aber unter Synthesis die Handlung, wodurch synthetische Urtheile werden, in der allgemeinen Bedeutung . . .



1) Ich merke dabei an, dass im folgenden Satz: „Das Urtheil ist also . ." wol verbessert werden muss: „Der Begriff ist also . ."
2) Man vgl. jedoch in meiner Besprechung der kantischen Logik von JÄSCHE ( Göttinger Anzeigen 1880) die Hinweise S. 612. [23/24]

Dazu ist ausserdem angemerkt:
XL. Verbindung, die Composition und der Nexus,
ein Hinweis, der durch die Anmerkung der zweiten Auflage zu S. 201 erfüllt ist.
Ferner sollen wir S. 108 Z. 16 (I, 78) lesen:
XLI. Die Synthesis überhaupt ist, wie wir künftig sehen werden, die blosse Wirkung der Einbildungskraft, einer Function des Verstandes . . .,
eine Veränderung, die in klarem Zusammenhang mit den Differenzen steht, welche die Neubearbeitung der Deduction in der zweiten Auflage bietet.  1 )

Zur Kategorientafel sollte mehreres hinzukommen. Vorhergehen sollte derselben S. 105 u. (I, 80):
XLII. Logische Functionen sind nur Formen für das Verhältnis der Begriffe im Denken. Categorien sind Begriffe, durch welche gewisse Anschauungen in Ansehung der synthetischen Einheit ihres Bewustseyns als unter einer dieser Functionen enthalten bestimmt werden; e. g. was als Subject gedacht werden muss und nicht als Prädicat. Dann sollte gehandelt werden:

XLIII. Von dem Nutzen der Categorien in Eintheilung eines Systems.  2 )
Von der Analytik der Categorien und Prädicabilien.
Von einer Charakteristik der Begriffe; von intellectuellen, empirischen und reinen sinnlichen [Vorstellungen]. - Lex originaria: Verstandesbegriff.
Ausserdem sollte verbessert werden S. 106 Z. 8 u. (I[,] 80).

XLIV. reinen Begriffe der Synthesis, die in reinen Begriffe, die . . .

Am Schluss des Abschnittes S. 109 (I, 83) endlich erfahren wir von folgendem geplanten Zusatz:
XLV. Was sind Categorien? - - Dass sie sich nur auf Gegenstände der Erfahrung erstrecken.
1. Woher entspringen sie?



1 ) Man vgl. ERDMANN Kants Kriticismus S. 236 Anm.
2 ) Vgl. KANT Prolegomenen S. 121 f. [24/25]

2. Wie gelten sie von Gegenständen der Erfahrung a priori?
Kant hat in der zweiten Auflage den ersten Theil dieses Plans bekanntlich nicht nur nicht ausgeführt, sondern ist vielmehr der Analyse der Kategorien noch vorsichtiger aus dem Wege gegangen, als in der ersten Bearbeitung.

Zum ersten Abschnitt der Deduction, der nach dem Früheren fast ganz fortfallen sollte, lesen wir Folgendes angemerkt.
XLVI. S. 116 (I, 84) Bewustseyn und innerer Sinn sind verschieden. Ich denke ist Spontaneität und hängt von keinem Gegenstande ab. Die Vorstellung aber, mit welcher ich mich denke, muss mir in der Anschauung (durch Imagination) vorher gegeben seyn. In Ansehung deren bin ich afficirt.

Auch hier ist der Zusammenhang klar und der Sinn deutlich, wenn man die Worte „durch Imagination" dahin interpretirt, dass sie auf die Synthesis des Verstandes gehen, die den inneren Sinn afficirt. Ferner ebenda:
XLVII. Es muss bewiesen werden, dass wenn es keine sinnliche Anschauung a priori gäbe, und diese nicht die Form der Sinnlichkeit im Subject, der alle Erscheinungen gemäss seyn müssen, wäre, so würden
1. Keine Categorie Bedeutung haben.
2. Aus blossen Categorien gar keine synthetische Sätze a priori möglich seyn.
Dann zu S. 118, Z. 1 (I, 85) die unwesentliche Notiz:

XLVIII. Sie sind nicht von der Erfahrung entlehnt.
Darauf soll verbessert werden:

XLIX. S. 122, Z. 7 u. (I, 90) nach einer Regel gesetzt wird in nach einer Regel a priori d. i. nothwendig gesetzt wird.
Hinter „einzusehen" S. 123, Z. 6 (I, 90):
L. Wenn ich gleich sage, ich würde ohne die Verknüpfung der Ursachen und Wirkungen die Reihenfolge der Veränderungen nicht begreifen, so folgt daraus gar nicht, dass diese gerade so <seyn> müssen, als ein Verstand es nöthig hat sie zu begreifen, [aber] ich würde nicht erklären können, woher sie beständig auf einander folgen. Allein [25/26] diese [Frage] würde ich gar nicht [thun], wenn ich den Begriff der Ursache und der Nothwendigkeit solcher Beharrlich[keit] nicht . zu . vorher hätte. Eine subjective Nothwendigkeit, Gewohnheit, würde es noch ärger machen. Eine eingepflanzte Nothwendigkeit würde die Nothwendigkeit nicht beweisen.

Trotz der Lücken, welche die Entzifferung offen lässt, ist leicht zu sehen, dass wir hier, eine Reflexion haben, die in verallgemeinerter Fassung dem § 27 der zweiten Auflage zu Grunde liegt.

Charakteristisch ist, dass der folgende Abschnitt, die transscendentale Deduction, abgesehen von einem Fall gar keine Anmerkungen enthält. Denn noch einmal nachzuweisen, dass Kant mit dieser ursprünglichen Gestalt dieses Kernpunktes seines Kriticismus schon bei der Niederschrift der Vorrede zur ersten Auflage nicht mehr zufrieden war, würde verlorene Mühe sein. Keine seiner Ausführungen hat, wenn auch die Idee derselben unverändert geblieben ist, so vollständige Umarbeitungen erfahren. Schon die Deduction in den Prolegomenen, der nur die blöde Urteilskraft eines Kantgläubigen, der über den nächsten Wortsinn nicht hinauszusehen vermag, die Schwierigkeit nicht ansieht, die dem Philosophen die von seinen Voraussetzungen aus im Grunde unmögliche Unterscheidung der Urtheile in Wahrnehmungs- und Erfahrungsurtheile gekostet hat, geht von einem in der Kritik kaum angedeuteten Gesichtspunkt aus. Der Mangel an Anmerkungen ist hier also ein Zeichen für die sehr frühe Erkenntnis Kants, das [daß] dieses Ganze verändert werden müsse.

Die einzige Reflexion, die sich gegen den Schluss derselben vorfindet, Blg. II, S. 125 (I, 125), geht denn auch auf den springenden Punkt der Erörterung gar nicht ein. Sie lautet:
LI. Dass die Gesetze der Natur eigentlich im Verstande ihren Ursprung haben, und eben so wenig wie Raum und Zeit ausser ihm angetroffen werden, beweiset schon die auch sonsten schon anerkannte Behauptung, dass wir sie a priori und als nothwendig erkennen, widrigenfalls wir sie, wenn sie von aussen entlehnt werden müssten, nur als zufällig erkennen könnten. Aber was sind denn das auch [26/27] für Gesetze? Keine grössere und mehrere, als wie sie nöthig sind, Erscheinungen in einen allgemeinen Zusammenhang mit einem Bewustseyn zu bringen, nur um Gegenstände als solche zu erkennen, dazu uns a priori die Form ihrer Anschauung und zugleich die Bedingung ihrer  1 ) Einheit in der Apperception gegeben ist.

Dazu kommt als einzige Correctur auf S. 126, Blge II, Z 12. (I, 126):

LII. Regeln sofern sie objectiv sind in Regeln, sofern sie die Existenz als nothwendig [erklären].

Ungleich reicheres Material bietet die Anlytik [Analytik] der Grundsätze. Zunächst erfahren wir, dass die Anmerkung zu S. 172 (I, 133) fortfallen sollte, offenbar weil sie nicht hier, sondern vielmehr in der Anthropologie an ihrem Platze ist. Die in der zweiten Auflage so gut wie unverändert gebliebene Erörterung über den Schematismus liefert:
LIII. S. 176 (I, 137). Wir können uns zu den Categorien keine Anschauungen noch Verhältnisse der Anschauungen erdenken, sondern sie müssen in der Erfahrung gegeben werden. Daher gehen alle Grundsätze blos auf mögliche Erfahrung, weil diese nur nach der Form der Verstandeseinheit möglich sind.
LIV. a. a. O. Die Unbegreiflichkeit der Categorien kommt daher, weil die synthetische Einheit der Apperception nicht eingesehen werden kann.
LV. a. a. O. Das Schema der Zeit eine Linie.  2 )
LVI. a. a. O. Die Möglichkeit eines Objects des Verstandesbegriffes, z. B. einer Ursache oder Commercium lässt sich nicht a priori denken, folglich nur eine Erscheinung mit den Bedingungen denken, unter denen sie in Verbindung mit dem Verstandesbegriffe Erfahrung werden kann.
Ebenda endlich zu dem Worte „Schematismus" der Ueberschrift:
LVII. Die Synthesis des Verstandes, wenn sie den inneren Sinn der Einheit der Apperception gemäss bestimmt, heisst so.



1 ) Im Manuscript „seiner", ein bei Kant mehrfach wiederkehrender Schreibfehler.
2 ) Vgl. Kritik S. 154. [27/28]


Damit ist eine für ihren Zusammenhang richtige nähere Bestimmung der transcendentalen Schemate ausgesprochen, die zwar der Sache nach, aber nicht in dieser präcisen Formulirung von Kant sonst gegeben ist (vgl. 179, 181). Auch hier ist übrigens der Zusammenhang mit der Lehre von der Synthesis in der zweiten Auflage unverkennbar. S. 178, Z. 7 u. (I, 139) soll verbessert werden:

LVIII. dass Begriffe ganz unmöglich sind in dass Begriffe für uns ohne Sinn sind.
Ebenso S. 181, Z. 14 (I, 142)

LIX. nach Bedingungen ihrer Form in nach Bedingungen seiner Form.

Eine Anmerkung, die auf den Schluss dieses Absatzes folgen sollte, ist nur durch ein Zeichen angedeutet, nicht ausgeführt.

Zu dem Wort „Empfindung" dagegen S. 182, Z. 9 (I 143) ist folgende Anmerkung ausgeführt:
LX. Empfindung ist das eigentliche empirische unserer Erkenntnis, und das Reale der Vorstellungen des inneren Sinns im Gegensatz gegen die Form desselben, die Zeit. Empfindung liegt also ausser aller Erkenntnis a priori Allein sie blos darin, wie sie sich der Qualität nach von andern unterscheidet, [ausser den Graden a priori ], aber nicht der Quantität derselben.

Hier habe ich die eingeklammerten Worte nicht sowol deshalb als unsicher gekennzeichnet, weil sie nur undeutlich erkennbar sind, denn ihre Richtigkeit ist mir bis auf das Wort „Graden" nicht zweifelhaft, als vielmehr, weil sie im Verhältnis zu dem letzten Satz eine sachliche Tautologie in grammatischer Unform geben, für die wir wol eine schnelle Niederschrift verantwortlich machen dürfen. - S. 186, Z. 5 u. (I, 147) ist zu verbessern:

LXI. einen Begriff vom Object in eine Erkenntnis vom Object.

Erst S. 197 (I, 158) bietet uns neue Anmerkungen, nämlich zunächst die Frage:

LXII. Wie richten sich die Gegenstände nach dem Begriff a priori?
eine Frage, mit der die folgende Reflexion sichtlich zusammenhängt, ohne dass sie direct als Antwort aufzufassen wäre: [28/29]
LXIII. Die  1 ) können niemals, als handelten sie von Dingen an sich selbst, aus blossen Begriffen, sondern nur aus der Möglichkeit der Warnehmung der Dinge bewiesen werden.
Die Tafel der Grundsätze auf S. 200 (I, 161) gewinnt mit den hier durch gesperrten Druck als solche gekennzeichneten Anmerkungen folgende Gestalt:
LXIV.1.Axiome der Anschauung. F o r m a l.
r e i n e M a t h e m a t i k - pura
a n g e w a n d t - - dynamik.
2.Anticipationen der Warnehmung. R e a l.
W a r n e h m u n g i s t d a s B e w u s t s e y n
e i n e r E r s c h e i n u n g (v o r a l l e m B e g r i f f e).
3.Analogien der ErfahrungP h y s i o-1. P h y s i s c h e
4.Postulate des empirischenl o g i e2. M e t a p h y-
Denkens überhaupts i s c h e
E m p f i n d u n g n i c h t
ü b e r E r f a h r u n g h i n a u s.




Dem letzten Teil dieser Zusätze gemäss sollten die folgenden Worte S. 201 Z. 2 u. (I, 162):
LXV. Die d y n a m i s c h e n Grundsätze in die p h y [s] i o l o g i s c h e n Grundsätze
verwandelt werden. Es lässt sich nicht leugnen, dass diese Bezeichnung der architektonischen Gliederung des Systems (873 f.) besser entsprochen hätte, als die jetzt beibehaltene, welche die Dynamik als die Wissenschaft von der Bewegungs q u a l i t ä t der Materie  2 ) von den dynamischen Grundsätzen ausschliesst.
Zu den Axiomen der Anschauung ist angemerkt:
LXVI. S. 202 (I, 162). Man muss die Warnehmungen unter die Categorien subsumiren. Aber aus denen Categorien für sich kan man gar nichts schliessen, sondern aus der Möglichkeit der Warnehmung, welche nur durch Bestimmung der Zeit und in der Zeit geschehen kan, darin der Actus, der die Anschauung bestimmt, nur nach einer Categorie möglich ist.



1 ) d. h. die Grundsätze.
2 ) Kant, Werke ed. Hartenstein IV 367 f. [29/30]

LXVII. a. a. O. Da wir alle Warnehmungen nur durch Apprehension in der Zeit anstellen können, diese aber eine Synthesis des Gleichartigen ist, der in der Einheit des Bewustseyns der Begriff der Grösse correspondirt, so können wir die Gegenstände äusserer und innerer Sinne nicht anders <als> als Grössen in der Erfahrung erkennen. Beschränkung des Begriffs der Grösse.
Hinter „erzeugt wird" S. 203 Z. 3 u. (I, 163) sollte folgen:
LXVIII. Daher geht der Begriff einer extensiven Grösse auch nicht blos auf das, worin Extension ist, d. i. blos auf äussere Anschauung. Das Wohlbefinden hat extensive Grösse nach der Länge der Zeit, die mit Annehmlichkeit verlebt wurde, aber auch intensive noch einen Grad dieser Annehmlichkeit.
Die Worte ferner S. 204 Z. 3 (I, 163):

LXIX. „(Menge vorher gegebener Theile)" sollen fortfallen,
wenn ich recht sehe, weil sie keine hinreichende Bestimmung des Begriffs vom Aggregat abgeben, das sonst ein „bloss durch Versuche zusammengebrachtes" Ganze (89) ist, wie Aristoteles' Categorientafel oder Lamberts mechanische Aufzählung der Grundbegriffe (91).
Dieselbe Seite giebt noch einen Zusatz:
LXX. Wir können niemals ein Mannigfaltiges als ein solches in der Warnehmung zusammennehmen, ohne es im Raum und Zeit zu thun. Da wir aber diese nicht für sich anschauen, so müssen wir das mannigfaltige Gleichartige überhaupt zusammennehmen nach Begriffen der Grösse.
Ueber den Sinn des „nicht für sich Anschauens" belehrt die Theorie der Selbstaffection im innern Sinn.
Eine letzte Correctur dieses Abschnitts bietet S. 205 (I[,] 164, 165).
LXXI. Der Satz: „Dass. 7 + 5 . . . Subjects denke)", der durch den Abschnitt V der n e u e n Einleitung überflüssig gemacht ist, soll fortfallen, und dafür den Worten: [30/31]
„Dagegen ist die Zahl 7" zugefügt worden: „in dem Satz 7 + 5 = 12".

Die „Anticipationen der Wahrnehmung" enthalten nur zwei Zusätze, den ersten
LXXII. S. 210 Anfang (I, 169). Ich sage nicht, alle Realität hat einen Grad, eben so wenig als, jedes Ding hat eine extensive Grösse.
Den zweiten S. 213, Z. 1 (I 171) zu „Veränderung":
LXXIII. Möglichkeit derselben so wie aller Objecte der reinen Verstandesbegriffe kann nicht anders als in der sinnlichen Anschauung gegeben werden. An sich ist sie nicht erkennbar.

In der allgemeinen Formulirung der „Analogien der Erfahrung", deren erste Absätze, bis zu den Worten „müssen dergleichen Regeln seyn" durchstrichen sind, lesen wir als ursprünglich geplanten Zusatz zu der Definition des allgemeinen Grundsatzes S. 218, Anm. 1 (I, 177):
LXXIV. Denn der Satz wäre tautologisch und leer, dass ich selber zu aller Zeit in mir, so fern ich sie denke, d. i. mit der ganzen Zeit, die ich denke, oder ihrer Form, zugleich bin.
Eben hierher ist der Zusatz zu ziehen:
LXXV. Das Princip der Beharrlichkeit betrifft nicht die Dinge an sich selbst, mithin das Subject der Vorstellungen der Dinge als sich selbst, d. i. der Apperception, sondern nur Erscheinungen. Denn auf andere geht nicht der Begriff der Zeit, auch nicht das Subject der Zeit selbst.
Zu dem Wort „Dasein" S. 219, Z. 3 u. (I, 177) soll hinzugefügt werden:

LXXVI. Verhältnis des Realen in der Erscheinung.

Reich bedacht ist der Anfang der ersten Analogie. Zunächst lesen wir S. 224 (I, 182):
LXXVII. Hier muss gezeigt werden, dass dieser Satz keine andere Substanzen angehe, als deren ganze Veränderung nur  1 ) durch bewegende Ursachen bewirkt <werde>, und auch nur in Bewegung bestehe, folglich in Veränderung der Relationen.



1 ) Im M. folgt noch ein „in", das zu einem durchstrichenen Worte gehört. [31/32]

LXXVIII. Alles Entstehen und Vergehen ist nur Veränderung dessen, was bleibt (der Substanz), und diese entsteht und vergeht nicht (also auch nicht die Welt).
LXXIX. Der Wechsel kan nur durchs Beharrliche und als dessen Veränderung wargenommen werden. Denn der Unterschied der Zeiten, darin Dinge seyn, kan nur in ihnen als Theilen einer und derselben Zeit wargenommen werden. Aller Wechsel ist nur Zeiteintheilung. Daher muss etwas seyn, was die ganze Zeit hindurch ist, weil das Ganze der Theilung immer zum Grunde liegt. Daher ist Substanz das Substrat, und das Wechselnde ist nur die Art desselben zu existiren.
Zum „Beweis" gehören die Randbemerkungen:
LXXX. Hier muss der Beweis so geführt werden, dass er nur auf Substanzen als Phänomena äusserer Sinne passt, folglich aus dem Raume, der und dessen Bestimmung folglich zu aller Zeit ist.
Im Raume ist alle Veränderung Bewegung; denn wäre noch eine andere in den Relationen, so müsste nach dem Begriffe der Veränderung das Subject beharren. Also müsste alles im Raume zugleich verschwinden.
LXXXI. Wenn die Substanz beharrt, indessen die Accidenzen wechseln, die Substanz aber, wenn alle Accidentia weggenommen sind, das leere Substantiale ist: was ist's, was beharrt? [Alles nun], was in der Erfahrung von dem Wechselnden unterschieden werden kann, [ist]  1 ) die Quantität, und diese kann nur durch die Grösse der blos relativen Wirkung bei gleichen äusseren Relationen geschätzt werden, passt also nur auf Körper.
Zwischen dem ersten und zweiten Absatz des Beweises lesen wir:
LXXXII. Hier muss von Veränderungen geredet werden.
Dann folgen zum nächsten Absatz (I, 183):
LXXXIII. Die Warnehmung der Dauer, ist nicht durch die



1 ) Im Manuscript scheint gegen Kants Gewohnheit, das „ist" auszuschreiben, blos ein „i." zu stehen. [32/33]

Warnehmung der einander folgenden Bestimmung<en> und des Verhältnisses ihrer Reihe zur Zeit möglich, auch nicht durch das Verhältnis zu einer andern Folge Bestimmungen, worin diese selber einen Zeitraum erfordert, sondern durch etwas, dessen Existenz keine Reihe von Folgen ist, aber diese als seine Bestimmungen in sich schliesst, folglich per durabilitatem der Substanz.
Dieser Beweis wird so wie alle synthetische nur aus der Möglichkeit der Warnehmung bewiesen. Wo ich die Substanz ausser ihren  1 ) Veränderungen nicht warnehmen kann, da gilt er; wo ich sie aber nicht anders als durch diese Veränderungen selbst warnehmen kann, da gilt er nicht, und ich kann ihre  1 ) Dauer und überhaupt die Zeit ihrer  1 ) Veränderung nur durch äussere Dinge schätzen, wie ich, da ich denke, mein eigen Daseyn [denke]; meine Beharrlichkeit ist also nicht bewiesen.
LXXXIV. In der Seele ist kein Quantum von Substanz möglich. Daher auch nichts, was man durch irgend ein Prädicat bestimmen und beharrlich nennen könnte.

Aus diesen Bemerkungen geht hervor, dass Kant seinen Beweis des Grundsatzes der Beharrlichkeit nicht immer auf gleichem Wege suchte. An die Stelle der Zeit, die Kant auf Grund einer ebenso subtilen wie irrtümlichen Fassung als die b e h a r r l i c h e Form der Bestimmungen des Nacheinander- oder des Zugleichseins gedacht wissen will, tritt hier der Raum. Die Gründe für diese Umbildung liegen zu Tage. Das Substrat des Wechsels, das Reale der Erscheinung, wird nicht im inneren Sinn, sondern nur in den Gegenständen der äusseren Sinne, den Körpern angetroffen. Denn das „stehende und bleibende" Ich der Apperception ist nicht der Gegenstand des inneren Sinns, sondern vielmehr das transscendentale Subject. So lehrt Kant auch sonst. Damit ist die Reflexion in LXXX gegeben; denn daraus folgt, dass nicht die Zeit, die auch Form der stets wechselnden inneren Vorgänge ist, sondern nur der Raum, der lediglich Form der Körperwelt sein kann, das sinnliche Correlat der Substanz sein muss. So



1 ) Im Manuscript „seine" und „seiner". Man vgl. S. 27, Anm. 1. [33/34]

consequent jedoch der Gedanke von diesen Voraussetzungen aus erscheint, so sehr widerspricht er der Theorie der Schemate, die alle Zeitbestimmungen sein müssen. Dieser Widerspruch hat daher vermutlich den Ausschlag dafür gegeben, dass der Beweis in der zweiten Auflage abgesehen von der leisen Verschiebung des Substrats alles Realen  1 ) unverändert geblieben ist.

Aus dem gleichen Zusammenhange bleibt mir noch der kurze Zusatz zu „erleide" S. 228 Z. 14 anzuführen:

LXXXV. Woher weiss er das? Nicht aus Erfahrung.
Zum Beweis der zweiten Analogie erfahren wir nur, dass derselbe zur grösseren Hälfte, bis S. 246, Z. 7 fortfallen sollte. Schwerlich aber sollten diese, in der zweiten Auflage gebliebenen Erörterungen nicht ersetzt werden. Dagegen spricht hier wie bei der Deduction der Umstand, dass sie, trotzdem auch hier ein singulärer Punkt für allerlei Angriffe vorlag, keine Anmerkungen zeigen. Wir dürfen deshalb wol schliessen, dass hier eine eingreifende Umarbeitung beabsichtigt war.

Nicht viel, aber Charakteristisches, finden wir zur letzten Analogie S. 256 (I, 211) notirt, deren erster Beweisabsatz S.258 fortfallen sollte. Es heisst hier:
LXXXVI. Der Raum macht die Gemeinschaft möglich. Weil nun das denkende Wesen mit allen seinen Vermögen,  2 ) deren Wirkung blos für den innern Sinn gehört, nicht eine Relation des Raumes ist, so ist darum das Commercium der Seele mit dem Körper, nicht begreiflich. Die Gemeinschaft der Dinge an sich selbst muss entweder eine dritte Substanz haben, in der sie als Accidentia sind und gegen einander im Verhältnis sind - Spinozism -, oder, da dies nicht angeht, so bleibt sie unbegreiflich. Der Raum ist selbst das Phänomenen der möglichen Gemeinschaft. Wenn ich Körper blos als Phänomena betrachte, die in mir sind, kann das Erkenntnisvermögen des inneren Sinns wohl mit denen des äussern in Gemeinschaft stehen.



1 ) ERDMANN, Kants Kriticismus S. 205.
2 ) Zwei folgende Worte „die blos" sind durchstrichen. [34/35]


In dieser Reflexion sind nicht nur die Beziehungen zu den oben besprochenen, dem Beweis der Beharrlichkeit angefügten ersichtlich, sondern auch die Nachklänge aus der Zeit der Dissertation von 1770 vernehmbar. Auch dort war der Raum „conditio universalis et necessaria compraesentiae omnum sensitive cognita"   1 )[.] Die Ausführung steht daher nur ihrem nächsten Inhalt nach mit den Erörterungen über das Problem der Wechselwirkung in der ersten Auflage auf gleichem Boden. Sie entfernt sich von denselben, sofern sie etwas mehr von den Hintergedanken über die Welt der Dinge an sich verrät, als dort geschieht. Die Ursache davon ist offenbar die Beziehung auf Spinoza, dessen Lehre hier, wo es dem Philosophen nicht darauf ankommt, die „Verdächtigungen" eines Spinozismus seines Systems zurückzuweisen, in ganz anderem Lichte erscheint, als in dem Aufsatz gegen Mendelssohn und Jacobi über das Orientiren. Dass dieser Hinweis zugleich den Ursprung der Reflexion in der Zeit des beginnenden Spinozastreits wahrscheinlich macht, liegt jedem Blick offen. -

Zu den Postulaten des empirischen Denkens finden wir die nachstehenden Zusätze:
LXXXVII. S. 266 f. (I 218, 219) Die Zufälligkeit des Veränderlichen wird nur daraus allererst geschlossen, dass nach der zweiten Analogie jeder Zustand seines Daseyns immer einen Grund erfordert, und nicht umgekehrt, dass er darum weil er zufällig ist, einen Grund haben muss. Wir nennen absolut zufällig, was gar keinen zureichenden Grund hat; nie hier, da er nie vollständig ist.
Andere Definitionen der Postulate lauten:
LXXXVIII. Von der Möglichkeit. Das dessen Begriff in einer correspondirenden Anschauung gegeben werden kann, ist möglich,
eine Definition, die nach den Erörterungen über Wirklichkeit S. 272 f. offenbar zu eng ist. Zutreffender ist:

LXXXIX. „Was unbestimmt in irgend einer Zeit gedacht werden kann" ist möglich.



1 ) KANTS Werke Bd. IV S. 416. [35/36]

Dem entsprechen:

XC. „Was in der Zeit bestimmt ist" ist wirklich.

XCI. „Was durch den Begriff der Zeit selbst bestimmt ist" ist (existirt) nothwendig.
Zur Wirklichkeit gehört noch:

XCII. Was in der Zeit und Raum bestimmt ist, ist wirklich. Wider Idealism.
Weiter lesen wir:
XCIII. Alles Wirkliche ist nothwendig, entweder absolut oder hypothetisch. Das gilt aber nur von noumenis; denn absolute Zufälligkeit der Dinge an sich lässt sich nicht denken,
wider einen Beweis mehr, dass trotz alles Scheltens der modernen Kantgläubigen die „Privatmeinungen" Kants über die Dinge an sich in dem metaphysischen Strom der leibnizischen, nach der Seite des Pantheismus gewendeten Monadologie schwimmen.
XCIV. Was existirt, also in andern Dingen ausser unseren Gedanken, ist durchgängig bestimmt. Dieser Satz ist das Princip des Begriffs eines entis realissimi als conceptus originarii. Woher der Begriff der absoluten Nothwendigkeit desselben?
Dahin gehöret auch der Satz, dass alle Negationen Einschränkungen sind. Dieses ist die synthetische Methode der V e r n u n f t.
XCV. Die Zufälligkeit legen wir nicht der Substanz, sondern nur den veränderlichen Accidentien bey. Ursachen.
XCVI. Die drey Criteria der Hypothesen, immer nur in Beziehung auf Erfahrung. Die Möglichkeit der Hypothese, die Wirklichkeit dessen, aus welchem zum Behuf der Hypothese ersonnen wird. Die Nothwendigkeit derselben muss [gewiss] seyn.

Sehen wir davon ab, dass ein Kreuz zu S. 274, Z. 3 (I, 226) wol auf die Einschiebung der Widerlegung des Idealismus hindeuten soll, so folgt zu S. 281, Z. 8 u. (I, 229), zu vacuum :

XCVII. Das vacuum physicum ist vom metaphysico, darin gar keine Wirkung ist, unterschieden. [36/37]

Dann lesen wir auf der Schlussseite des Hauptstücks S. 287 (I, 234), zunächst das Programm einer eingehenden und directen Beantwortung der Hauptfrage der Einleitung:
XCVIII. Nun kommt der Satz: wie sind synthetische Sätze a priori möglich,
einer Erörterung, deren Fehlen Kant noch gegenüber einem späteren Vorwurf Eberhards mittelbar zugiebt,  1 ) ohne dass wir deshalb anzunehmen brauchten, dieser Plan stamme erst aus jener Zeit. Derselbe war vielmehr schon durch die Einfügung der breit exponirten Fragestellung der Prolegomenen in die zweite Auflage der Kritik nahegelegt. Die Ausführung desselben aber hat vielleicht dieselbe Reflexion verhindert, die Kant später Eberhard entgegengehalten wissen will, dass nämlich das Princip der Beantwortung der Frage durch das ganze Werk, vom Capitel über den Schematismus an, angegeben sei.
Nur eine Gliederung dieser Frage ist es, die wir weiter finden:
XCIX. Zuletzt: Wie sind synthetische Sätze a priori durch Begriffe, wie durch die Construction der Begriffe möglich?

Dagegen würde dem Zusammenhang der sonstigen Erörterungen des Hauptwerks ein neues Glied zugeführt worden sein, wenn Kant ausgeführt hätte, was er im Folgenden andeutet:

C. Von der Möglichkeit einer artis characteristicae vel combinatoriae.

Auf den Inhalt derselben im einzelnen zu schliessen haben wir, so viel ich sehe, keinen sicheren Anhalt.

Eingeschoben sollte werden hinter „erzeugen" S. 287, Z. 9 (I, 234):
CI. Merkwürdig ist, dass wir zu diesen Postulaten immer ein mechanisch Mittel haben müssen entweder Model, als Schnur, das liegt, oder die Bewegung dieser Schnur um einen Punkt.

Endlich finden wir kurze Angaben von Betrachtungen, deren erste jetzt den Inhalt der „Allgemeinen Anmerkung zum System der Grundsätze" bildet. So



1 ) KANTS Werke Bd. VIII. S. 747. [37/38]

CII. Dass alle Grundsätze und überhaupt synthetische Sätze a priori nicht weiter gehen als auf Gegenstände der Erfahrung, und dass wenn wir noch  1 ) darüber hinaus gehen wollten, ihnen doch keine Anschauung correspondiren kan.
CIII. Dass die reinen Verstandesgesetze auch nichts weiter als die Gesetze lehren, darunter allein Erfahrung überhaupt möglich ist, nicht die besondere Gesetze der Gegenstände der Erfahrung. Dass aber so die Gesetze der Erscheinungen (die blos in uns sind) im Verstande, also auch in uns ihren Sitz und Ursprung haben, ist nicht zu bewundern. Ja, es ist nicht möglich, ein Gesetz mit seiner Nothwendigkeit zu erkennen, so doch, dass wir es in anderm als unserm eigenen Verstand erkannt hätten. Die chemische Gesetze sind nicht sowohl Gesetze als Naturregeln.

Den Eingang in den Abschnitt über die Phänomena und Noumena sollten folgende Betrachtungen bilden:
CIV. S. 294 (I, 235) Hier geht die Frage vorher: wie weit erstreckt sich die Möglichkeit der synthetischen Erkenntnis a priori? Wenn von einem Dinge durch Categorien die Rede ist, welches blos durch die Vernunft, mithin auch durch Categorien bestimmt wird, so sind dergleichen Sätze analytisch, geben aber keine Erkenntnis.

CV.1. V o n E r s c h e i n u n g u n d S c h e i n.
2. Wie man sagen könne, dass Körper Erscheinungen sind. Sie bestehen aus lauter Relationen; Seele besteht aus lauter Synthesis und Analysis dieser Vorstellungen. Das Ich ist Noumenon; Ich als Intelligenz.
Dann folgt Einzelnes:

CVI. Zur Ueberschrift, zu „Phänomena und Noumena":
„Sinnenwesen - Verstandeswesen; Sensibilia - Intelligibilia.

CVII. Wir können Noumena nur denken, aber nicht erkennen.



1 ) Im Manuskript: „wenn wir uns noch". [38/39]

CVIII. Man <muss> sich Dinge an sich selbst durch den Begriff von einem realesten Wesen denken, weil dieses alle Erfahrung ausschliesst,
eine Bemerkung, die durch die überraschenden Ausführungen Kants gegen Mendelssohn, die Jakob seiner Prüfung der Morgenstunden hat vordrucken dürfen, ihr Licht erhält,  1 ) und in diesem als eine neue Bestätigung jener Privatmeinungen über die Dinge an sich erscheint. Eben hierher gehört die folgende Anmerkung:

CIX. Mundus phaenomenon oder ein Ganzes von Substanzen im Raum lässt sich leicht denken, aber gar nicht als noumenon, weil jene isolirt sind.
Nicht ganz klar wird der Sinn der Bemerkung:

CX. Dieselben Dinge als Sinnen- oder Verstandeswesen. Ich selbst bin das einzige, was sich [nicht] anschaut.
S. 295 (I, 236) erfahren wir:
CXI. Categorien dienen  2 ) nicht dazu, für sich Dinge zu erkennen, sondern nur, Anschauungen in Raum und Zeit, d. i. Erscheinungen zu ordnen.
CXII. Bisher hatte man geglaubt, dass man durch Categorien schon wirklich etwas erkennete; jetzt sehen wir ein, dass sie nur Gedankenformen sind, das Mannigfaltige der Anschauungen zur synthetischen Einheit der Apperception zu bringen.
CXIII. Noumena: Wesen, die selbst Verstand haben, auch Caussalität in Ansehung der Objecte ihres Verstandes durch den Verstand selbst, d. i. Willen und dann alle übrige Categorien d. i. reine Intelligenzen. Aber da wir ihnen alle sinnliche Bedingungen nehmen, so können wir sie nicht bestimmt denken. Die Möglichkeit von so etwas ist nicht klar.

Auch in dieser Reflexion ist der monadologische Gedankenhintergrund klar, wie ein solcher schon in der ersten Auflage dem aufmerksamen Blick mehrfach z. B. auch in den Stellen kenntlich ist, die noch immer häufig im Sinne des reinen Idealismus gedeutet werden, wie Blge III S. 358.



1 ) Man Vgl. KANTS Werke Bd. IV S. 468, und ERDMANN Kriticismus S. 137.
2 ) Es folgt im Manuscript ein wie es scheint durchstrichenes „gar". [39/40]


Auf der folgenden Seite S. 296 Z. 14 (I, 237) soll verbessert werden:
CXIV. was wahr ist, sondern was man zu wissen begehrt in was wahr ist, so wenig es auch sey, sondern seine Erkenntnis zu erweitern.

Eine ursprüngliche, von Kant durchstrichene Veränderung derselben Worte drucke ich nicht mit ab.
Ebenda heisst es:
CXV. Die Möglichkeit einer Ursache lässt sich ohne Beyspiel aus Erfahrung nicht einsehen, also ist es gar kein Begriff, den man ausser der möglichen Erfahrung brauchen kan. In ihr ist er doch [nur]  1 ) als möglich anzusehen und kan angenommen werden.

Mehrfache sehr wertvolle Einzelveränderungen werden uns in folgenden geboten:

CXVI. S. 298 Z. 2 (I, 238) hinter „aussieht" die Andeutung:
„wider Schwärmerey".
Im folgenden Satz sollen wir lesen:
CXVII. Der transscendentale Gebrauch eines Begriffs in irgend einem Grundsatze ist dieser, dass er auf G e g e n s t ä n d e, d i e u n s i n k e i n e r A n s c h a u u n g g e g e b e n w e r d e n, m i t h i n n i c h t s i n n l i c h e G e g e n s t ä n d e . . . bezogen wird.

Die gesperrt gedruckten Worte sollen also für die Worte: „auf Dinge ü b e r h a u p t und a n s i c h s e l b s t" eintreten. Darin liegt keine sachliche Veränderung: die nichtsinnlichen Gegenstände sind die Dinge überhaupt der Kategorien, deren reiner Gebrauch weiter geht als bis an die Grenzen der Sinnlichkeit, und diese sind wiederum die Dinge an sich sofern erst durch die Beziehung der reinen Kategorien auf die Sinnlichkeit die für sich noumenale Sphäre der letzteren zur phänomenalen beschränkt wird.  2 ) Die formelle Verbesserung jedoch ist unverkennbar.



1 ) Ich würde „nicht" lesen, wenn die Beziehung des „ihr" auf „ausser der möglichen Erfahrung" nicht ganz ausgeschlossen erschiene.
2 ) ERDMANN, a. a. O. S. 41 f. [40/41]


S. 298 Z. 13 (I, 239) sollen die Worte. „wenn eine reine Anschauung" näher bestimmt werden zu,

CXVIII. wenn uns gleich eine reine sinnliche Anschauung.
Zu S. 300 Z. 1 (I, 240) ist angemerkt :

CXIX. Wir können ihre Möglichkeit nicht erklären.
Die in der zweiten Auflage fortgefallene Anmerkung S. 217 Anm. 2 (I, 242) „Ich verstehe hier . . ." sollte den Schlusssatz erhalten:
CXX. Man könnte auch statt e r k l ä r e n den Ausdruck brauchen, etwas durch ein B e y s p i e l b e l e g e n,
ein Zusatz, der der Sache nach in der Correctur der zweiten, Auflage S. 300 Z. 3 enthalten ist.

Bei „werde" S. 301 Z. 3 finden wir den Hinweis: „Siehe allgemeine Anmerkung", also, wie der Inhalt zeigt auf den Zusatz der neuen Bearbeitung S. 288 f.

Für „der transscendentalen Möglichkeit" S. 302 Z. 15 sollen wir setzen:

CXXI. der realen Möglichkeit.
Der kleine Absatz S. 303 Z. 1 f[.] (I, 246) bot Kant Anlass zu drei Correcturen:
CXXII. Hinter Z. 3 „Gebrauche sein", genauer übrigens wol hinter „Gebrauche" soll folgen: „d. i. aus blossen Categorien keine Grundsätze."

CXXIII. Zu „Dinge überhaupt" Z. 6 soll hinzugefügt werden „synthetisch",
eine Präcision, deren Sinn sich ohne weiteres aus Nr. CIV ergiebt.
Den Schlussworten endlich ist beizugeben:

CXXIV. wenn sie Erkenntnis verschaffen sollen.
Ferner sollen wir anfügen:
CXXV. S. 304 Z. 5 (I, 247) zu „Mannigfaltigen" einer „möglichen Anschauung"
CXXVI. Z. 8, hinter „kein Object bestimmt" die Folgerung: „mithin nichts erkannt."
CXXVII. Z. 6 u., hinter „gar kein Gebrauch" die Beschränkung: „um etwas zu erkennen", [41/42]
Präcisionen, deren Wert alle diejenigen zu schätzen wissen werden, die versucht haben in Kants Lehre vom reinen und vom transscendentalen Gebrauch der Kategorien einzudringen.

Zum Schluss des Absatzes S. 304 (I, 248) finden wir den Zusatz:
CXXVIII. Die Möglichkeit eines Dinges kann man nur durch Anschauung, entweder empirische oder Anschauung a priori geben. Die erste ist empirisch, die zweyte wenigstens sinnlich. Beyde gehen also auf Phänomena. Gar kein theoretisch Erkenntniss vom Noumenon, aber practische Beziehung auf ein Subject, so fern es nicht Phänomenon ist.
Ferner ebenda:
CXXIX. Findet sich zwar nicht in der Sinnenwelt, aber doch in unserm reinen Bewustseyn der Vernunft etwas, was schlechterdings den Gesetzen derselben zuwider ist, z. B. dem der Caussalität, so gehören wir zu den Noumenen, können aber so fern keine Kenntnis von uns haben, aber doch wenigstens die Möglichkeit davon einräumen.
CXXX. Verstandeswesen sind eigentlich diejenige, denen keine andere als intellectuelle Anschauung correspondirt. Da unser Verstand nun nicht anzuschauen vermag, so ist diese intellectuelle Anschauung für uns nichts. Also bleibt uns nichts übrig, als Verstandesbegriffe. Diese aber sind blos Gedankenformen, so gar, dass wenn man sie allein, ohne Beyspiel aus sinnlicher Anschauung, auf ein Object anwenden wollte, die Möglichkeit, dass irgend etwas ihnen correspondiren könne, nicht eingesehen werden kan.

Dass diese letzte Reflexion, dem ursprünglichen Gedankengang näher steht, als dem uns in der zweiten Bearbeitung vorliegenden, lässt sich ohne Mühe erkennen.
CXXXI. Gegenstände einer nichtsinnlichen Erkenntnis sind entweder in einer sinnlichen Anschauung gegeben oder nicht. Ist das erste, so sind sie zwar Erscheinungen, man kan aber nicht wissen, ob sie irgend auf andere Art können erkannt werden, und ob intellectuelle Anschauung [42/43] möglich sey. Gegenstände, die in gar keiner sinnlichen Anschauung gegeben worden, kann ich, weil ich keine intellectuelle habe, nicht einmal ihrer Möglichkeit nach erkennen, und Gegenstände einer Anschauung des Verstandes wären blosse problematische Wesen, und als solche sind alle Noumena oder Verstandeswesen anzusehen. N. B.

Es ist gewiss kein Nachteil, dass Kant den Weg den er hier durch die lichtleere Beziehung der Gegenstände einer nicht sinnlichen Erkenntnis auf mögliche sinnliche Anschauung eingeschlagen, in der Umarbeitung nicht wirklich betreten hat.

Sollte daher der durchstrichene Anfang einer Randbemerkung einen gleichen Gedanken einleiten, so hätten wir keinen Grund zu bedauern, dass dieselbe unvollendet geblieben ist.
Auf derselben Seite lesen wir noch:
CXXXII. Wir haben zu Ende der Grundsätze gesehen, dass  1 ) der Begriff der Ursache dazu diene, das Verhältnis der Zeitfolge im [Verlauf] derer Erscheinungen a priori zu bestimmen; nehmen wir die Zeit weg, so ist er zu nichts.
Ferner soll verbessert werden:
CXXXIII. S. 305 Anm. 1, Z. 4 u. des zweiten Absatzes (I 250) „Exposition" in „Synthesis des Mannigfaltigen."
CXXXIV. a. a. O., dritter Absatz Z. 4 „dieses Etwas ist" in „dieses Etwas als Gegenstand einer Anschauung überhaupt ist."
CXXXV. a. a. O., Schluss des dritten Absatzes (I, 251) ist anzufügen: „nur Gedankenform, aber keine Erkenntnis".
CXXXVI. a. a. O. Sechster Absatz Z. 1, ist zu verbessern: „nun zwar" statt „nun".
CXXXVII. a. a. O. soll der Schluss des sechsten Absatzes lauten: „ob es alsdann nicht eine blosse Form eines Begriffs sei o d e r ob bei dieser Abtrennung überall n o c h e i n e m ö g l i c h e A n s c h a u u n g übrig bleibe" statt „und ob . . . ein Object übrig bleibe." Dann soll



1 ) Im Manuscript wiederholt. [43/44]

es weiter heissen: „denn die Möglichkeit einer intellectuellen Anschauung kann niemand darthun, und es könnte also leicht seyn, dass gar keine solche Erkenntnisart stattfände, in Ansehung deren wir etwas als Gegenstand betrachten würden. Also behauptet der positive Begriff eines Noumenon etwas, dessen Möglichkeit er nicht beweisen kann.

Zu den Worten Absatz 7 Z. 6 „durch keine Kategorie" ist, wenn ich recht lese, angemerkt M. S. Dann soll Z. 8 gesetzt werden statt „zwar möglich":

CXXXVIII, zwar logisch möglich.
Damit ist die Reihe der Veränderungen zu den später ausgefallenen Abschnitten, der Nummern CXIX, CXX, CXXXI - CXXXVIII erschöpft, derer also, die der Zeit vor dem Plan vollständiger Umarbeitung angehören.

Es folgt, sehen wir ab von einer nur durch ein Zeichen angedeuteten Anmerkung zu S. 310, Z. 6 (I, 254) „gedacht", sowie von dem früher schon notirten auch in der zweiten Auflage befindlichen Zusatz „in positiver Bedeutung" S. 311:

CXXXIX. S. 315, Z. 7 (I, 259) das dritte der Anschauung statt: das dritte
CXL. a. a. O. Z. 14 der positive Begriff, das mögliche E r k e n n t n i s, statt: der Begriff.
Damit ist der an Anmerkungen reichste Abschnitt erledigt.
Zur Amphibolie der Reflexionsbegriffe lesen wir:
CXLI. Zu S. 317, Z. 6 f. (I, 261): Das Urtheil nach Reflexionsbegriffen ist in Ansehung der Dinge an sich selbst analytisch, blos das Bewustseyn zu bestimmen, in Erscheinungen synthetisch.
CXLII. Zu „Einerleiheit" Z. 13. Ob einerley Begriffe von Dingen eines und dasselbe Ding, und also keine Vielheit beweisen, oder ob bey völliger Einerleyheit der Begriffe doch es viel Dinge gäbe, [wegen] Verschiedenheit der Örter - gehört zur logischen Quantität.
CXLIII. Zu „Widerstreits", Z. 14: Einander nicht widersprechende Begriffe von Realitäten sind einstimmig. Kann ich darum sagen, dass die Dinge einstimmig sind, [44/45] die in eben dem Dinge zusammen bestehn? Können umgekehrt zwey entgegengesetzte Bestimmungen in einer Veränderung sich einander in dem Dinge an sich selbst widerstreitend, aber einstimmig im Phänomenon [seyn]?

Da die zu dem Wort „Aeusseren" a. a. O. bestimmte Anmerkung fehlt, folgen die Zusätze S. 319, Z. 10 (I, 263):
CXLIV. Diese Sätze lehren augenscheinlich dass Raum und Zeit nur von Dingen, und unter denen auch von uns selbst als Erscheinungen gelten; denn sonst würden sie nicht ganz entgegenstehende Sätze geben, als die, da wir von Dingen an sich selbst reden.
CXLV. Hinter „3-3=0 sei" S. 320, Z. 2 u. (I, 265): „denn der Realität ist blos Negation =0 entgegen.
CXLVI. Zu S. 321, Z. 6: Dieser Misverstand macht, dass man alles Uebel und Böse in der Welt in blossen Negationen setzt, Laster und Schmerz, auch dass man die Realität so hoch preiset.
CXLVII. Zum Absatz 3: Idealism und Dualism.
CXLVIII. Zu „dagegen sind . . . " S. 321, Z. 10: Im Raum sind lauter äussere, im innern Sinn lauter innere Verhältnisse; das Absolute fehlt.
CXLIX. Zu „Bestimmbare" und „Bestimmung" S. 322, Z. 9 (I, 266): die durchgängige Bestimmung als Princip auf der Einheit des Bewustseyns gegründet. Existenz bestimmt in Raum und Zeit. Daher in noumenis die höchste Realität die Materie und die Form der Vollkommenheit enthält. Das Formale ist das Beste;
wieder ein Beitrag über das Wesen der Dinge an sich!
Von der nächstfolgenden Verbesserung, derzufolge S. 334, Z. 9 (I, 278) „weil uns" statt „und es uns" gesetzt werden soll, dürfen wir absehen, da die Lesart der zweiten Auflage: „da es uns" der Sache nach damit übereinstimmt. Auch die Correctur S. 844, Z. 1 (I, 287), die „vor eine ganz andere Anschauung" in „vor einer ganz anderen Anschauung" verwandelt wissen will, lehrt uns nicht viel, zumal da nicht bloss die folgende Worte: „und einen ganz anderen Verstand" unverändert geblieben sind, [45/46] sondern auch der sonstige Sprachgebrauch Kants in diesen Fällen das „vor" immer als „für" denken lässt. Die Correctur kurz vorher jedoch:

CL. S. 342, Z. 9 (I, 281) „gedacht" in „von uns erkannt" ist um so dankenswerter, als dadurch von dieser dunklen, mit der sonstigen Lehre vom Noumenon auffallend contrastirenden Ausführung wenigstens eine Schwierigkeit fortgeschafft wird.
Zu S. 346 u. (I, 290) erfahren wir:

CLI. der oberste Begriff ist der vom Gegenstande überhaupt;
womit allerdings nur wiederholt ist, was in den Worten vorher bereits ausgedrückt war. -

In der nun folgenden transscendentalen Dialektik beginnen die Anmerkungen spärlicher zu werden, wenn die Abnahme derselben auch nicht so schnell erfolgt, wie in der uns vorliegenden zweiten Bearbeitung.
Am Beginn derselben lesen wir:
CLII S. 349 (I, 293) Wir haben bisher bewiesen, dass wir nur durch Categorien und die von ihnen abgeleitete Begriffe denken können, dass aber unser Erkenntnis (a priori) mit ihnen doch nicht weiter reichen könne als auf Gegenstände möglicher Erfahrung. Jetzt treten Wissenschaften auf, Psychologie, Cosmologie, Theologie, die das versprechen.

Ein Strich durch die beiden Reihen S. 348, Z. 2 (I,311): „objective . . . Begriffe" scheint zufälligen Ursprungs zu sein. Dann folgt zu dem neuen Abschnitt S. 377 (I, 321) eine unvollständige und überdies nicht vollständig, wenn schon dem wesentlichen Inhalt nach zu entziffernde Anmerkung.
CLIII. In der Erfahrung können wir keine Vernunftbegriffe, z. B. des Einfachen, welches keine Erfahrung darstellen kann, das [schlechthin] Unbedingte jeder Art [antreffen].
Die cosmologische Ideen gehen zwar auf Objecte der Sinnenwelt, aber . . .  1 )



1 ) Schluss fehlt im Manuscript. Die nächstliegende Fortsetzung, die Beziehung auf die Totalität der Synthesis, ergiebt sich leicht. [46/47]


In dem folgenden Hauptstück von den Paralogismen treffen wir wieder auf die Tatsache, dass der Anmerkungen nur ganz wenige sind, trotzdem dasselbe in der neuen Auflage vollständig umgearbeitet ist. Da die Umarbeitung hier überdies später geplant ist, als die der Deduction, welche schon in den Prolegomenen eine neue Fassung erhalten hatte, so gewinnen wir eine neue Bestätigung für den früher schon formulirten Grund dieser Erscheinung, dass nämlich gerade die Absicht gänzlicher Umgestaltung den Mangel einzelner Zusätze hervorrief.

Was sich uns bietet, reducirt sich auf folgende, meist den ersten Seiten angehörige Zusätze:
CLIV. S. 399 (I, 341) Die Frage ist, ob wenn ich ein transscendentales Object (Ich) durch lauter Categorien erkenne, ohne sonst Eigenschaften von ihm zu haben, ich es dadurch wirklich erkenne oder nur negativen Begriff von ihm habe. Ferner, ob diese Categorien könnten durch Warnehmung an diesem Object erkannt werden, oder ob sie a priori im Denken überhaupt liegen. Drittens, ob durch diese das Erkenntnis erweitert würde.

Einen Hinweis auf S. 620 (I, 592), den wir eben hier lesen, besprechen wir in jenem späteren Zusammenhange.
CLV. Ein Paralogism ist ein Vernunftschlus, der in forma falsch ist. Nun gehört zur Form auch, dass Major ein allgemeiner Satz sey, und auch, dass die Prämissen nicht tautologisch seyn. Es ist aber hier Major ein einzelnes Urtheil und enthält in sich Tautologie. Folglich hat der Syllogism nur 2 terminos.
CLVI. a. a. O. Die Paralogismen fangen von der Existenz als Modalität an: „Ich bin"; gehen zur Relation, um die Existenz nicht in der Zeit zu bestimmen, welches empirisch wäre. Also: Ich bin als Substanz, der Qualität nach einfach, der Quantität [nach] in meiner Dauer identisch. Die Zeit meiner Dauer ist also die meiner eigenen Selbstbestimmung der Zeit.  1 )



1 ) Man vrgl. Kritik S. 418. [47/48]

CLVII. a. a. O. Der Satz: a existirt, ist Substanz einfach, immer dieselbe, muss sonst durch Merkmale 1. der Warnehmung, wenigstens in der Zeit; 2. durch Eigenschaften, die beharrlich sind; 3. durch Demonstration derer [Theile] in Raum und Zeit;  1 ) 4. durch Warnehmung erkannt werden. Hier [empfinde] ich gleichsam die Categorien oder weiss sie a priori.
CLVIII. S. 401 (I, 343) Die Sätze der rationalen Psychologie gründen sich alle auf das „Ich bin". Denn würden sie auch nur die Zeit hinzusetzen, so wäre es ein Gegenstand der Erfahrung, von dem sie handelte, und alles, was dadurch herausgebracht werden würde, [müsste nie] weiter als auf dies Leben reichen.

Die Lesbarkeit der folgenden Anmerkung reicht nur gerade so weit, dass der allgemeine Sinn derselben, der Grundgedanke der Einzelkritik der Paralogismen der zweiten Auflage, deutlich wird.

CLIX. Ich, Object und Subject der Gedanken, ist identisch; existirt, [Substanz, Realität], aber als Einheit an sich . . des Subjects in allem ihrem Bewustseyn, sind lauter identische Sätze.

Besser lesen sich die Zusätze zu „Ich denke" S. 401, Z. 7 u., nämlich:
CLX. ist ein Satz a priori; ist eine blosse Categorie des Subjects, intellectuale Vorstellung ohne irgendwo und irgendwenn, also nicht empirisch. Ob darin die Categorie der Realität liege; ob daraus objective Schlüsse zu ziehen sind.

Auch hier treffen wir somit auf eine Reflexion, die von dem Gedankenzusammenhang der zweiten Bearbeitung noch nicht beeinflusst ist. In diesem wird das „Ich denke" vielmehr zu einem empirischen Satz, wenn er auch nur eine unbestimmte empirische Anschauung ausdrücken soll.  2 )



1 ) also bei zusammengesetzten körperlichen Objecten, von denen dann ein indirecter Beweis zu den einfachen führen würde.
2 ) Man vgl. ERDMANN, Kants Kriticismns [Kriticismus] 218 f. [48/49]


Im Zusammenhang mit der obigen Bemerkung über die Bedeutung des „Ich bin" sollte in der Tafel der Paralogismen das erste Glied S. 402 (I, 344) „die Seele ist Substanz" verbessert werden in:

CLXI. die Seele existirt als Substanz.

Nun folgt, sehen wir ab von einem Zeichen hinter dem Absatz S. 404, das vielleicht den Beginn des Umzuarbeitenden bezeichnen sollte, jene oben angedeutete Lücke. Erst auf S. 375 (Blg. III) treffen wir eine kurze unvollständige Bemerkung:
CLXII. 1 ) Gegenstände äusserer Sinne enthalten den Grund der Zeitbestimmung des innern Sinnes, folglich aber auch der innern Erfahrung, wiewohl nicht den Grund des Bewustseyns [wenn es doch]  2 ). . .
Dann folgt, dass:
CLXIII. S. 381 (Blge. III), Z. 3 u. die Worte „etwa (wenn man es durchaus will)" fortfallen sollten.

Endlich lesen wir als letzte, aber wertvolle Correctur dieses Abschnitts, dass S. 382 (Blge. III), Z. 7 statt „die blosse Form des Bewusstseins" gesetzt werden soll:

CLXIV. das uns unbekannte Object des Bewustseyns;
obgleich die folgenden Bestimmungen, die vielmehr die ursprüngliche Beziehung auf das logische Subject des Bewusstseins statt der neuen auf den Gegenstand desselben, das transscendentale, voraussetzen, unverändert gelassen sind.

Auch in der Kritik der rationalen Kosmologie bieten sich erst auf S. 443 (I, 415), zur Tafel der Ideen, Zusätze, welche lauten:
CLXV. Die absolute Totalität bedeutet die Totalität des Mannigfaltigen eines Dinges an sich selbst und ist etwas Widersprechendes in Ansehung der Erscheinungen als blossen Vorstellungen, die nur im Progressus, nicht ausser demselben an sich anzutreffen sind.
CLXVI. Dass es keine Schwierigkeit habe, sich die Form der Welt, d. i. des commercii der Substanzen als Phä-



1 ) Ein wie es scheint ausgestrichenes „Die" geht vorher.
2 ) Schluss fehlt im Manuscript. [49/50]

nomena zu denken, denn sie sind im Raum und der Zeit aber als Noumena [haben]  1 ) die Substanzen nicht Daseyn, und die Möglichkeit einer Welt ist nicht erklärlich. Aber ist sie angenommen, so sind mehr Welten möglich.

Auch hier liegen trotz der negativen Wendung der letzten Bemerkung die positiven Bestimmungen der Dinge an sich zu Gunsten der Monadologie zu Tage.
S. 454 (I, 436) soll zugesetzt werden
CLXVII. Im Intellectuellen, wenn alle Theilung zu Ende gebracht worden, bleibt das Einfache. Im Sinnlichen kann sie nie zu Ende gebracht werden. In Gedanken, wenn sie aufgehoben werden, bleibt nichts.
Ebenso S. 483 (I, 455):
CLXVIII. Der cosmologische Beweis vom Daseyn eines nothwendigen Wesens ist der vom ersten Beweger, oder noch allgemeiner, von dem der zuerst anfängt. Bey diesem muss nun auch die Caussalität anfangen, weil der Begriff eines Anfangs immer eine Zeit voraussetzt, darin die Reihe nicht war. In dieser Zeit konnte er die Caussalität noch nicht haben, also musste sie allererst anfangen zu handeln.

Auf S. 504 (I, 476) erfahren wir von dem Plan, die Lösung jeder Antinomie auf den kritischen Beweis der Idealität der Erscheinungen (vgl. S. 534) zuzuspitzen. Es heisst dort:
CLXIX. Bey jeder Antinomie muss gezeigt werden, dass wenn Gegenstände der Sinne als Dinge an sich selbst angenommen werden, keine Auflösung dieses Widerstreits möglich wäre. Folglich wenn der Satz oben nicht bewiesen wäre, so würde er sich hieraus schliessen lassen.

Der Schluss der „Skeptischen Vorstellung" bietet folgenden Zusatz S. 518 (I, 490):
CLXX. In den cosmologischen Ideen sagen beyde erste Sätze für die Entgegensetzung zu viel, die beyde letzte zu wenig. Die erste sagen: alles ist entweder in der



1 ) Im Manuscript scheint ursprünglich „existiren" gestanden zu haben. [50/51]

Zeit ewig oder hat einen Anfang, und es sollte heissen: oder es ist nicht ewig und existirt als Ding in sich selbst in gar keiner Zeit.
In den letztern wird zu wenig gesagt. Daher kann beydes wahr seyn; e. g. alles in der Welt ist entweder abhängig oder unabhängig (alles nothwendig). Jenes ist wahr von Phänomenen, dieses von Noumenen ausser der Welt.
Hierher gehört auch auf S. 535 (I, 507):
CLXXI. In der ersten Classe der antinomischen Sätze sind alle beyde falsch, weil sie mehr sagen als wahr ist, nämlich absolute Totalität der Erscheinungen.
In der zweyten können alle beyde wahr seyn, weil sie weniger als zur Opposition erfordert wird sagen; [denn]  1 ) es kan <geschehen>, dass intellectuelle an der Statt des Sensibeln an eine Stelle gesetzt werden.
Auf S. 560 (I, 532) heisst es:
CLXXII. Die Verknüpfung der Wirkungen und Ursachen passt gar nicht auf Dinge ausser der Sinnenwelt; denn wie kann Gott Ursache sein, Wesen sein?
eine Bemerkung, die zu der schon citirten Ausführung Kants in der Schrift von Jakob in einem Contrast steht, wie er grösser kaum gedacht werden kann. Ist doch Gott der Inbegriff aller wahren Realitäten, die dem Grade nach vermindert, die Eigenschaften der Dinge an sich geben.
Es folgt auf S. 566 (I, 538):
CLXXIII. Transscendentale Definitionen: Die Caussalität der Vorstellungen eines Wesens in Ansehung der Gegenstände derselben ist das Leben. Die Bestimmbarkeit der Vorstellungskraft zu dieser Caussalität ist das Begehrungsvermögen. Diese Vorstellungskraft, wenn sie Vernunft ist, so ist die Bestimmbarkeit ihrer Caussalität in Ansehung der Gegenstände, d. i. ihr Begehrungsvermögen Wille. Hat reine Vernunft die Caussalität, so ist der Wille ein reiner Wille, und seine Caussalität heisst Freyheit.



1) da? es geschehen kan dass? [51/52]

Wir können [nun]  1 ) nicht Ursachen und überhaupt keine den Categorien entsprechende Anschauungen oder Verhältnisse derselben, <a priori> erkennen, sondern müssen alle aus der Erfahrung nehmen. Daher, ob Freyheit möglich sei, lässt sich nicht ausmachen.
Ferner auf S. 570 (I, 542):
CLXXIV. Was der speculativen Philosophie nicht gelingen konnte, die Vernunft aus dem Felde der Sinnlichkeit auf etwas Reales ausser demselben zu bringen, das vermag die practische Vernunft, nämlich eine Existenz, die nicht sinnlich ist, [und] durch Gesetze, die sich auf ihr gründen, zu geben. Diese ist die Moralität, wenn man sie einräumt durch Freyheit.
Sonst würden wir annehmen, dass (es) vielleicht ohne Sinne gar keine Anschauung und also auch keine Dinge ausser denen Gegenständen der Sinne gebe.

Man sieht leicht, dass diese Reflexion der Zeit des Abschlusses der zweiten Bearbeitung angehört; sie enthält eben die Gedankenreihen, die nachher in der Vorrede zur Kritik der praktischen Vernunft trotz Kants eifriger Versicherung des Gegenteils in Wahrheit als „hintennach angebrachte Stützen und Strebepfeiler" der theoretischen Kritik auftreten.
Zu S. 575, Z. 9 (I, 547) „Caussalität" soll angemerkt werden:
CLXXV. d. i. die Ursache der Wirklichkeit ihrer Objecte sey. Diese Caussalität heisst der Wille. Aber in der transscendentalen Philosophie abstrahirt man vom Willen.
Auf S. 586 (I, 558) kommt Kant noch einmal auf die Bedeutung der Moral zurück:
CLXXVI. Die Moral ist das, was wenn sie richtig ist, durchaus Freyheit voraussetzt.
Ist jene wahr, so ist die Freyheit bewiesen.
Wol der gleichen Zeit entstammt die Anmerkung auf S. 594 (I,566):
CLXXVII. Die grösste Schwierigkeit macht die Freyheit, weil sie ein Wesen, das zur Sinnenwelt gehöret, zugleich mit der intellectualen nach einem gegebenen Gesetze verbindet, und dadurch auch mit Gott.



1 ) Im Manuscript steht das Zeichen für „und". [52/53]

Ebenso die leider unvollendet gebliebene Ausführung auf S. 599 (I, 571), die schon durch ihre Ueberschrift an die oben citirte Vorrede erinnert:  1 )
CLXXVIII. Consequente Denkungsart. Wir haben alle Gegenstände der Erfahrung blos als Erscheinungen bewiesen. Es muss also etwas ausser den Gegenständen der Erfahrung wirklich seyn. Dieses etwas zu bestimmen kann keine speculative Erkenntnisart zulangen, weil diese ohne Anschauungen, die bey uns sinnlich sind, blosse Gedankenform ist; und das Daseyn dessen, was wir durch die Vernunft denken, würde aus blossen Begriffen nicht bewiesen werden können. Aber die Freyheit im praktischen giebt ein wirkliches Gesetz oder Caussalität, das nicht empirisch ist, an die Hand, ist also eine Wirklichkeit, die ihrer Qualität wegen auch die Wirklichkeit eines aussersinnlichen nicht allein beweiset, sondern auch bestimmt. Die [Einheit]  2 ) p. p. . .
Man sieht, wir sind im Fahrwasser des Dogmatismus!
Zu S. 605 Z. 5 f. (I, 577) sollen wir hinzunehmen:
CLXXIX. Das Princip der Bestimmung sagt nur, dass wenn ein Begriff eines Dinges bestimmt werden soll, er nur durch eines von beyden A oder non A bestimmt werden könne. Der Satz der durchgängigen Bestimmung sagt, das jedes Ding (als existirend d. i. in Ansehung alles Möglichen) in Ansehung aller möglichen Prädicate bestimmt sey.
Zu S. 620 (I, 592):
CLXXX. „Ich bin": ist dieses ein analytisches oder synthetisches Urtheil? A, ein Object überhaupt existirt, ist immer ein synthetisches Urtheil, und kann nicht a priori erlangt werden: „Ich bin" ist also kein Erkenntnis des Subjects, sondern blos das Bewustseyn der Vorstellung des Objects überhaupt.

Darin haben wir also die Antwort, auf die in CLIV aufgeworfene Frage. Daher der dort erwähnte Hinweis. Der



1 ) Vgl. KANTS Werke Bd. V S. 6.
2 ) Einsicht? [53/54]

Inhalt dieser Antwort aber geht über die Bestimmungen des logischen Subjects in der ersten Auflage nicht hinaus.  1 ) Von der Gleichsetzung mit dem Wesen selbst, das i n d e r T a t existirt, dessen Bestimmungen sowie die Existenz selbst n o c h k e i n e Kategorien sind  2 ) fehlt jede Spur.

Schnelle Sprünge führen uns jetzt zum Ende.
S. 670 (I, 642) lesen wir:
CLXXXI. Ob, wenn es keine Demonstration vom Daseyn Gottes giebt, nicht wenigstens eine grosse Probabilität gebe. Diese ist des Objects gar nicht würdig, auch auf diesem Wege gar nicht möglich. Probabilität im absolut Nothwendigen ist widersprechend.
Alle Nothwendigkeit einer Sache als Hypothese ist subjectiv, nämlich Vernunftsbedürfnis [unserer] Speculation.

Zweihundert Seiten später S. 866 (I, 838) steht zu „Begriff" Z. 7 u. der Zusatz:

CLXXXII. Idealist, Idee,
der sich vielleicht auf die unmittelbar vorhergehende Erörterung über die Idee der Philosophie bezieht, ohne dass sein Sinn im einzelnen zu bestimmen wäre.  3 )

Derselbe Abschnitt bietet uns die letzte Anmerkung, eine weitere Systematisirung auf Grund der Categorienlehre, S. 873 (I, 845) :
CLXXXIII. Ich werde sie  4 ) nach den Classen der Categorien eintheilen, so dass von jeder die dritte, welche die beiden andern in sich enthält, die Idee der Wissenschaft hergeben:
1. Allgemeine Wesenlehre; 2. Naturlehre; 3. Weltwissenschaft; 4. Gotteslehre;
eine Eintheilung, die in der Sache nichts Neues enthält.


1 ) Man vgl. Blge. III 349 f. 354 f. 378 f.
2 ) Man vgl. ERDMANN, Kants Kriticismus 217 f.
3 ) In diesem einzigen Fall macht die Form der Buchstaben zweifelhaft, ob die Worte von Kant selbst herrühren.
4 ) d. i. die Philosophie. [54/55]


Ueberblicken wir die bisher gewonnenen Resultate im ganzen, so ergeben sich fürs erste folgende auf die Entwicklungsgeschichte bezügliche Consequenzen.

Aus dem Brief Kants an Bering in Marburg vom April 1786 wissen wir, dass der Philosoph bereits damals mit dem „Entwurf" seiner Veränderungen für die „zweite, sehr umgearbeitete" Auflage der Kritik der reinen Vernunft beschäftigt war. Aus der Datirung der Vorrede zu dieser neuen Auflage war ferner bekannt, dass die Arbeit sich bis in den April 1787 hinzog. Eine nähere Bestimmung dieses Endtermins ergiebt sich aus einigen Angaben Hamanns. Derselbe schreibt nämlich Ende Januar 1787 an Jacobi, dass er bei seinem ersten Ausgange in jenem Jahre bei Kant angesprochen habe, „der eben an seiner neuen Ausgabe der Kritik arbeitete, und sich beklagte, dass ihm selbige schwer würde. Die Woche darauf ist die Handschrift abgegangen."  1 ) Mitte März dagegen erfahren wir von demselben, dass Kant „mit Eifer an einer weitläufigen Vorrede zur neuen Ausgabe seiner Kritik"  2 ) tätig war. Diese Angaben bieten zunächst eine wertvolle Bestätigung für den Schluss, den der Inhalt dieser Vorrede möglich macht, dass dieselbe nämlich in Folge ihrer Betonung der ethischen Fundamentirung der theoretischen Lehre bereits unter dem Einfluss der Gedankenreihen stehe, die zuerst bestimmt in der Vorrede zur Kritik der praktischen Vernunft ausgesprochen werden, dass sie also zuletzt ausgearbeitet sei. Sodann aber legen sie die Hypothese nahe, dass Kant damals gar nicht den Plan gehabt habe, seinem Werk eine neue Vorrede voranzuschicken, dass dieselbe vielmehr erst nach der Absendung des Manuscripts der übrigen Veränderungen entworfen sei.

Diese Annahme ist jedoch irrig. In Kants Handexemplar findet sich S. 9 (I) die Randnotiz: „Erstlich Prolegomena S[.] 27, Nr. 1 bis Seite 30, hernach Bogen VIII, S. 3." Sie bezieht sich wie der Zusammenhang zeigt, auf die Einfügung der Abschnitte S. 11, Z. 18 bis S. 12, Z. 6 und Abschnitt V Nr. 1, S. 14-17



1 ) GILDEMEISTER, Hamann's Leben V. 452.
2 ) A. a. O. 466. [55/56]

aus den Prolegomenen, sowie des Abschnitts V, Nr. 2 u. 3 aus dem beigelegten Manuscript,  1 ) Abschnitt V, der jetzt recht unvermittelt eintritt, sollte mit den Worten beginnen:
CLXXXIV: In allen theoretischen Wissenschaften der reinen Vernunft sind synthetische Urtheile a priori als Principien enthalten.

Aus diesen Zusätzen kommt für den vorliegenden Zweck nur der Hinweis auf Bogen VIII des kantischen Manuscripts in Betracht.  2 ) Derselbe beweist nämlich, dass auch die Vorrede in den von Kant für den Druck beigegebenen Bogen enthalten war, da nur unter dieser Voraussetzung hier schon Bogen VIII folgen könnte. Hamanns Mitteilung, dass das Manuscript schon im Januar abgegangen sei, ist also offenbar nur ein irrtümlich bestimmter Bericht auf Grund einer nicht in Erfüllung gegangenen Vorhersage Kants. Denn annehmen wollen, Kants Vorhersage zeige, dass er jenen Plan damals noch nicht gehabt habe, hiesse mehr deuteln, als gegenüber der inneren sachlichen Unwahrscheinlichkeit einer solchen Annahme, sowie gegenüber Hamanns Sorglosigkeit in der eifrig von ihm betriebenen Colportage von derartigen Mitteilungen berechtigt wäre.

Wann innerhalb des so begrenzten Sexenniums die einzelnen Fragmente niedergeschrieben sind, lässt sich, soweit überhaupt eine Fixirung möglich und wertvoll ist, nur relativ bestimmen. Weitaus die meisten, haben wir gesehen, gehören der Zeit vor der definitiven Feststellung des Planes an, wahrscheinlich auch alle die Einzelverbesserungen, deren späterer Ursprung daraus geschlossen werden könnte, dass sie in der zweiten Auflage nicht verwertet worden sind. Es mag sein, dass diese oder jene bei gelegentlicher späterer Lectüre nachgetragen ist. Die Masse derselben aber möchte der Zeit angehören, in der die Absicht einer eventuellen Umarbeitung festere Gestalt gewann, also etwa seit der Zeit, dass Kant die Göttinger Recension kennen gelernt hatte, aufgezeichnet sein. Dass Kant zu solchen



1 ) Man vgl. S. 9 dieser Abhandlung Nr. 6 u. 7.
2 ) Die Anmerkung CLXXXIV gehört vielmehr als IX zu S. 18. Ich habe sie hierher setzen müssen, weil ich zu spät bemerkte, dass durch ein Versehen der auf sie bezügliche Absatz im Druck fortgeblieben war. [56/57]

Correcturen eines besonderen äusseren Anstosses bedurfte, wird sowol durch die häufige Flüchtigkeit seiner Niederschriften als durch seine Sorglosigkeit in Bezug auf Einzelverbesserungen bewiesen, für die uns die Art seiner Schlussredaction der zweiten Auflage der Kritik der Urteilskraft die besten Beläge bietet.  1 )

Die Entwicklung Kants in dieser Zeit, giebt auf Grund des hier vorgelegten Materials ein vielfach bereichertes Gesammtbild. Mit einer Ausnahme aber dient es lediglich zur Bestätigung der Strömungen, die das sorgfältigere Eingehen auf die zeitgenössische Entwicklung jener Jahre und ihre Rückwirkung auf Kant kennen gelehrt hat. Der „Hauptzweck", die kritische Grenzbestimmung, bleibt auch hier unberührt, die Voraussetzung desselben dagegen, der transscendentale Idealismus, zeigt auch hier die Phasen, die durch die Bewegung in der Annahme von Dingen an sich bedingt sind. Darin, dass die Reflexionen über den mundus noumenon besonders zahlreich und besonders bestimmt sind, liegt kein neues Moment. Denn dass die Reaction gegen den vermeintlichen Idealismus zugleich als Action zu Gunsten schärferer Hervorhebung der „Privatmeinungen" über die Welt der Dinge an sich zur Wirksamkeit kam, liegt in der Natur der Sache, und ergab sich schon aus der bezüglichen Discussion der Schriften Kants aus dieser Zeit. Andrerseits aber ist klar, dass diese Bestimmungen für Kants eigenes Bewusstsein so durchaus im Hintergrund der kritischen Aufgabe standen, dass sie besonders in seinen Publicationen nur bei gegebenen Anlässen hervortraten. Es war eben nicht alles, was Kant hier bei gelegentlicher Reflexion niederschrieb, direct an seine Leser gerichtet. Deshalb liegen auch die oben mitgeteilten Hinweise auf die noumenale Bedeutung des Raumes nicht ausserhalb der dogmatischen Pfade, die der Kritiker des Dogmatismus, ohne es selbst recht zu erkennen, in der Stille wandelte.



1 ) Man vgl. meine Ausgabe der Kritik der Urtheilskraft , Einleitung S. XXXII f. Zu dem daselbst Ausgeführten bitte ich auf S. XIX die Notiz von Hamann bei GILDEMEISTER V 157. nachzutragen sowie das S. XXXIII, Anm. 1 Behauptete durch Kants Angabe zur Religion innerhalb der Grenzen der blossen Vernunft, Werke VI, 106 Anm. zu beschränken. [57/58]


Eine wirklich neue Strömung zeigt nur die Bemerkung XXVI an, jene Bestimmung des kritischen Idealismus, die durchaus im Sinne der ursprünglich beabsichtigten, allerdings auch schon damals tatsächlich nicht festgehaltenen Stellung der Dinge an sich verbleibt. Aber gewiss bekundet sie nur eine erste, schnell und ohne nachhaltige Wirkung vorübergehende Reflexion gegenüber den Imputationen der Göttinger Recension, da der Weg, den Kant nachher dauernd betritt, in gerade entgegengesetzter Richtung verläuft.

Trotz der Bereicherung aber, die unsere historische Einsicht gewinnt, liegt der Schwerpunkt des hier dargebotenen Materials nicht in diesen Beiträgen, sondern vielmehr in denjenigen Bemerkungen, die zur sachlichen Erläuterung der uns vorliegenden Ausführungen der Kritik der reinen Vernunft dienen. Ist es doch der Autor selbst, der hier sein Werk commentirt, und zwar ein Werk, das die philologische Erklärung des einzelnen durchaus fordert, so gerechtfertigt der Anspruch des Philosophen ist, man solle es aus der Idee des Ganzen heraus zu verstehen suchen. Nur ihm selbst war es vergönnt, diese Idee des Ganzen vor der Ausführung im Einzelnen zu finden und eben das zeugt von der genialen Kraft seines Denkens. Denn schon elementare psychologische Betrachtungen legen nahe, dass die Entwicklung einer complicirten Gedankenmasse nicht so einfach wie die Logik es bequem fände, von unten nach oben geht, sondern vielmehr in schwer entwirrbaren Gedankenreihen teils vorwiegend deductiven, teils vorwiegend inductiven Charakters fortschreitet. Ueberall aber, wo diese Gedankenreihen unter der Herrschaft eines energischen metaphysischen Bedürfnisses stehen, wie in diesem Fall, da ist es, je grösser die geistige Kraft ihres Urhebers ist, um so sicherer, dass ein weitreichender, gestaltungskräftiger Gedanke, eben die Idee des Systems, früh zu deductiv bestimmender Apperceptionsmasse wird.

Anders haben wir zu verfahren, die versuchen wollen, seine Idee nachzudenken. Wir können dieselbe nicht eher erfassen, bis wir auch das Einzelne präcis bestimmt haben; wenngleich der Zusammenhang des Einzelnen uns erst voll-[58/59]kommen deutlich wird, nachdem wir jedes Bestandstück mit der Fackel beleuchtet haben, die wir aus der Idee des Ganzen gewinnen können.

Zuletzt allerdings gilt auch hier der Spruch des tiefsinnigen Philosophen: o d o V a n w k a t w m i h .

Möchten diese Nachträge immer nur in solchem doppelten Sinne benutzt werden.







Druck von Schmidt & Klaunig in Kiel.














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